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Israel wünscht keinen palästinensischen Staat. Punkt.

Von Gideon Levy, Haaretz, 15.9.11.

Was werden wir nächste (bzw. diese, d. Übers.) Woche vor der UNO erzählen? Was könnten wir sagen? Ob in der Vollversammlung oder vor dem Sicherheitsrat, werden wir in all unserer Nacktheit dastehen: Israel wünscht keinen palästinensischen Staat. Punkt. Und es hat kein einziges überzeugendes Argument gegen die Errichtung und die internationale Anerkennung eines solchen Staates.

Was werden wir also sagen, warum wir dagegen sind? Vier Ministerpräsidenten, unter ihnen Benjamin Netanjahu, dass wir dafür sind, dass es aber durch Verhandlungen erreicht werden muss - warum haben wir es also nicht längst gemacht? Ist unser Argument, dass wir dagegen sind, eine einseitige Maßnahme? Was ist einseitiger als die Siedlungen, auf deren Weiterbau wir bestehen? Oder vielleicht werden wir sagen, dass der Weg zu einem palästinensischen Staat über Ramallah und Jerusalem geht, nicht über New York. Der Staat Israel selbst wurde zum Teil in den Vereinten Nationen gegründet.

Nächste (bzw. diese) Woche wird Israels Moment der Wahrheit sein oder präziser, der Moment seiner Täuschung wird enthüllt. Sei es der Präsident, der Ministerpräsident oder der Botschafter bei der UNO, selbst der größte öffentliche Redner wird nicht in der Lage sein, vor den Vertretern der Nationen der Welt die israelische Logik zu erklären. Keiner der drei wird in der Lage sein, sie davon zu überzeugen, dass es in Israels Position irgendeinen Vorzug gibt.

Vor 32 Jahren unterzeichnete Israel mit Ägypten ein Friedensabkommen, in dem es zusicherte, auch "die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes anzuerkennen" und innerhalb von fünf Jahren eine autonome Behörde in der Westbank und im Gazastreifen zu errichten. Doch es geschah nichts.

Vor 18 Jahren unterzeichnete der Ministerpräsident das Oslo-Abkommen, in denen Israel zusicherte, Gespräche zu führen, um mit den Palästinensern innerhalb von fünf Jahren ein Endstatusabkommen zu erreichen, einschließlich der Kernprobleme. Auch dies geschah nicht. Die meisten Bedingungen sind seitdem auf den Nullpunkt gesunken - in der Mehrheit der Fälle wegen Israel. Was wird Israels Anwalt darüber bei der UNO sagen?

Jahrelang behauptete Israel, dass Yasser Arafat das einzige Hindernis zum Frieden mit den Palästinensern sei. Arafat starb (wahrscheinlich von Israel vergiftet, d.Übers.) - und wieder geschah nichts. Israel behauptet, wenn nur der Terror gestoppt würde, würde eine Lösung erscheinen. Der Terror stoppte - und nichts geschah. Israels Entschuldigungen wurden zunehmend inhaltsloser. Israel will kein Friedensabkommen erreichen, das die Errichtung eines palästinensischen Staates beinhaltet. Das kann nicht länger vor der UN ungesagt bleiben. Und was erwartet Netanjahus Israel, dass die Palästinenser in diesem Fall tun werden - noch eine Runde von Foto-Terminen wie die mit Ehud Barak, Ehud Olmert und Zipi Livni, die zu nichts führten.

Die Wahrheit ist, dass die Palästinenser nur gerade drei Optionen haben, nicht vier: sich bedingungslos zu ergeben und weitere 42 Jahre unter israelischer Besatzung zu leben; eine dritte Intifada zu beginnen ; oder die Welt um ihretwillen zu mobilisieren. Sie wählten die dritte Option, das geringere aller Übel - selbst aus der Perspektive Israels. Was kann Israel dazu sagen; dass es ein einseitiger Schritt ist, wie es und die USA sagten? Aber es war nicht damit einverstanden, mit dem Siedlungsbau - der Mutter aller einseitigen Schritte - aufzuhören. Was ist den Palästinensern übrig geblieben? Die internationale Arena. Und wenn diese sie nicht retten will, dann ein weiterer Volksaufstand in den (besetzten) Gebieten.
Die 3,5 Millionen Palästinenser in der Westbank von heute wollen keine weiteren 42 Jahre ohne Bürgerrechte leben. Kann Netanjahu oder Shimon Peres erklären, warum die Palästinenser keinen eigenen Staat verdienen? Haben sie die kleinsten Argumente dafür? Nichts!. Und warum nicht jetzt? Wir haben besonders in letzter Zeit gesehen, dass die Zeit die möglichen Alternativen in der Region nur reduziert. Also selbst diese schwache Entschuldigung ist tot.

Gestern veröffentlichte eine Koalition israelischer Friedensorganisationen eine Liste von 50 Gründen , warum Israel einen palästinensischen Staat unterstützen sollte. Nehmen wir an, dass man nur fünf von ihnen akzeptiert, ist das nicht genug? Welches wäre die Alternative, jetzt wo sich die Himmel rund um uns schließen? Kann irgendjemand, kann Peres oder Netanjahu ernstlich behaupten, dass die regionale Feindseligkeit uns gegenüber nicht weniger geworden wäre, hätte die Besatzung nicht längst aufgehört und wäre ein palästinensischer Staat errichtet worden?

Die Wahrheit ist so wesentlich, so banal, dass sie selbst dann schmerzt, wenn man sie wiederholt. Aber leider ist sie die einzige, die wir haben. Deshalb eine einfache Frage an den, der uns diese Woche vor der UNO vertreten wird? Um Himmelswillen warum nicht? Warum wieder ein "Nein"? Und zu was werden wir "Ja" sagen?

Übersetzung: Ellen Rohlfs

Veröffentlicht am

23. September 2011

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