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Weiter gegen Stuttgart 21 - Faktenschlichter fordern Bau- und Vergabestopp

Von Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 Faktenschlichter

Die Faktenschlichter des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 bewerteten die Faktenschlichtung bei einer heutigen Pressekonferenz in Stuttgart als klaren Nachweis dafür, dass S21 alles andere als ein Zukunftsprojekt sei. Insbesondere der Stresstest und die geforderten Nachbesserungen würden sich bei realistischer Fakten- und Kostenschätzung als Bumerang erweisen, der das Projekt endgültig zu Fall bringe.

Das Bündnis forderte daher von Landesregierung und Bahn einen sofortigen Bau- und Vergabestopp, bis der Nachweis der Leistungsfähigkeit des Projekts erbracht sei und kündigte an, dass der Widerstand gegen S21 nach einer Weihnachtspause ungebremst weitergehe. Am Samstag (11.12., 14:00 Uhr, Hauptbahnhof) findet die letzte Großdemo vor den Weihnachtsferien statt. Die protestierenden Bürgerinnen und Bürger werden dann nach der Weihnachtspause den Widerstand gegen S 21 gestärkt fortsetzen.

Heiner Geißler habe die gravierenden Mängel von Stuttgart 21 nach Ansicht der Faktenschlichter des Aktionsbündnisses klar erkannt. Die von ihm als notwendig benannten Auflagen wie Erhalt der Frischluftschneise, Baumfällverbot, Stresstest und Zubauten für S21 seien ein wenig überzeugender Versuch, das Projekt zu retten. Den Einschätzungen Geißlers, es sei zu spät, um das Projekt S 21 zu stoppen, folgten die Gegner nicht. Sie wiesen vielmehr darauf hin, dass der in der Öffentlichkeit vielfach erweckte Eindruck, die K21-Seite hätte S21plus zugestimmt, nicht richtig sei, denn bloße Korrekturen am Projekt erhöhten dessen Akzeptanz nicht. Die Faktenschlichter gegen S21 haben lediglich mitgeteilt, dass die Empfehlungen Heiner Geißlers notwendig seien, da grundlegende Kritikpunkte wie die nicht nachgewiesene Leistungsfähigkeit von S21, die Gefährdung der Geologie und des Mineralwassers, Fragen der Sicherheit und des Rettungskonzeptes nicht gelöst seien.

Zentral für die Faktenschlichter des Aktionsbündnisses ist der Stresstest. Dessen Ergebnisse dürften von der Landesregierung nicht länger als unbedeutend angesehen werden und der Test dürfe nicht im stillen Kämmerlein ohne kritische Begleitung durchgeführt werden. Die neue Transparenz und Offenheit der Faktenschlichtung müsse beim Stresstest fortgeführt werden. Gefordert wurde deshalb die Einsetzung eines Lenkungskreises aus Experten von Projektträgern und Projektgegnern, die den Test von der Aufgabenstellung über die Durchführung bis hin zur Ergebnisbewertung gemeinsam vornehmen. Durch klare Kriterien vorweg könne es hinterher nicht zu einem Streit über die Aussagekraft der Ergebnisse kommen.

Den Stresstest ernst nehmen hieße nach Ansicht der Faktenschlichter des Aktionsbündnisses zudem die Anordnung eines sofortigen Bau- und Vergabestopps. Es sei ein Widerspruch gewesen, mit dem Test keine Aussetzung der Maßnahmen wie z.B. Vergaben des Tunnelbaus für den Bahnhof, Beginn des Baus des Technikgebäudes etc. zu verbinden. Die Bahn und das Land seien nun in der Verantwortung, diesen Widerspruch zu beheben und klar und deutlich zu erklären, keine Fakten zu schaffen, die einem Ergebnis des Stresstestes im Wege stünden.

Die Faktenschlichter des Aktionsbündnisses kommen zum Ergebnis, dass die erforderlichen Nachbesserungen insgesamt rund 600 Mio. Euro kosten werden. Hinzu kommen die von der Bahn herausgerechneten Kosten und die von den Wirtschaftsprüfern als "zu optimistisch" gewerteten Einsparungen. S 21 werde folglich runde 5,5 Mrd. Euro teuer.

Auch aus diesem Grund werde der Widerstand gegen das unsinnige Projekt nun weitergehen. Die Projektträger müssten erkennen, dass jede Bauphase von Protesten begleitet wird. Es sei illusionär zu glauben, die 15jährige Operation am offenen Herzen der Stadt könnte gegen den Willen der Bevölkerung durchgeführt werden.

Das detaillierte Resümee aus der Faktenschlichtung fiel seitens der S21-Gegner vielschichtig aus:

  • bestgeplant? Erst im Zuge der Schlichtung machten sich die Planer daran, ein Fahrplan- und Betriebskonzept für die Rushhour zu entwickeln. Ergebnis: Der geplante Tiefbahnhof kann allerhöchstens so viele Züge bewältigen wie der bestehende Kopfbahnhof - vor der Modernisierung. Bislang fehle der Nachweis, dass die in der Planfeststellung geforderte Leistungsfähigkeit überhaupt erreicht werde.
  • alternativlos? Mit bundesweiter medialer Aufmerksamkeit wurde bewiesen, dass Kopfbahnhof 21 (K21) als Alternativkonzept funktioniert. K21 ist stufenweise umsetzbar, kostet nur die Hälfte, eröffnet die städtebaulichen Chancen schon heute, vermeidet alle Risiken für Geologie, Mineralwasser und Park. K21 ist ökologischer und leistungsfähiger als S21.
  • bestgerechnet? Die Finanzierungsverträge sind rechtswidrig, da die Bahn schon 2008 vor der Vertragsunterzeichnung durch das Land falsche Zahlen angegeben hatte. Damit die politische Schallgrenze von 4,5 Mrd. Euro nicht durchbrochen wird, wurden die 2009 ermittelten Kosten von 4,9 Mrd. Euro auf gut 4 Mrd. schön gerechnet. Die Wirtschaftsprüfer haben beim Faktencheck bestätigt, dass nur mögliche Einsparchancen, aber keine Kostenrisiken beziffert wurden und Nachtragskosten nicht enthalten sind.
  • Schlüsselprojekt? Das Bahnprojekt hat geringe Effekte für die Wirtschaft im Land und es wird kaum nennenswert Verkehr auf die Schiene verlagern. Begrenzte finanzielle Ressourcen machen deren effektiven Einsatz aber schlichtweg notwendig.
  • ökologisch? Das Fällen der Bäume und die Beseitigung des Gleisfelds werden sich negativ auf das Stadtklima auswirken. Tausende neu gepflanzte junge Bäume sind auf 50 bis 80 Jahre hinaus kein Ersatz. für die zweihundert Jahre alten Bäume des Schlossgartens. - Keine Risiken? Das versammelte Expertenwissen der Schlichtung konnte eine Gefährdung des Stuttgarter Mineralwassers und das Aufquellen des Gipskeupers nicht völlig ausschließen.
  • Europäische Magistrale? Bahn-Technikvorstand Kefer hat eingeräumt: Die viel beschworene Achse Paris - Bratislava ist für die Steigerung des Schienenverkehrs bundesweit und in Europa bedeutungslos. Stuttgart 21 ist regionales Verkehrsprojekt und letztlich ein Stuttgarter Städtebauprojekt.

Dr. Brigitte Dahlbender
Werner Wölfle, Bündnis 90/GRÜNE
Hannes Rockenbauch, SÖS
Gangolf Stocker, Leben in Stuttgart
Peter Conradi, Architekt
Matthias Lieb, VCD

Quelle: www.kopfbahnhof-21.de - Presseerklärung des Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 vom 09.12.2010.

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Veröffentlicht am

11. Dezember 2010

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