Damm gegen die WaffenflutInternationales Waffenhandelsabkommen soll Rüstungstransfers eindämmenVon Wolfgang Kötter Nicht zum ersten Mal wird in New York über einen Vertrag geredet, der den internationalen Waffenhandel einschränken soll. Aber diesmal (12.-23.7.) ist alles anders. Während man in der Vergangenheit eher bei allgemeinen Wünschen und Absichtserklärungen stehen blieb, erhielt das vom Argentinier Roberto García Moritán geleitete Gremium nun einen konkreten Auftrag. Die UNO-Vollversammlung beschloss im vergangenen Dezember, das bisherige Diskussionsforum in einen Vorbereitungsausschuss umzuwandeln, der für 2012 eine Vertragskonferenz organisiert. Auf dieser soll dann ein völkerrechtlich bindendes internationales Abkommen zur Beschränkung des weltweiten Waffenhandels vereinbart werden. Möglich wurde der Fortschritt, weil die Obama-Regierung der USA die Ablehnung ihrer Vorgängerin korrigierte und gemeinsam mit über 150 weiteren Staaten für dieses Vorhaben stimmte. "Die Vereinigten Staaten streben aktiv einen starken und robusten Vertrag an, der höchstmögliche, rechtsverbindliche Standards für den internationalen Handel mit konventionellen Waffen enthält", versicherte Außenministerin Hillary Clinton. Initiiert worden war die Resolution von Argentinien, Australien, Costa Rica, Finnland, Großbritannien, Japan und Kenia. Gegen die Entschließung stimmte allein Simbabwe, zu den 19 Enthaltungen zählen unter anderem Ägypten, Belorussland, Bolivien, China, Indien, Iran, Kuba, Nicaragua, Pakistan, Russland, Saudi-Arabien und Venezuela. Erster Erfolg nach sieben langen JahrenDas Projekt eines globalen Waffenhandelsvertrages (Arms Trade Treaty) begann als sich im Jahre 2003 die Menschenrechtsorganisation amnesty international, die Hilfsorganisation OXFAM und das Internationale Aktionsnetzwerk gegen Kleinwaffen IANSA zur Kampagne "Waffen unter Kontrolle!" zusammenschlossen. Mit vielfältigen Aktionen setzen sie seither ihre Regierungen unter Druck und verlangen, ein unterschriftsreifes Kontrollabkommen auszuarbeiten. Ein weltweiter Vertrag soll vor allem Waffenverkäufe verhindern, die zu brutalen Verletzungen von Menschenrechten und des humanitären Völkerrechts missbraucht werden oder eine nachhaltige Entwicklung in den Empfängerländern behindern. Rüstungstransfers lassen Blut fließen, denn wo es viele Waffen und Munition gibt, werden Konflikte und Bürgerkriege angeheizt. Und an gewaltsamen Auseinandersetzungen mangelt es nicht in der heutigen Welt. Unter den insgesamt 365 im vergangenen Jahr beobachteten Konflikten zählt das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung 31 hochgewaltsame Auseinandersetzungen, darunter sieben Kriege. Hinzu kommen 112 Krisen, in denen sporadisch Gewalt eingesetzt wird. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI gab es im Vorjahr weltweit 17 größere bewaffnete Konflikte mit jeweils mehr als tausend Toten. Alle waren, wie stets in den letzten sechs Jahren, innerstaatliche Kriege, mit steigender Intensität in Somalia, Kolumbien, Afghanistan und Pakistan. Die Waffen strömen ungebremst in die Konfliktherde und entfachen wie Brandbeschleuniger die mörderischen Flammen immer wieder neu. "Wir alle wissen von den schrecklichen Folgen einiger Waffenlieferungen für die Menschen und die Regionen", räumte US-Vizeaußenministerin Ellen Tauscher auf einer Konferenz der Carnegie-Stiftung in Washington ein, "verantwortungslose Waffenlieferungen können Terroristen unterstützen, Völkermord ermöglichen und sie erzeugen, befördern und verschlimmern Proliferationsalbträume." Doch niemand hat bislang einheitliche Regeln bestimmt, nach denen Schusswaffen, Panzer, Kampfflugzeuge und andere konventionelle Rüstungsgüter in fremde Länder geliefert werden dürfen. Weit über 90 Prozent aller Kriege finden in der sogenannten Dritten Welt statt. Die von bewaffneten Kämpfen am stärksten betroffenen Weltregionen sind nach wie vor Asien und Afrika mit jeweils elf militärischen Auseinandersetzungen. Im Nahen und Mittleren Osten gab es im vergangenen Jahr neun Kriege oder bewaffnete Konflikte, in Lateinamerika drei. Negativ verlief die Entwicklung vor allem in Afrika, wo zwei neue Kriege aufflammten. Der ungebrochene Zustrom von ausländischen Waffen aber schürt die Kämpfe und erschwert friedliche Lösungen. So sind beispielsweise rund 95 Prozent aller Waffen, die in Gewaltkonflikten in Afrika zum Einsatz kommen, nicht-afrikanischer Herkunft und auch von der verwendeten Munition stammt der geringste Teil aus einheimischer Produktion. Deutschland - Rekordmeister der RüstungsexporteDer internationale Waffenhandel erreicht weltweit wieder das Ausmaß des Kalten Krieges und stieg im vergangenen Jahrfünft um 22 Prozent. SIPRI registriert die offiziellen Rüstungstransfers, was allerdings darüber hinaus auf dem Schwarzmarkt gedealt wird, erfassen die Forscher nicht. Experten gehen deshalb davon aus, dass die Waffenexporte in Wahrheit noch viel höher liegen. Seit Beginn des Jahrzehnts haben sich die deutschen Rüstungsausfuhren nahezu verdoppelt. Deutschland nimmt nach den USA und Russland den dritten Platz ein, noch vor Frankreich und Großbritannien. Der Anteil am globalen Handel mit Kriegsmaterial stieg von sechs auf elf Prozent. An der Spitze der Exporte stehen Kriegsschiffe, gefolgt von Panzerfahrzeugen und U-Booten. Seit Jahren wird die Rüstungsexportpolitik der Bundesrepublik von der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) kritisch begleitet. Laut ihrem jüngsten Rüstungsexportbericht orientiert sich die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung vorrangig an außenwirtschaftlichen und industriepolitischen Gesichtspunkten und vernachlässigt friedens- und entwicklungspolitische Dimensionen. Die Konferenz forderte die Bundesregierung auf, Rüstungsexporte stärker zu kontrollieren und die Korruption einzudämmen. Der GKKE-Bericht basiert auf den Zahlen, die die Bundesregierung der EU und den Vereinten Nationen übermittelt hat. Wie der Kirchenreport so zeigt auch der Jahresbericht 2010 des Internationalen Konversionszentrums Bonn (BICC) auf, dass die Bundesregierung in 2008 Einzelgenehmigungen für Rüstungsexporte im Wert von fast 5,8 Milliarden Euro erteilt hat - ein Plus von 36,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und ein historischer Rekordwert. Nur weil es zugleich ein Minus von 50 Prozent bei den sogenannten Sammelausfuhrgenehmigungen gegeben hat, ist der Gesamtwert der genehmigten Exporte nicht gestiegen. Zu den Sammelausfuhrgenehmigungen kommt es häufig dann, wenn Rüstungsgüter gemeinsam von mehreren Ländern produziert werden und so der eigene Beitrag verschleiert wird. Mehr als 2.500 Exportlizenzen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro wurden 2008 für 41 Länder erteilt, in denen die Menschenrechtssituation prekär ist. In 24 Staaten, in die deutsche Waffen exportiert werden dürfen, sind schwere Gewaltkonflikte im Gange. Das BICC stellt auf seiner Homepage 21 Länderberichte zu Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte bereit. Diese sind Ägypten, Algerien, Brasilien, Indien, Indonesien, Kolumbien, Libyen, Malaysia, Marokko, Mexico, Oman, Pakistan, Philippinen, Republik Korea, Saudi Arabien, Singapur, Südafrika, Thailand, Tunesien, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Venezuela. Die umfassenden Berichte liefern einen Überblick über die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation sowie Angaben über den militärischen Sektor in den jeweiligen Ländern. Darüber hinaus beinhalten die Berichte Angaben zu deutschen Rüstungsexporten, Analysen der heimischen Rüstungsindustrien sowie Untersuchungen über die Rolle des Militärs in der Gesellschaft. Die größten Waffenexporteure
Quelle: SIPRI Die größten Waffen-Importeure
Quelle: SIPRI
Die Kampagne der Nichtregierungsorganisationen hat fünf Punkte benannt, die ein Waffenhandelsvertrag ihrer Ansicht nach unbedingt enthalten muss: Staaten dürfen Waffenexporte nicht genehmigen,
Quelle: "Control Arms" Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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