Campus statt KaserneIn Rheinland-Pfalz sind 50.000 neue Arbeitsplätze durch die Konversion entstandenVon Robert Luchs Rund zwei Milliarden Euro sind in Rheinland-Pfalz seit 1992 in die Umwandlung einstiger militärischer Liegenschaften geflossen. Jetzt zog die Landesregierung eine Zwischenbilanz. Die Zeiten sind vorbei, da Rheinland-Pfalz als der größte "Flugzeugträger" der Amerikaner außerhalb der USA bezeichnet wurde. In den letzten zwei Jahrzehnten sind die US-Soldaten Zug um Zug und Company um Company aus ihren Kasernen abgezogen. Die Konversion, also die Umwandlung einstiger militärischer Liegenschaften in zivile Einrichtungen, war eine der großen Herausforderungen der letzten Jahrzehnte in diesem Bundesland - unabhängig davon, ob der jeweils regierende Ministerpräsident der SPD oder der CDU angehörte. Stand anfangs noch die Befürchtung der Regierenden im Vordergrund, der Abzug der USA könne wegen damit auch abziehender Kaufkraft zu schweren wirtschaftlichen Einbrüchen führen, so zeigte sich bald, dass die Konversion viele positive Seiten hat. Zwar gingen zunächst Arbeitsplätze verloren, doch wurde dieser Verlust bald ausgeglichen. Seit 1992 sind an den einstigen militärischen Standorten über 50.000 zivile Arbeitsplätze entstanden, wie aus der jüngsten Konversionsbroschüre der Landesregierung hervorgeht. Über 600 militärische Liegenschaften mit zusammen 13.000 Hektar wurden in diesem Zeitraum freigegeben. Oft wird vergessen, dass es sich zwar überwiegend, aber nicht nur um amerikanische Standorte gehandelt hat. Auch französisches Militär war in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg vertreten. Heute sind französische Soldaten nur noch in der Deutsch-Französischen Brigade integriert. Drehkreuz Ramstein bleibtDa die US-Streitkräfte sich sowohl strategisch wichtige als auch landschaftlich attraktive Gebiete in Rheinland-Pfalz ausgesucht hatten, brachte die Konversion weitere Vorteile. Frei gewordene Flächen wie etwa die ehemalige NATO Air Base Hahn im Hunsrück konnten vom Land nun optimal genutzt werden. Wo vor 20 Jahren in Bad Kreuznach US-Soldaten lebten, befindet sich heute ein familienfreundliches Wohnquartier. Wo einst das Birkenfelder Militär-Hospital in Betrieb war, studieren heute junge Leute. An dem größten US-Hospital in Europa in Ramstein - es ist verbunden mit einem Flugplatz auch für größte Maschinen - halten die USA aber eisern fest. Wenn US-Soldaten beispielsweise in Afghanistan verletzt werden, fliegt man sie zur medizinischen Betreuung nach Ramstein. Auch hochrangige US-Politiker schweben oft in Ramstein ein, nicht selten noch vor dem offiziellen Empfang in Berlin. Die Broschüre zeigt viele Projekte, im Städtebau, aber auch in den Bereichen Hochschul- und Wohnungskonversion. Als das erfolgreichste Konversionsprojekt eines Militärflugplatzes in Europa aber gilt Hahn. Seit 1998 wurde das Vorhaben durch die Frankfurter Fraport AG und die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen entwickelt. 2009 wurde darüber hinaus die Entwicklungsgesellschaft Hahn gegründet und mit dem Ausbau der Infrastruktur im Umland des Flughafens betraut. Rund 3,9 Millionen Passagiere haben das Drehkreuz im Hunsrück im vergangenen Jahr genutzt. Im Bereich des Frachtgeschäfts ist Frankfurt-Hahn die Nummer fünf in Deutschland. In dem einst strukturschwachen Raum sind heute 113 Unternehmen mit circa 3.100 Beschäftigten aktiv. Während der militärischen Nutzung waren es lediglich rund 800 zivile Arbeitnehmer. Die SPD-geführte Regierung in Mainz will nun versuchen, einige der Konversionsprojekte künftig besser miteinander zu verknüpfen, um Synergien zu schaffen. Noch zehn JahreZu den Projekten gehört auch die Umwidmung des ehemaligen US-Reserve-Lazaretts in Birkenfeld, in einer besonders strukturschwachen Region des Landes gelegen, zu einem Umwelt-Campus. Nach US-Vorbild werden Lernen, Leben und Arbeiten an einem Ort vereint. Der Campus wird als einzige deutsche Hochschule ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt. Im vergangenen Wintersemester waren 2262 Studierende eingeschrieben. Nach manchen Anfangsschwierigkeiten ist die Konversion in Rheinland-Pfalz, das früher gern als "Land der Rüben und Reben" bezeichnet wurde, eine Erfolgsgeschichte. Es dürfte allerdings noch rund zehn Jahre dauern, bis sie endgültig abgeschlossen sein wird. Quelle: Neues Deutschland vom 21.09.2010. Weblinks:
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