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Strafbefehl über 1.500 Euro wegen Leopard 2-Protest

Krauss-Maffei Wegmann in Angst vor Geheimnisverrat / Verhandlung vor dem Amtsgericht München am 14.2.2013

Von Martin Singe

Der Friedensaktivist Hermann Theisen aus Heidelberg hat ausgerechnet am Menschenrechtstag, dem 10.12.2012, einen Strafbefehl des Münchener Amtsgerichts erhalten, in dem er zur Zahlung einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 30,-Euro aufgefordert wird. Der Vorwurf lautet "öffentliche Aufforderung zu Straftaten nach § 111 StGB". Theisen hatte im Juli vor den Panzerschmieden Krauss-Maffei Wegmann (KMW) in München und Rheinmetall in Düsseldorf Flugblätter an die Angestellten verteilt, in denen diese zu Boykott- und Sabotagehandlungen gegen den geplanten Panzer-Deal aufgefordert wurden.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein und gab es nach Heidelberg, dem Wohnort von Theisen, ab. Von der Staatsanwaltschaft Heidelberg wurde das Verfahren wenig später mit folgender Begründung eingestellt: "In dem von Hermann Theisen übersandten Aufruf sind keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen verfolgbarer Straftaten zu erkennen, sodass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen war. Insbesondere ist dem Aufruf des Hermann Theisen die im Rahmen des § 111 StGB erforderliche ernsthafte Aufforderung zur Begehung rechtswidriger Taten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit zu entnehmen."

Ganz anders sieht dies aber das Landgericht München in seinem Beschluss über die Beschwerde gegen die Beschlagnahme der Flugblätter: "Es sind (dringende) Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für die Einziehung der Flugblätter nach § 74 StGB vorliegen, da sie für die Begehung einer Straftat nach § 111 StGB bestimmt waren." Und im Strafbefehl des Amtsgerichts München heißt es folglich: "Sie beabsichtigten hierdurch, die Mitarbeiter der Firma Krauss-Maffei Wegmann dazu zu bringen, zur Durchsetzung Ihrer politischen Ziele Straftaten zum Nachteil ihres Arbeitgebers zu begehen, insbesondere durch die von Ihnen intendierten Handlungen die Straftatbestände des Ausspähens von Daten (§ 202 StGB), der Datenveränderung (§ 303 StGB) und des Verstoßes gegen das Urhebergesetz (§ 17 I UWG) zu erfüllen. Sie werden daher beschuldigt, öffentlich durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) zu einer rechtswidrigen Tat aufgefordert zu haben, strafbar als öffentliche Aufforderung zu Straftaten nach § 111 StGB."

Der Heidelberger Rechtsanwalt Martin Heiming (Vorsitzender des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins) wird Theisen verteidigen und hat Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, womit es nun am 14.2.2013 zu einer Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht München kommen wird.

Dabei wird es um spannende rechtspolitische Fragen gehen: Inwieweit plant Krauss-Maffei Wegmann tatsächlich, Leopard 2-Panzer an Saudi-Arabien zu liefern? Wäre dies rechtmäßig oder rechtswidrig? Würde sich ein Mitarbeiter überhaupt strafbar machen, wenn er diesbezügliche Informationen der Öffentlichkeit preisgibt? Gibt es einen rechtlichen Schutz für illegale Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse? Unter welchen Voraussetzungen ist Whistleblowing strafbar? Und vor allem: Ist der Aufruf nicht zusätzlich gedeckt durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung?

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie sieht in dem Strafvorwurf eine Verletzung bürgerlicher Grundrechte. Theisen hat in einer existentiellen Frage sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen. Dass die Bundesregierung autoritäre menschenrechtsverletzende Regime mit Panzern aufrüsten will, ist der eigentliche Skandal. Aus dem Friedensgebot des Grundgesetzes ergibt sich die Pflicht für alle Bürgerinnen und Bürger, friedensgefährdenden Handlungen offensiv entgegenzutreten.

Quelle:  Komitee für Grundrechte und Demokratie - Erklärung vom 03.01.2013.

Veröffentlicht am

03. Januar 2013

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