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Niemals vergessen: Böse Kriege sind nur möglich, wenn gute Menschen sie unterstützen

Zum "Abzug" der US-Kampftruppen aus dem Irak

Von Michael Moore, 16.09.2010 - OpenMike / ZCommunications

Ich weiß, seit zwei Wochen sind wir den Krieg im Irak "los". Unsere Gedanken wenden sich der beginnenden Football-Saison und der New Yorker ‘Fashion Week’ zu, und ist es nicht spannend, dass schon in ein paar Tagen das neue TV-Herbstprogramm beginnt!

Doch bevor jene Sache (die wir alle nur allzu gern vergessen möchten) rasch aus unserem Blickfeld verschwindet, erlauben Sie mir, etwas zu sagen, was gesagt werden muss und zwar klipp und klar.

Wir sind in den Irak einmarschiert, weil die meisten Amerikaner, einschließlich so gute liberale wie Al Franken, Nicholas Kristof & Bill Keller von der ‘New York Times’, David Remnick vom ‘New Yorker’, die Redakteure von ‘Atlantic’ und von ‘New Republic’, weil Harvey Weinstein, Hillary Clinton, Chuck Schumer und John Kerry es so wollten.

Die wahre Schuld an diesem Krieg tragen natürlich Bush/Cheney/Rumsfeld/Wolfowitz, denn sie waren es, die den Einmarsch und die "präzisen" Bombardierungen, die Besatzung und den räuberischen Griff in unsere nationale Finanzkasse anordneten. Ich habe keinen Zweifel, dass ihre Taten als DAS unumstrittene Verbrechen des (neuen) Jahrhunderts in die Geschichte eingehen werden.

Doch wie konnten sie damit durchkommen - angesichts der Tatsache, dass sie die Präsidentschaftswahl (2000) verloren hatten, weil ihnen 543.895 Stimmen fehlten? Hinzu kam, dass die Mehrheit im Land sie bei einem solchen Krieg wahrscheinlich nicht unterstützen würde. (Eine Umfrage der ‘Newsweek’ vom Oktober 2002 hatte ergeben, dass 61% der Befragten der Meinung waren, für einen solchen Krieg sei es "sehr wichtig", dass Bush die hundertprozentige Zustimmung der UNO bekomme. Doch diese erhielt er nie). Wie also haben sie die Sache losgetreten?

Der wichtigste Punkt: Sie bekamen den Krieg (und die öffentliche Unterstützung für ihn) weil es Bush & Co auf brillante Weise gelang, die ‘New York Times’ dazu zu bringen, eine Reihe getürkter Titelstories zu veröffentlichen, in denen es hieß, Saddam Hussein besitze all diese "Massenvernichtungswaffen". Die Regierung war klug genug, nicht etwa die (konservativen) ‘Fox News’ oder die ‘Washington Times’ mit dieser Fehlinformation zu füttern - nein, sondern Amerikas führende liberale Zeitung. Wahrscheinlich bekamen sie jeden Morgen einen Lachanfall, wenn sie die ‘New York Times’ aufschlugen. Dort konnten sie, praktisch Wort für Wort, die Szenarien und Themen nachlesen, die sie sich im Büro des Vizepräsidenten aus den Fingern gesogen hatten.

Ich gebe der ‘New York Times’ eine größere Mitschuld an diesem Krieg als Bush. Was Bush und Cheney angeht, so hatte ich erwartet, dass sie versuchen würden, sich vor der Verantwortung für ihre Taten zu drücken. Es wäre die Aufgabe der ‘New York Times’ - und der Presse im allgemeinen - gewesen, ihren Job zu tun und diese Leute zu stoppen: Die Presse hätte gegenüber der Regierung ein unermüdlicher Wachhund sein sollen und die Bevölkerung informieren, so dass diese hätte aktiv werden können.

Stattdessen lieferte die ‘New York Times’ der Bush-Administration die Rechtfertigung, die sie so nötig brauchte. Die Regierung konnte jetzt sagen (und sagte es auch): "Hey, schaut mal her, selbst die Times sagt, Saddam besitzt Massenvernichtungswaffen!"

Nachdem der Grundstein so gelegt war, konnten die Bush-Leute 70 Prozent der Öffentlichkeit überzeugen, den Krieg zu unterstützen - was für ein Erfolg! Schließlich war es dieselbe Öffentlichkeit gewesen, die Bush im Jahr 2000 nicht einmal 48 Prozent ihrer Stimmen gegeben hatte.

Dass Liberale den Krieg schon im Frühstadium unterstützten, war die wichtigste Komponente, um den Krieg gegenüber Mehrheit im Land zu verkaufen. Mir ist klar, dass keine(r) aus den Medien - und die Wenigsten von uns - über diesen heiklen Punkt wirklich sprechen wollen. Wer von uns will schon leidvoll daran erinnert werden, dass Liberale diesen Krieg ermöglicht haben, indem sie sich auf Bushs Seite schlugen?

Doch bevor unser kollektives Gedächtnis langsam schwindet, möchte ich, dass wir bitte ehrlich miteinander sind. Ich möchte hier eine unzensierte Version der Ereignisse vorlegen, die zum Krieg geführt haben. Ich gebe Ihnen das Versprechen, die Revisionisten werden schon dafür sorgen, dass die Wahrheit, auf dem Weg in die Geschichtsbücher, verlorengeht.

Die Kinder, die im ersten Kriegsjahr geboren wurden, werden im September in die zweite Grundschulklasse kommen.

Die Kinder, die 2003 elf Jahre alt waren, sind nun alt genug, um Soldat/in zu werden und im Irak getötet zu werden - natürlich nur in einer "nicht kämpfenden" Einheit.

Diese Kinder werden nie verstehen, wie es so weit kommen konnte - falls wir es nicht verstehen.

Lassen Sie es mich deutlich aussprechen: Dieser Krieg wurde unterstützt und ermöglicht durch, erstens, Liberale, die sich nicht aus der Deckung wagten und sich lieber ruhig verhielten und zweitens durch Liberale, die behaupteten, sie fänden Colin Powells Cartoon-Vorführung vor den Vereinten Nationen glaubwürdig und die, öffentlich und wider besseres Wissen, ihre Unterstützung für den Irak-Einmarsch anboten.

Am Anfang standen 29 demokratische Senatoren (Wendehälse), die dem Krieg ihre Stimme gaben. Dann erlebten wir ein blamables Schauspiel: Reporter, die es nicht abwarten konnten, "eingebettet" zu werden und eine lustige Spazierfahrt auf einem Bradley-Panzer zu unternehmen.

Wirklich verzweifelt bin ich allerdings über jene, mit deren Eintreten - gegen diesen Wahnsinn - ich eigentlich gerechnet hätte und die uns im Stich ließen, als wir versuchten, den Krieg zu verhindern.

Wer sich, als öffentliche Person, im März 2003 gegen den Krieg aussprach, versetzte damit seiner/ihrer Karriere den Todesstoß. Beweisstück Nummer Eins: die ‘Dixie Chicks’. Deren Leadsängerin Natalie Maines sagte einen einzigen kritischen Satz, und im selben Moment war die Karriere der ‘Dixie Chicks’ beendet. Bruce Springsteen setzte sich, in verbaler Weise, für sie ein, und in Colorado wurde ein DJ gefeuert, der sich weigerte, Songs der ‘Dixie Chicks’ nicht aufzulegen. Das war so ziemlich alles; alle anderen drückten sich.

Dann feuerte der TV-Sender MSNBC den Einzigen, der den Krieg (in seiner Abend-Show) kritisiert hatte: Phil Donahue, eine TV-Legende. Niemand in seinem (oder in einem anderen) Sender äußerte sich in irgendeiner Form solidarisch mit Donahue. Die Phil-Donahue-Show wurde umgehend und endgültig abgesetzt. (Allerdings konnten sie nicht ahnen, dass Donahues Nachfolger auf dem 20-Uhr-Programmplatz, ein Sportsmensch namens Keith Olbermann, sich zu einem der leidenschaftlichsten und brillantesten Kriegskritiker entwickeln würde - Abend für Abend für Abend). Noch ein paar andere Leute - Bill Maher, Janeane Garofalo, Tim Robbins und Seymour Hersh - sagten furchtlos die Wahrheit. Doch wo waren all die anderen geblieben? Wo waren plötzlich all die ach so liberalen Stimmen in den Medien?

Stattdessen traktierten uns die Medien in den Jahren 2003 und 2004 mit Folgendem:

AL FRANKEN. Er sagte, er sei ein "zögerlicher" "Unterstützer des Krieges gegen Saddam". Sechs Monate, nachdem der Krieg begonnen hatte, sagte er immer noch: "Es gab Gründe, in einen Krieg gegen den Irak zu ziehen… Ich war sehr ambivalent, aber ich bin mir immer noch nicht sicher, ob es unbedingt falsch war (in den Krieg zu ziehen)".

NICHOLAS KRISTOF, Kolumnist der ‘New York Times’. Kristof griff mich in einer seiner Kolumnen an und verglich mich mit den verrückten Rechtsradikalen, die behauptet hatten, Hillary Clinton sei die Mörderin von Vince Foster. Kristof sagte, Leute wie ich, "polarisieren die politische Jauchegrube". Er kanzelte alle ab, die es wagten, Bushs Kriegsgründe als "Lügen" zu bezeichnen.

HOWELL RAINES. Chefredakteur der "liberalen" ‘New York Times’. Doug Frantz, ein ehemaliger Redakteur der ‘New York Times’, sagte einmal, Raines sei "darauf versessen" gewesen, "Artikel zu bekommen, die die Kriegstreiberei aus Washington unterstützen… Er entmutigte Artikel, die bei den Themen ‘mutmaßliche irakische Massenvernichtungswaffen’ und ‘mutmaßliche Verbindungen zur Al Kaida’ im Gegensatz zur Haltung der Regierung standen". In dem Buch ‘Hard News’ heißt es, "ein halbes Dutzend Quellen innerhalb der (‘New York) Times’ sagen, Raines habe ein- für allemal beweisen wollen, dass er die Zeitung nicht in einer Weise leite, die ein Verrat an seiner liberalen Gewissen gewesen wäre…"

KELLER. Er war damals Kolumnist der ‘New York Times’. Keller schrieb: "Möglich, dass wir zaudernden Falken uns uneins sind, wenn es um die unumstößlichste Logik des Krieges geht: Amerika zu schützen, den unterdrückten Irakern Erleichterung zu verschaffen und den Mittleren Osten zu reformieren. Doch sind wir uns generell darin einig, dass die Logik des Nichtstuns, nichts taugt… Wir stehen unter großem Druck, eine Alternative zu erkennen, die nicht auf Wunschdenken beruht".

(Die ‘New York Times’ ist ein linkes Medienprodukt - so links, dass sie, nachdem Raines in Pension gegangen war… Keller an seine Stelle setzte.)

DER ‘NEW YORKER’ ist ein Magazin für wirklich smarte Liberale. Dessen Chefredakteur DAVID REMNICK unterstützte den Krieg auf den Seiten des Blattes: "Die Geschichte wird es uns nicht so leicht vergeben, wenn wir die Entscheidung treffen, uns nicht zu entscheiden, wenn wir uns nicht mit einem aggressiven, totalitären Führer befassen wollen, der Massenvernichtungswaffen nicht nur entwickeln sondern auch einsetzen will… Die Rückkehr zu einer (der) stumpfsinnigen Strategie, (Saddam) im Zaum zu halten, wäre die gefährlichste aller Optionen." (Um sich abzusichern, verfasste ein anderer Redakteur des ‘New Yorker’, Rick Herzberg, einen Gegenartikel, in dem er eine Antikriegshaltung vertrat.)

Einige der oben Genannten haben ihre frühe Unterstützung für den Krieg mittlerweile bereut. Die ‘New York Times’ hat ihren Korrespondenten für WMDs (Massenvernichtungswaffen) gefeuert und sich bei ihren Leserinnen und Lesern entschuldigt. Al Franken ist ein großartiger Senator, und Kristof schreibt heute wirklich nette Kolumnen (siehe die vom letzten Sonntag (1)).

Doch es bleibt dabei: Im Schutze der Kriegsunterstützung durch solche führenden Liberalen und durch die Mehrheit der Demokraten im Senat konnten die Rechten, unkontrolliert, eine böswillige Hasstirade gegen all jene entfachen, die nicht im Gleichschritt marschierten (mich eingeschlossen) und sie bedrohen. Nicht selten wurde ich in den Medien als "unamerikanisch" oder als "antiamerikanisch" bezeichnet. Es hieß, ich würde "die Terroristen unterstützen", ich sei ein "Verräter".

Hier einige Beispiele für das, was in den Medien über mich zu hören war. Die Zitate stammen von zwei führenden nationalen (konservativen) Kommentatoren:

"Lassen Sie mich einfach sagen, worüber ich gerade nachdenke. Ich denke, (wie wäre es), Michael Moore zu töten, und ob ich es wohl selbst tun könnte oder jemanden anheuern müsste, der es macht. Nein, ich glaube, ich könnte es. Ich denke, er könnte mir in die Augen sehen, wissen Sie, und ich würde ihn zu Tode würgen - ist das so falsch? Ich trage mein Band nicht mehr, auf dem steht: ‘Was würde Jesus tun?’. Ich habe im Moment jeden Sinn für Recht und Unrecht verloren. Früher konnte ich sagen: "Yeah, ich könnte diesen Michael Moore töten", doch dann blickte ich auf das Band: "Was würde Jesus tun?" und erkannte: "Oh, du würdest Michael Moore nicht töten. Zumindest würdest du ihn nicht erwürgen". Doch, wissen Sie, jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher". Glenn Beck

Und:

"Nun, ich möchte Michael Moore killen. Ist das in Ordnung? Das ist in Ordnung. Und ich glaube nicht an die Todesstrafe. Ich habe nur einen Scherz über Moore gemacht." Bill O’Reilly.

(Ironischer Weise machte O’Reilly diese(n) Androhung/Scherz genau einen Abend nach jener Superbowl-Veranstaltung, bei der Janet Jacksons Busen entblößt wurde. Daraufhin wurde CBS zu einer Strafe von 1 Million Dollar verdonnert. Schließlich sind Nippel viel gefährlicher als Todesdrohungen.)

Das sind so meine persönlichen Erinnerungen an die beiden ersten Kriegsjahre: Ich lebte mit einer realen, und mit mit einer präsenten Gefahr - ausgelöst durch rechte Radio- und Fernsehsender, die den Hass schüren. (Man hat mir geraten, bestimmte Dinge, die mir zugestoßen sind, nicht zu erzählen, um andere Verrückte nicht auf die gleiche Idee zu bringen.) Ich hab’s gewuppt. Ich lebe noch. Ich weiß, viele von Ihnen haben Ähnliches erlebt - weil Sie in der Schule, am Arbeitsplatz oder beim Thanksgiving-Dinner etwas gegen den Krieg gesagt haben. Auch Sie mussten Schläge einstecken, nur, weil sie die Wahrheit sagten.

Wie viel leichter wäre es für uns gewesen, wenn uns das liberale Establishment zur Seite gestanden hätte, oder? Wir besaßen keine Tageszeitung und kein Magazin mit einer Millionenauflage. Wir hatten keine eigene TV-Show. Uns gehörte kein Sender. Wir waren nicht zu Gast in Sendungen wie ‘Meet the Press’ - weil man es einfach nicht zulassen konnte, dass die Leute unsere Stimme hörten.

FAIR ist ein Wachhund, der aufpasst, was die Medien bringen. Diese Organisation hat ermittelt, dass in den Abendnachrichten von CBS in den ersten drei Wochen nach Kriegsausbruch nur eine einzige Stimme gegen den Krieg zu Wort kam: 4 Sekunden aus meiner Rede bei der Oscar-Verleihung wurden gesendet - vier Sekunden am Stück. Dabei waren im März 2003 Millionen Menschen gegen den Krieg (erinnern Sie sich noch an die gigantischen Demonstrationen in Hunderten von Großstädten?). Die meisten Umfragen belegten, dass rund 30% der Amerikaner gegen den Krieg waren (nahezu 100 Millionen!). Dennoch gab es keine Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren - abgesehen von ‘The Nation’ und verschiedenen Webseiten, wie CommonDreams.org (2) oder Truth-Out.org (3)

Allerdings reichte das nicht aus, um eine Massenbewegung von amerikanischen Bürgern gegen den Krieg aufzubauen. Wir hatten kein öffentliches Forum - abgesehen von jenem glücklichen Kerl, der vor laufender Kamera einen Oscar verliehen bekam, vor Abermillionen von Menschen und 45 Sekunden lang reden durfte, bis man ihm das Mikro abstellte und er von der Bühne gebuht wurde (hahahaha (4)). Ja, 2003 wurde ich oft ausgebuht - auf dem Weg durch die Flughafenhalle, beim Dinner in einem Restaurant oder bei einem (Basketball-Spiel) der (Los Angeles) ‘Lakers’, wo ich plötzlich auf den ‘Jumbotron’ gesetzt wurde, eine exponierte Stelle und die Leute so aggressiv ausflippten, dass Larry David, der neben mir saß, erwog, im Sinne der Eigensicherung, ein paar Sitze nach unten zu rücken oder sich ein paar Wiener Würstchen zu holen. Aber er blieb bei mir, und dank seiner Ninja artigen Bewegungen verließen wir das Spiel lebendigen Leibes.

Ich weiß, es ist kaum zu fassen, aber als dieser Krieg begann, gab es weder YouTube (5), noch Facebook (6), noch Twitter (7). Es gab keine Möglichkeiten, die Herren der Medien zu umgehen und eigene Kommentare zu posten.

Schade, ihr Hundesöhne, aber diese Zeiten sind vorbei.

Wenn es wieder passiert, wird es nicht mehr so einfach sein, eine Mädchenband (Dixie Chicks) zum Schweigen zu bringen oder einen Kerl, der gerade seine goldene Oscar-Statue entgegennimmt oder Millionen von Staatsbürgern auf der Straße.

Derzeit können wir hoffen, dass einer unserer Kriege zu Ende ist. Schade, dass wir ihn verloren haben. Ich hasse es, zu verlieren, Sie nicht auch? Tatsache ist: Wir haben den Krieg genau an jenem Tag verloren, als wir in einen souveränen Staat einmarschiert sind, der absolut keine Gefahr für uns darstellte und nichts mit dem 11. September zu tun hatte. Wir haben Menschen verloren (mehr als 4.400 auf unserer Seite und Hunderttausende auf der anderen). Menschen wurden verkrüppelt (35.000 unserer Soldaten sind mit Wunden und Behinderungen heimgekehrt, und Gott allein weiß, wie viele Soldaten mentale Probleme davongetragen haben). Wir haben das Geld verpulvert, von dem unsere Enkel leben sollten.

Wir haben unsere Seele verloren. Wir sind nicht mehr das, was wir waren, für was wir einst standen: ein großes Land. Das alles ist verloren. Können wir um Erlösung, um Verzeihung bitten? Können wir wieder zu… "Amerikanern" werden?

Es wird sich zeigen. Die große Mehrheit im Land teilt heute die Meinung der ‘Dixie Chicks’, und wir haben einen Mann gewählt - er heißt Barack Hussein Obama -, der gegen diesen Krieg war.

Bitte, versprechen Sie mir eines: Vergessen Sie nie, wie unser Land vor 7 1/2 Jahren dem Wahnsinn anheimfiel (für viele schien damals alles ganz normal). Ich bin hergekommen, um Ihnen zu sagen: Ganz gleich, wie sehr sich alles gebessert haben mag, und wie normal die Dinge für Sie wieder erscheinen mögen, wir sind noch immer halbwegs verrückt. Hören Sie sich bloß an, was die neue Bande "sensibler Gurus" von sich gibt. Diese Pundits rühren schon wieder die Trommeln für das, was wir mit dem Iran machen sollen. Ein Krieg ist vorbei, ein weiterer (oder zwei oder drei?) laufen weiter.

Kommen Sie schon, Mr. Präsident, soll noch ein einziger Jugendlicher im Ausland sterben - in einer Uniform mit unserer Fahne? Nein. Auf diese Weise können wir nicht siegen. Lasst uns in Afghanistan einige tausend Brunnen graben, ein paar freie Moscheen bauen, ihre Stromversorgung in Ordnung bringen. Hinterlassen wir ihnen ein paar Lebensmittel und Kleidung und entschuldigen wir uns. Legen wir eine Facebook-Seite an, mit der sie mit uns in Kontakt bleiben können - und dann, nichts wie raus aus Afghanistan! Selbst unser NSA (Nationaler Sicherheitsberater) (8) und unser CIA-Direktor (9) sagen uns, dass sich in ganz Afghanistan weniger als 100??? Al-Kaida-Kämpfer aufhalten.

100.000 Soldaten gegen 100 Al-Kaida-Kämpfer. Ist das nicht vollkommen meschugge - wie dieses verrücktes Trommelsolo: "A-ba-dee-a-ba-dee-a-bade-dee - und Leute, das war’s!"

Stellen wir uns der Realität. Ich bin froh, dass ein Krieg "vorbei" ist. Aber ich weiß, wie wir da hineingeraten sind. Ich bin entschlossen, genauso hart zu kämpfen, um die anderen Kriege zu stoppen - falls Sie es nicht tun, Mr. Obama.

Nun sind Sie an der Reihe.

Yours
Michael Moore

Mike@MichaelMoore.com
MichaelMoore.com

Anmerkung d. Übersetzerin: (1) - (9): An diesen Stellen finden Sie auf der Originalseite (‘Never Forget…’) jeweils einen englischsprachigen Link.

Quelle: ZNet Deutschland   vom 19.09.2010. Originalartikel: Never Forget: Bad Wars Aren’t Possible Unless Good People Back Them . Übersetzt von: Andrea Noll.

Veröffentlicht am

21. September 2010

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