Amira Hass: Es geht nicht nur um ZementDie Flotilla - wie ihre Vorgänger und die noch folgenden - dienen dem israelischen Ziel, den Trennungsprozess des Gazastreifens von der Westbank vollständig zu machenVon Amira Hass, Haaretz, 09.06.2010 Was die fehlgeschlagene Flotilla - leider hauptsächlich durch ihre Toten - erreicht hat, ist, dass die Forderung, Israel möge seine Politik der Belagerung beenden, überall gehört worden ist. Die Regierung Israels war nicht bereit, auf das verzweifelte Flehen von John Ging, dem UNRWA-Chef, zu hören. Nun muss sie beachten, was der französische Präsident Nikolas Sarkozi und der türkische Ministerpräsident Erdogan sagen. Aber ohne es zu wissen, dient diese Flotilla, genau wie ihre Vorgänger und die noch kommen werden, dem israelischen Ziel, den Prozess der Trennung des Gazastreifens von der Westbank vollständig zu machen. Der Prozess - und es wird hier zum x-ten Mal gesagt - begann 1991 und nicht erst nach dem Aufstieg der Hamas-Herrschaft. Sein Ziel war die Vereitelung der Zwei-Staatenlösung, welche die Welt damals als Grundlage für alles verstand, was Gaza, die Westbank und die Verbindung zwischen ihnen betraf. Als das Segeln nach Gaza vor zwei Jahren begann, behauptete keiner der Initiatoren, es ginge um dieses oder jenes notwendige Produkt. Israel versucht durch Zeichen und Wunder zu beweisen, dass im Gazastreifen nicht gehungert wird. Die Initiatoren haben tatsächlich an einen Hunger anderer Art gedacht: an den menschlichen Hunger nach einer direkten Verbindung zur Welt, nach Bewegungsfreiheit, nicht nur nach Waren und Gütern. Die Methode übers Meer wurde später geändert: man versuchte, den Gazastreifen über Land zu erreichen via Rafah, was Ägypten nicht gefiel, Israel aber freute. Israel brachte die Absperrung zu grotesken und kleinlichen Proportionen, zog die Aufmerksamkeit durch Verbote (Nudeln und Kardamon) auf sich, die abgezählte Menge von Kalorien und das Hinauszögern von Zementlieferung selbst für eine Abwasseranlage. Israel verstärkte die Absperrung dahingehend, dass es den Bewohnern das Arbeiten, das Fabrizieren und das Geldverdienen verbot - mit dem einzigen Ziel, die Hamas zu stürzen. Aber es erreichte das Gegenteil. Ihre Herrschaft wurde nur stärker und bewies ihren Einfallsreichtum, ihre Fähigkeit die interne Opposition zu unterdrücken und Unterstützung von internationalen Aktivisten zu veranlassen, die ideologisch selbst gegen die Methoden und Philosophie der Hamas sind. Die Belagerung stärkte die Hamas in solchem Ausmaß, dass palästinensische Verschwörungstheoretiker überzeugt sind, dass dies Israels Absicht von Anfang an war. Und was dient besser dem Ziel, den Gazastreifen von der Westbank abzutrennen, als das Vergessen des versiegelten Erez-Übergangs zwischen Gaza und Israel und sich auf Rafah und Zement zu konzentrieren? Unabsichtlich konzentrieren die Veranstalter der Meer- und Medienblockade die Aufmerksamkeit auf Aspekte, die nicht das Wesentliche der Absperrung des Gazastreifens sind. Und dieses Wesentliche ist die Verweigerung des Rechtes und die Vereitelung des Wunsches der Bewohner Gazas, ein aktiver, dauernder und natürlicher Teil der palästinensischen Gesellschaft zu sein. Lange bevor Israel den Transport von Zement in den Gazastreifen verboten hatte, verbot es den Bewohnern in der Westbank zu studieren. Es erlaubt zwar immer noch, dass Guaven von Khan Yunis nach Jordanien exportiert werden, es verbietet den Bewohnern Gazas aber die Westbank über die Allenbybrücke zu betreten oder Verwandte und Freunde zu besuchen. Nach und nach entwickelte Israel drakonische Einschränkungen der Bewegungsfreiheit für Palästinenser, bis es jeden Menschen aus Gaza in der Westbank jetzt und besonders in der Zukunft zu illegalen Fremden und Infiltranten erklärt. Dies sind die wesentlichen Verbote, die aufgehoben werden müssen. Dies sind die Verbote, über deren Existenz Erdogan und der US-Präsident Barack Obama aufgeklärt werden muss und die aufgehoben werden müssen. Übersetzung: Ellen Rohlfs Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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