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Deutsche Finanzhilfe für Israels sechstes Dolphin-U-Boot

Von Otfried Nassauer

Die Bundesregierung hat im Haushaltsentwurf 2012 Vorsorge getroffen, um Israel bei der Beschaffung eines sechsten Dolphin-U-Bootes zu helfen. Das erfuhr der SPIEGEL am Rande eines Besuchs von Verteidigungsminister de Maiziére in Israel. Im Kabinettsentwurf für den Einzelplan 60, Allgemeine Finanzverwaltung, sind ab 2012 insgesamt 135 Millionen € aus Steuermitteln eingestellt, mit denen Israel in den nächsten vier Jahren der Kauf von "Verteidigungsgütern" in Deutschland erleichtert werden soll. Gemeint ist vor allem das zusätzliche U-Boot. Insgesamt soll es etwa 500 Millionen € kosten. Stimmt der Bundestag diesem Haushaltsposten im Herbst zu, so ist der Weg frei für den Abschluss eines Bauvertrages zwischen Israel und der Kieler Werft HDW. Die israelische Regierung hat der Beschaffung bereits im April 2011 Priorität eingeräumt.

Im Bundestag hatte die Bundesregierung noch Anfang Juni auf Fragen von Paul Schäfer (Die Linke) behauptet, seitens "der Bundesregierung sind in diesem Zusammenhang keine Entscheidungen getroffen worden."

Die Militärhilfe aus deutschen Steuergeldern für israelische U-Boot-Käufe bei deutschen Werften hat inzwischen Tradition. Mit der geplanten neuen Unterstützung überschreitet sie erstmals die Grenze von eine Milliarde Euro. In den neunziger Jahren schenkte die Bundesregierung Israel zunächst zwei Dolphin-U-Boote für 880 Millionen DM und subventionierte sodann ein drittes mit weiteren 220 Millionen DM. Geliefert wurden die U-Boote in den Jahren 1999/2000.

Fünf Jahre später ermöglichte die Regierung Schröder-Fischer an ihrem letzten Arbeitstag ein weiteres U-Boot-Geschäft. Staatssekretäre aus beiden Staaten unterzeichneten am 21. November 2005 das deutsch-israelische "Abkommen über die Hilfe der Regierung der Bundesrepublik Deutschland für den Bau von zwei U-Booten für die israelische Marine". Gemeint waren damit zwei größere, modernere und leistungsfähigere Dolphin-Boote mit außenluft-unabhängigem Brennstoffzellenantrieb im Wert von rund einer Milliarde Euro. Die Bundesregierung sagte zu, ein Drittel der Kosten direkt zu übernehmen und für ein weiteres Drittel (Rüstungs)güter in Israel zu kaufen. Israel musste deshalb nur die Devisen für das letzte Drittel der Kosten selbst aufbringen. Diese beiden Boote sind derzeit im Bau und sollen Ende 2012 und 2013 ausgeliefert werden. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, ist unklar. Nach Medienmeldungen hat Norwegen HDW für die beiden Israel-Boote die Nutzung seiner Infrastruktur für die Tieftaucherprobung untersagt, die normalerweise für alle bei HDW gebauten Boote genutzt wird. Als Grund wurde Norwegens restriktive Rüstungsexportpolitik genannt.

Die deutschen U-Boot-Lieferungen an Israel sind seit Jahren umstritten. Dies hat zwei wesentliche Gründe. Zum einen wird befürchtet, dass Israel die Boote als Nuklearwaffenträger, also als Teil seiner "unerklärten" Nuklearstreitmacht nutzt. Deutschland trüge dann mit seinen U-Boot-Lieferungen nolens volens zur nuklearen Proliferation bei. Zum anderen entzündet sich die Kritik an der großen Leistungsfähigkeit und Flexibilität der gelieferten U-Boote, die Israels geographischen und militärischen Handlungsspielraum deutlich erweitern und damit auch eskalierend im Nahen und Mittleren Osten wirken könne.

Der Hintergrund: In alle Boote der Dolphin-Klasse wurden auf israelischen Wunsch eine Torpedosektion eingebaut, aus der neben Standardtorpedos vom Kaliber 533mm auch Waffen des Kalibers 650mm verschossen werden können. Vier zusätzliche größere Torpedorohre wurden dafür eingebaut. Diese - so vermuten viele Experten - ermöglichen es Israel, nuklear bestückte Marschflugkörper größerer Reichweite an Bord der U-Boote zu stationieren und die Boote somit als kaum verwundbare Nuklearwaffenträger auch weit entfernt von den eigenen Küsten einzusetzen. Die Bundesregierung bestritt, dass die Boote im Auslieferungszustand so verwendet werden könnten. Die großen Torpedorohre seien durch eingebaute Liner, Metallschienen, ebenfalls auf das Standardkaliber von 533 mm verjüngt. Auf Nachfragen im Bundestag antwortete das deutsche Verteidigungsministerium jedoch im Jahr 2000 nur sybillinisch: "Die Bundesregierung kann letztlich keine Bestückung ausschließen."

Sorgen ruft zudem die große Reichweite, Ausdauer und die Leistungsfähigkeit der U-Boote hervor. Sie könnten es Israel erlauben, künftig nicht nur im Mittelmeer, sondern auch in der Arabischen See, im Persischen Golf und im Indischen Ozean mit diesen U-Booten militärische Präsenz zu zeigen und zu operieren, also beispielsweise vor den Küsten des Irans.

Trotz aller Diskussionen und Verzögerungen: HDW kann unmittelbar nach dem Vertragsabschluss mit Israel mit dem Bau des neuen Bootes beginnen. Die Option, ein sechstes U-Boot zu kaufen, war bereits Bestandteil der Vereinbarungen aus dem Jahr 2005. Selbst die Baugenehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz wurde der Werft nach Auskunft der Bundesregierung bereits am 8.Mai 2006 erteilt. Politisch war das Geschäft somit schon lange in trockenen Tüchern, alles weitere war vor allem eine Frage des Geldes und der israelischen Wünsche.

Otfried Nassauer ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS

Quelle: BITS - 17.07.2011. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Otfried Nassauer.

Veröffentlicht am

18. Juli 2011

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