Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

Ihre Spende ermöglicht unser Engagement

Spendenkonto:
Bank: GLS Bank eG
IBAN:
DE36 4306 0967 8023 3348 00
BIC: GENODEM1GLS
 

Zur Innenministerkonferenz in Rostock-Warnemünde: Exakt 20 Jahre nach dem sogenannten “Asylkompromiss” will der Bundesinnenminister Verschärfungen im Asylrecht vorstellen

PRO ASYL, Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern, Jugendliche ohne Grenzen und Roma-Center Göttingen fordern Durchbruch in Sachen Bleiberecht

Auf der Innenministerkonferenz in Rostock-Warnemünde will Bundesinnenminister Friedrich für sein Vorhaben werben, Serbien und Mazedonien auf die Liste der sicheren Herkunftsstaaten zu setzen und gleichzeitig pauschale Verschärfungen im Asylbewerberleistungsrecht vorzunehmen. 20 Jahre nach dem sogenannten Asylkompromiss vom 6. Dezember 1992, an dem die SPD einer Vielzahl von Gesetzesverschärfungen gegen Asylsuchende zustimmte, appelliert PRO ASYL an die Innenminister aller Länder, sich einer Einstufung von Serbien und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten zu widersetzen. "Eine solche Einstufung wäre angesichts der existenziellen Diskriminierung von Roma und der allgemeinen Menschenrechtslage in diesen Staaten völlig unangebracht", so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. Als Sofortmaßnahme fordert PRO ASYL die Länder auf, einen Winterabschiebestopp für Asylsuchende aus den Balkan-Staaten zu erlassen.

Nach Informationen des Flüchtlingsrats Mecklenburg-Vorpommern werden Asylsuchende aus Serbien und Mazedonien unter dem Vorwand, ihr Asylantrag sei ohnehin chancenlos, zur "freiwilligen Ausreise" gedrängt. "Es geht nicht an, dass Roma zur Ausreise gedrängt werden, bevor sie überhaupt gefragt wurden, ob Fluchtgründe vorliegen", so Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Flüchtlingsrats Mecklenburg-Vorpommern.

Diskriminierung von Roma in Serbien und Mazedonien

In Serbien und Mazedonien sind Roma und Angehörige anderer Minderheiten rassistischer Diskriminierung ausgesetzt, vor der der Staat sie nicht wirksam schützt. Ihnen ist ein menschenwürdiges Leben kaum möglich. Extreme Diskriminierung bedingt Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Vertreibung aus Behelfssiedlungen, keinen oder nur beschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung sowie die Ausgrenzung von Kindern aus dem Schulsystem. Es ist inakzeptabel, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits jetzt Anträge von Roma aus diesen Staaten fast ausnahmslos als offensichtlich unbegründet ablehnt.

"Jeden Monat gibt es aus Deutschland Sammelabschiebungen nach Serbien und Kosovo. Die meisten der unfreiwilligen Passagiere sind Roma, die in diesen Ländern existenzbedrohenden Diskriminierungen ausgesetzt sind. Hans-Peter Friedrich unterstellt den Flüchtlingen aus Serbien und Mazedonien, die zumeist Roma sind, "Asylmissbrauch". Wir wehren uns gegen diese von rassistischen Stereotypen geprägte Politik und fordern einen verantwortungsvollen Umgang mit Roma und anderen Flüchtlingen, die hier Schutz suchen", so Kenan Emini vom Roma-Center Göttingen.

Syrien-Flüchtlinge aufnehmen

PRO ASYL kritisiert, dass die Tagesordnung der Innenministerkonferenz nicht vorsieht, sich mit der Problematik syrischer Flüchtlinge und der Notwendigkeit eines Aufnahmeprogramms zu befassen. Die Bereitschaft der Bundesregierung, die Nachbarstaaten bei der Aufnahme von Syrienflüchtlingen finanziell zu unterstützen, darf nicht die einzige Antwort auf die Situation in den Nachbarstaaten Syriens sein. Wer die Bereitschaft der Erstaufnahmestaaten zur großzügigen Flüchtlingsaufnahme erhalten will, muss seinerseits bereit sein, Flüchtlinge aufzunehmen. PRO ASYL fordert eine deutliche Ausweitung des Resettlement-Programms über die insgesamt von der Bundesregierung zugesagten 300 Plätze. Dass eineinhalb Jahre nach Beginn des bewaffneten Konfliktes in Syrien und der Flucht Zehntausender Menschen hierzulande nicht einmal ein vereinfachtes Visumverfahren für Familienangehörige von in Deutschland lebenden Syrern angeboten wird, ist inakzeptabel. Die Innenministerkonferenz darf zum Thema der Syrien-Flüchtlinge nicht schweigen.

Kettenduldungen beenden: Bleiberechtsregelung dringend erforderlich

Die Innenministerkonferenz nimmt PRO ASYL zum Anlass, die Länder aufzufordern, endlich den Weg freizumachen für eine Bleiberechtsregelung, mit der die Situation von langjährig geduldeten Menschen wirksam und dauerhaft verbessert wird. Zahlreiche Länderinitiativen liegen im Bundesrat auf dem Tisch. Nach Zahlen vom August 2012 leben mehr als 85 000 Menschen in Deutschland lediglich mit einer Duldung, die Hälfte von ihnen schon länger als sechs Jahre. Bereits diese Zahlen sprechen für die Notwendigkeit einer aufenthaltsrechtlichen Regelung mit Dauerwirkung, die nicht mehr nur an einen in der Vergangenheit liegenden Stichtag anknüpft.

Betroffen von der politischen Stagnation beim Thema Bleiberecht sind insbesondere auch Kinder. Denn 12 000 Geduldete sind minderjährig. Aus den Zahlen der Bundesregierung ergibt sich, dass es nur knapp 1 200 Jugendliche geschafft haben, die bisher für sie geltenden Kriterien der Bleiberechtsregelung für "gut integrierte Jugendliche" zu erfüllen. Das liegt nicht am mangelnden Willen der Betroffenen, sondern an den Bedingungen dieser Regelung - etwa den starren Altersgrenzen, die nur Anträge von 15 bis 20-jährigen zulassen.

Parallel zur Innenministerkonferenz findet ein Protestprogramm der "Jugendlichen Ohne Grenzen" (JOG) statt. Am gestrigen Mittwoch demonstrierten zahlreiche von Duldungen betroffene Jugendliche und Erwachsene mit vielen Unterstützerinnen und Unterstützern unter dem Motto "Dulden heißt Beleidigen" für ein Bleiberecht. Am heutigen Abend wird in Rostock bei einer Gala-Veranstaltung der Jugendlichen ohne Grenzen in Rostock der "Abschiebeminister 2012" gewählt. "Die 85.000 geduldeten Flüchtlinge leben in ständiger Angst vor der Abschiebung, das obwohl wir hier zur Schule gehen und hier unsere Freunde haben. Wir fordern ein Bleiberecht für uns und unsere Familien", erklärt Nurjana Arslanova von Jugendliche ohne Grenzen.

Quelle: PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Pressemitteilung vom 06.12.2012.

Veröffentlicht am

07. Dezember 2012

Artikel ausdrucken

Weitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von