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Abgeschobene im Kosovo: Leben in Not und Perspektivlosigkeit

Eine Delegationsreise in den Kosovo zeigt: Abgeschobene Roma leben im Kosovo in existentieller Not und Perspektivlosigkeit. PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern: Abschiebungen in den Kosovo endlich stoppen!

Vertreter von Flüchtlingsorganisationen haben eine Delegation des niedersächsischen Landtags in den Kosovo begleitet und sich dort über die Lebensbedingungen von abgeschobenen Roma und anderen Minderheitenangehörigen informiert.

"Den Abgeschobenen fehlt es oft am Allernötigsten, in vielen Fällen sind noch nicht mal zeitnahe Unterbringung und Ernährung gesichert", so der Sozialwissenschaftler Dr. Stephan Dünnwald, der die Delegation für den Flüchtlingsrat Niedersachsen und PRO ASYL begleitete. "Die Hilfsprogramme für Abgeschobene existieren teils nur auf dem Papier, auch decken sie, wie das deutsche URA 2 Projekt, nur die ersten Monate ab." PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern daher den sofortigen Stopp aller Abschiebungen in den Kosovo.

Durch die Abschiebungen werden die Betroffenen aus ihrem bisherigen Lebensumfeld herausgerissenen und stehen im Kosovo in den meisten Fällen vor dem Nichts. Der Schock der Abschiebung lässt vor allem Familien in Angst und Apathie erstarren. Seit dem Abschluss des Rücknahmeübereinkommens mit dem Kosovo im Jahr 2010 wurden über 1000 Menschen aus Deutschland in den Kosovo abgeschoben.

Kenan Emini vom Roma Center Göttingen e.V. und der Kampagne "alle bleiben!", der die Delegation zur Vertretung der Interessen der Roma begleitete, erklärt: "Das Kosovo ist als armes und im Aufbau befindliches Land nicht in der Lage, die vielen Roma aus anderen EU-Staaten aufzunehmen". Auch die Bevölkerung sei kaum bereit, Roma als gleichwertige Mitbürger zu akzeptieren. "Die kosovarische Regierung kümmert sich nicht um diese Menschen. Sie nimmt sie nur zurück, um von der EU eine Visaliberalisierung zu erhalten."

Die Programme, die den Abgeschobenen die Reintegration ermöglichen sollen, scheitern an bürokratischen Hürden. Im Antragsverfahren für die Reintegrationshilfen gehen regelmäßig Anträge verloren. Selbst bei Bewilligung von Anträgen kommt es noch zu oft monatelangen Verzögerungen, bis die Hilfe tatsächlich erfolgt. "Man muss wissen, dass es bei diesen Anträgen um Lebensmittel, Brennholz und Mietkosten geht", so Dünnwald. "Die strukturellen Defizite des Reintegrationsprogramms sind daher unmittelbar existenzgefährdend".

Die Recherchen von Dünnwald zeigen, dass zahlreiche Abgeschobene Symptome posttraumatischer Belastungsstörungen aufweisen. Von Programmen zur Verbesserung der psychischen Situation von Traumatisierten sind Rückkehrer aus Deutschland ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass eine erfolgreiche Traumabearbeitung einer gesicherten Existenz und der Abwesenheit angstverursachender Umstände bedarf - das ist nicht gegeben. Angehörige der sogenannten RAE-Minderheiten unterliegen weiterhin deutlicher Diskriminierung. Die Sicherheitswahrnehmung der Betroffenen ist geprägt von Berichten tätlicher Angriffe durch die albanische Bevölkerungsmehrheit und durch die Polizei. Ein großer Teil der Abgeschobenen flieht deshalb in Nachbarländer oder zurück in den Westen.

Auch die vor rund vier Monaten aus Niedersachsen abgeschobene Familie Meta will nicht bleiben. Sie sitzen in einer Mietwohnung in Gjakova, die noch zwei Monate vom deutschen Rückkehrprojekt URA 2 bezahlt wird: "Wir wollen weg von hier", ist der verzweifelte Kommentar zu ihrer Situation im Kosovo.

Quelle: PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.  - Pressemitteilung vom 02.05.2012.

Veröffentlicht am

08. Mai 2012

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