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Flüchtlingsrat Baden-Württemberg fordert großzügiges Bleiberecht für Flüchtlinge statt Selektion nach Nützlichkeitskriterien

Abschiebungen von Roma müssen gestoppt werden!

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg begrüßt den Vorstoß der Bundesländer Niedersachsen und Hamburg für eine gesetzliche Bleiberechtsregelung zugunsten geduldeter Flüchtlinge. "Die vom niedersächsischen Innenminister vorgeschlagenen Voraussetzungen sind aber inakzeptabel", so Angelika von Loeper, Vorsitzende des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg:

  • Nicht nachvollziehbar ist, warum erst nach mindestens 8-jährigem Aufenthalt in Deutschland ein Bleiberecht erteilt werden soll. Bisherige Bleiberechtsregelungen setzten eine Frist von nicht mehr als sechs Jahren für Familien fest.
  • Nicht akzeptabel ist die Bedingung eines erfolgreichen Schulbesuchs der Kinder: Das Scheitern mancher Flüchtlings- und Migrantenkinder im deutschen Schulsystem verweist eher auf die mangelnde Förderung dieser Kinder, die oft vorschnell in Sonderschulen abgeschoben werden. Im Übrigen sind auch Kinder in die deutschen Lebensverhältnisse integriert, die hier eine Sonderschule besuchen.
  • Kritikwürdig erscheint die mangelhafte Einbeziehung der Eltern in die Bleiberechtsregelung: Auch für sie muss es eine klare und bedingungslose Einbeziehung in eine Bleiberechtsregelung geben, die die gesamte Familie umfasst. Selbst wenn die Älteren keine Arbeit haben, erfüllen sie - wie in deutschen Familien auch - oft eine wichtige Funktion, etwa im Rahmen der Kleinkinderbetreuung zur Ermöglichung einer Berufstätigkeit ihrer inzwischen volljährigen Kinder.
  • Wir halten es für unverantwortlich und mit dem Sozialstaatsprinzip nicht vereinbar, wenn die langjährig Geduldeten in "nützliche Steuerzahler" und "unproduktive Esser" selektiert werden. Gerade auch Kranke und Alte, Kriegsopfer und Behinderte müssen ein Bleiberecht erhalten können, selbst wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigener Erwerbstätigkeit decken können.
  • Auch Eltern ohne Kinder müssen ein Bleiberecht erhalten können, wenn sie ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben.

Inakzeptabel ist auch, dass mehr als 1000 Roma in Baden-Württemberg nur mit einer Duldung leben. Ihnen droht akut die Abschiebung. So sollen morgen, wenn die Innenminister über eine Bleiberechtsregelung verhandeln, wieder Fakten geschaffen werden. Vom Baden-Airpark Söllingen soll ein Abschiebecharter geduldete Flüchtlinge ins Kosovo verfrachten. Dort landen sie im Nichts, am Rande der Müllkippe, während der Winter vor der Tür steht. Wie auch eine sechsköpfige Roma-Familie, die 19 Jahre lang in Lahr/Schwarzwald gelebt hat. Am 21. Oktober wurden sie in einer Nacht- und Nebelaktion über Söllingen abgeschoben. Alle Kinder zeigten gute schulische Leistungen, die beiden jüngeren (6 und 11 Jahre) wurden mit den Eltern abgeschoben, die beiden älteren (17 und 18 Jahre) durften in Deutschland bleiben. Eine solche Politik kann nicht gutgeheißen werden, sie kann kein Modell für ein neues Bleiberecht sein!
"Es ist unerträglich, wenn die Innenminister sich morgen Kinder und Jugendliche nach Nützlichkeitskriterien aussuchen, während die Abschiebungen ins Kosovo weiterhin auf der Agenda bleiben", so Angelika von Loeper.

Derzeit warten bundesweit 86.000 aufenthaltsrechtlich "Geduldete" auf eine dauerhafte Bleiberechtsregelung, davon in Baden-Württemberg 9.234 (Quelle: Ausländerzentralregister 30.6.2010).

Es ist an der Zeit, dass diese Menschen nach Jahren der Unsicherheit endlich eine Perspektive in Deutschland erhalten.

Quelle: Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V. - Pressemitteilung vom 17.11.2010.

Veröffentlicht am

17. November 2010

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