Auf Zeit im Club der MächtigenDeutschland ist für zwei Jahre nichtständiges Mitglied im UNO-SicherheitsratVon Wolfgang Kötter Seit Jahresanfang entscheidet die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit vierzehn weiteren Staaten im UNO-Sicherheitsrat über die Fragen von Krieg und Frieden auf dieser Welt, über Sicherheit, Konfliktlösung und Gefahrenabwendung. Zum sechsten Mal seit dem Beitritt der beiden deutschen Staaten im Jahre 1973 gibt es nun eine deutsche Präsenz in diesem wichtigen UN-Hauptorgan und im kommenden Juli wird Deutschland sogar die monatlich rotierende Präsidentschaft übernehmen. Der Sicherheitsrat, ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen. Seine Aufgabe ist die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Während Beschlüsse anderer UN-Organe lediglich Empfehlungscharakter tragen, sind die Entscheidungen des Sicherheitsrates völkerrechtlich bindend. Verstöße können mit Zwangsmaßnahmen bis hin zur Anwendung militärischer Gewalt geahndet werden. Der Rat besteht aus fünf ständigen und zehn nichtständigen Mitgliedern. Für eine Mehrheit sind mindestens neun Stimmen erforderlich und kein ständiges Mitglied darf dagegen stimmen. Jedes Jahr wird die Hälfte der zehn wechselnden auf zwei Jahre neu gewählt. Sie werden nach regionalen Gruppen ausgesucht und von der UN-Vollversammlung bestätigt. Die Reform der Sicherheitsrats - eine unendliche GeschichteAber das höchste UN-Gremium ist seit langem überholungsbedürftig. Die Zusammensetzung am hufeisenförmigen Tisch im UN-Hauptsitz am New Yorker East River wiederspiegelt immer noch die Machtverteilung, die nach dem zweiten Weltkrieg im Jahre 1945 herrschte. Obwohl die Mitgliedschaft in der Weltorganisation bis heute auf 192 angewachsen ist, sind die Entwicklungsländer und vor allem die aufstrebenden Schwellenstaaten und Regionalmächte im entscheidenden Organ viel zu gering vertreten. Zum Millenniumsgipfel 2000 und dem fünf Jahre später folgenden 50. Jahrestag der UNO strebten die UN-Mitglieder - vom damalige Generalsekretär Kofi Annan immer wieder zum Handeln aufgefordert - eine umfassende Reform an, darunter auch eine Neuorganisation des Sicherheitsrats. Die Bundesregierung sah darin eine Chance, für den drittgrößten Beitragszahler den bereits seit langem angesteuerten Platz als ständiges Ratsmitglied zu erringen und tat sich dafür mit Gleichgesinnten zusammen. Gemeinsam mit Brasilien, Indien und Japan schlägt die "Gruppe der 4" eine Vergrößerung des Sicherheitsrats um 10 auf insgesamt 25 Sitze vor. Außer ihrer eigenen ständigen Mitgliedschaft streben sie die zweier afrikanischer Staaten sowie vier rotierende Plätze an. Als Zugeständnis bieten die G4-Staaten an, auf das Vetorecht für 15 Jahre zu verzichten. Einen konkurrierenden Vorschlag verfolgt die "Vereint für Konsens"-Gruppe. Angeführt von Italien besteht sie vor allem aus regionalen Rivalen der G4 wie Algerien, Argentinien, Indonesien, Mexiko, Pakistan und Südkorea. Sie wollen die jetzigen fünf ständigen Sitze unverändert lassen, ergänzt durch zwanzig erneuerbare Mandate für jeweils vier Jahre. In einem weiteren Modell fordert die Afrikanische Union fünf neue nichtständige Sitze, einschließlich zwei für Afrika. Von den sechs hinzukommenden ständigen Plätzen beansprucht Afrika ebenfalls zwei, dazu ein uneingeschränktes Vetorecht. Doch keine Gruppe erreichte zunächst die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit, Kompromissverhandlungen verliefen ergebnislos und als das gesamte Reformprojekt von der US-amerikanischen Bush-Regierung versenkt wurde, blieb auch das Projekt Sicherheitsrat auf der Strecke. Trotz mehrfacher Anläufe kam es bisher nicht wieder in Fahrt. Die Weltorganisation vor gewaltigen HerausforderungenDas ist umso bedauerlicher als dass zahlreiche drängende Probleme bewältigt werden müssen. Um ohne Zeitverlust voll in die Lösung der Aufgaben einsteigen zu können, nehmen die fünf Neuen bereits seit vergangenen November als Beobachter an den Ratssitzungen teil. Die zahlreichen regionalen Krisen und gewaltsamen Auseinandersetzungen dulden keine Tatenlosigkeit. Die Dauerkonflikte im Nahen Osten, im Libanon und in Irak verlangen dringend friedenschaffendes Handeln, und auch auf dem Balkan schwelen weiterhin Spannungen. Blutige Gewalt herrscht nicht zuletzt in Afghanistan, Haiti und Nepal. Der Sicherheitsrat muss möglichst zeitnah über den Einsatz von Blauhelm-Friedensoperationen entscheiden, die Arbeit der Kommission für Friedenskonsolidierung beaufsichtigen und gegebenenfalls prophylaktisch für die Konfliktprävention wirken. Schließlich stehen auch die umstrittenen Atomprogramme des Iran und Nordkoreas auf der Tagesordnung. Natürlich bleiben auch die Reformpläne weiterhin aktuell. Für viele Staaten ist das Vetorecht, mit dem die ständigen Ratsmitglieder Beschlüsse blockieren können, ein anachronistisches Relikt vergangener Zeiten. Sie fordern ebenfalls mehr Transparenz und Öffentlichkeit in der Arbeit des Sicherheitsrats. Zu erwarten ist, dass durch die starke Repräsentanz einflussreicher Entwicklungsländer wie Brasilien, Indien, Südafrika und Nigeria das Gewicht des Südens spürbar wachsen wird. Deutschland kommt wie auch Frankreich, Großbritannien und Portugal die Verantwortung zu, die - soweit vorhandene - gemeinsame Außenpolitik der Europäischen Union zu vertreten. Die Bundesregierung will nach eigenen Angaben ihren Beitrag dazu leisten, dass der Sicherheitsrat verantwortungsvoll auf internationale Krisen und Konflikte reagiert. Darüber hinaus könnte sich Berlin nach dem einjährigen Vorsitz der Peacebuilding-Kommission im Antiterrorausschuss weiter profilieren. Deutschlands Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen Peter Wittig wird voraussichtlich den Ausschuss leiten, der die Einhaltung der Sanktionen gegen hochrangige Al-Kaida-Mitglieder und Taliban überwacht. Weitere Schwerpunkte der Mitgliedschaft sollen Krisenprävention und zivile Konfliktlösung bilden. Außerdem gilt die besondere Aufmerksamkeit der Abrüstung und Nicht-Verbreitung, dem Klimaschutz sowie der Bekämpfung des Terrorismus. Besonders engagieren wollen sich die Diplomaten in der thematischen Arbeitsgruppe "Kinder in bewaffneten Konflikten" und hier vor allem dem Missbrauch von Kindern als Kindersoldaten wirksam entgegentreten. Kritiker monieren allerdings, dass die Finanzmittel ausgerechnet für die Krisenprävention, die Förderung der Menschenrechte, für Abrüstung und humanitäre Hilfe zum Teil drastisch gekürzt wurden. Das Auswärtige Amt gibt sich kooperativ und verspricht, "selbstverständlicher Ansprechpartner für alle UN-Mitglieder und insbesondere die EU-Mitgliedsstaaten" zu sein. Die kommenden zwei Jahre werden zeigen, was von diesem Anspruch bleiben wird. Die Hauptorgane der UNO1. Die VollversammlungDer Vollversammlung gehören alle 192Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen an. Ihre Beschlüsse sind völkerrechtlich nicht bindend. 2. Das SekretariatAn der Spitze des Sekretariats steht der Generalsekretär der Vereinten Nationen, der auf Vorschlag des Sicherheitsrats von der Generalversammlung für eine fünfjährige Amtszeit gewählt wird. 3. Der SicherheitsratDer Sicherheitsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Die Charta der Vereinten Nationen bestimmt 5 Staaten zu ständigen Mitgliedern des Rats (China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA). Die anderen 10 Mitglieder werden von der Generalversammlung für eine jeweils zweijährige Amtszeit gewählt. 4. Der Wirtschafts- und SozialratDer Wirtschafts- und Sozialrat umfasst 54 Mitglieder, die von der Generalversammlung für eine dreijährige Amtszeit gewählt werden. 5. Der Internationale GerichtshofDer Internationale Gerichtshof hat 15 Mitglieder, die sowohl von der Generalversammlung als auch vom Sicherheitsrat für eine neunjährige Amtszeit gewählt werden. 6. Der TreuhandratDer Treuhandrat hat mit der Unabhängigkeit von Palau, dem letzten verbliebenen Treuhandgebiet der Vereinten Nationen, am 1. November 1994 de facto seine Arbeit eingestellt. Deutsche Mitgliedschaft im UN-SicherheitsratDDR - 1980/81 Gegenwärtige Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat
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