Zurück zum Ökumenischen Rat der Kirchen: Überwindung von GewaltVon Werner Dierlamm Am Schluss der Vollversammlung in Harare (1998) wurden die Kirchen zu einer Dekade zur Überwindung von Gewalt 2001-2010 aufgerufen. Dieser Aufruf wurde an vielen Orten in der Welt gehört. In Schorndorf haben wir im Dezember 2001 mit einem Ökumenischen Montagsgebet für den Frieden in der Welt begonnen, das wir auch bewusst zur Begleitung der Dekade eingeführt haben. Auch am Anfang des 21. Jahrhunderts ist die verletzende Gewalt die größte Gefahr, die der Welt droht. Nachdem im letzten Jahrhundert die Menschheit im Jahr 1962 und nochmals im Jahr 1983 knapp einem Atomkrieg entronnen ist, ist diese Gefahr auch heute nicht gebannt. Unerträgliche Verhältnisse in der Welt, Ungerechtigkeit, Hunger, Ausbeutung, Unterdrückung, atomarer Abfall, Klimaverschlechterung führen zu immer neuen Demonstrationen und Aufständen. Wenn dabei auch wieder Gewalt angewendet wird, können schnell Kriege und Bürgerkriege mit der Gefahr von Flächenbränden entstehen wie jetzt im Nahen Osten. Die Menschen fürchten sich vor Gewalttaten aller Art und empören sich darüber. Überall wappnen sich die Staaten gegen drohende Terroranschläge. Bei alledem dürfen wir nicht vergessen, dass die größte Gewalt im 20. Jahrhundert von den Industriestaaten des Westens ausgegangen ist. Dabei spielte Deutschland eine besonders verhängnisvolle Rolle. Millionen Menschen wurden schon im Ersten Weltkrieg umgebracht. Im Zweiten Weltkrieg gab es noch viel mehr Menschen, die mörderischer Gewalt zum Opfer gefallen sind: beim Angriff der Armeen Hitlers, in den Konzentrationslagern für Juden, Homosexuelle, Roma und Sinti, Zeugen Jehovas, mit der Tötung von Geisteskranken - und dann im Gegenangriff der Alliierten, mit den Flüchtlingsströmen aus dem Osten, bei denen zahllose Menschen erfroren, verhungert, ertrunken sind, mit der Einäscherung der deutschen Städte und dem Tod von Hundertausenden von Alten, Kranken, Frauen und Kindern. Die Industriestaaten entwickelten auch nach den beiden Weltkriegen mit Hilfe ihrer technischen Intelligenz immer gefährlichere Waffen. Sie wurden ersonnen zur Abschreckung und im Ernstfall zur möglichst wirksamen Vernichtung von Menschen und menschlichen Siedlungen. Nachdem der Westen die massivste kriegerische Gewalt, die sich denken lässt, so "vorbildlich" vorexerziert hat, werden sich Gewalttäter und Despoten in den anderen Teilen der Welt durch die moralische Empörung selbstgerechter Nationen kaum beeindrucken lassen. Aus all diesen Gründen trifft der Aufruf des Ökumenischen Rates der Kirchen zur Überwindung von Gewalt einen Nerv der Weltpolitik. Aber wie kann die kriegerische Gewalt überwunden werden? Seit ewigen Zeiten herrscht unter Menschen, Völkern und Nationen das Gesetz der Vergeltung: "Wie du mir, so ich dir." Alle Fortschritte zugunsten von Humanität und Menschenrechten haben daran bisher nichts geändert. Alle Politiker und Politikerinnen, die an der Macht sind, halten die Fähigkeit zur militärischen Drohung und Vergeltung um der eigenen Sicherheit willen für erforderlich. Auch die Religionen, die vom Frieden nicht nur predigen, sondern ihn auch ehrlich anstreben, haben das Gesetz der militärischen Vergeltung bisher nicht außer Kraft setzen können. Dies gilt nicht zuletzt vom Christentum. Und doch ist gerade im Ursprung des Christentums der einzige Weg zur Überwindung der Gewalt gezeigt worden, nämlich der Verzicht auf Vergeltung. Er ist in der Bergpredigt durch Jesus von Nazareth klar aufgewiesen worden. Das ist der Weg der politischen Vernunft und der Befreiung der Völker von der Spirale der Rüstung, vom Wahnsinn der immer schrecklicheren militärischen Vergeltung. Jesus ist aber, wie die christliche Kirche noch heute bekennt, nicht nur einer von den Propheten des Ostens, er ist der von Gott verheißende Messias, der Christus, der das Reich Gottes auf Erden aufrichtet. Das Reich Gottes auf Erden ist nicht das Reich Gottes im Himmel. Es wird überall dort Wirklichkeit, wo Menschen den Willen Gottes tun. Und Gott will dem Krieg ein Ende machen. Er will, dass die Menschen ohne militärische "Sicherung" im Frieden leben. Seit dem Auftreten des Jesus aus Nazareth ist das Militär veraltet.
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