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In Mali steht EU-Europa am Scheidewege zwischen Kriegs- und Friedenspolitik

Erklärung des Grundrechtekomitees zum Krieg in Mali

Von Andreas Buro und Martin Singe

Was geschah: Ein lange vorbereiteter und dann scheinbar plötzlicher Einsatz der französischen Kolonialtruppen in Mali. Begeisterte Zustimmung in Frankreich. Beschwörung einer "natürlichen" Gefolgschaftstreue in europäischen Medien. Es wird klar, der Krieg um Mali soll nach dem Willen der herrschenden Kräfte eine EU-europäische Angelegenheit werden. Ferner deutet sich eine Aufgabenteilung der ‘Westmächte’ an. Um das US-Kommando Africom, das sich einst der Ausbildung von afrikanischen Anti-Terroreinheiten widmete, ist es merkwürdig still geworden. Die USA wenden sich offensichtlich dem Pazifik zu, und die EU übernimmt "the white men’s burden" für Afrika.

Angeblich geht es wieder um die Verteidigung humaner Werte, doch darum ging es doch nie, außer in der medialen Propaganda. Wir erinnern uns, dass Frankreich im Massaker der Hutu an den Tutsi nicht die Opfer schützte, sondern deren Mörder. Wir erinnern auch an die Kolonialzeit, in der England, Frankreich, Holland, Belgien, Spanien, Portugal, Italien und auch Deutschland sich wie die Hyänen auf Afrika stürzten. Soll dies nun als gemeinschaftliche Aktion wiederholt werden - wie üblich mit Hilfe einheimischer Truppen? In Deutschland waren sie zu Kolonialzeiten als Askari wohl bekannt.

Wir verweisen ferner auf die großen Rohstoffinteressen: Uran in Niger für die französischen AKWs, das vom weltgrößten Atomanlagenbauer Areva dort abgebaut wird, Öl im angrenzenden Tschad und vermutlich Öl- und andere Rohstoffvorkommen in Mali selbst.

Die französische Regierung hat als Kriegsziel die Wiederherstellung Malis als Gesamtstaatswesen genannt. Mali ist doppelt so groß wie Afghanistan und hat die Größe von Spanien, Frankreich und halb Deutschlands. Der wirkliche Kampfplatz dürfte jedoch viel größer werden, nämlich die riesige Sahel-Zone, die sich von West bis Ost quer durch Afrika zieht und in der Grenzen kein wesentliches Hindernis für Guerilla-Kämpfer darstellen, die aus allen Himmelsrichtungen einströmen können. Diese werden zudem von mit dem Westen befreundeten Ölstaaten mit Geld und Waffen unterstützt. Das militärisch zu stemmen, wird sehr viele Soldaten und enorme Summen der schwer verschuldeten EU-Staaten erfordern. Außerdem wird es höchst wahrscheinlich eben so wenig zum Ziel führen, wie fast alle Interventionskriege nach 1945. Die Generäle sollten schon jetzt über Exitstrategien nachdenken.

Statt des sich andeutenden Rückfalls in militärische Beherrschungspolitik muss Europa in dieser Zeit der globalen Machtverschiebungen eine Politik entwickeln, die auf Deeskalation von Konflikten setzt, nach politischen Lösungen in Dialogen sucht, die damit humanitäre Hilfe verbindet und bemüht ist, Vertrauen aufzubauen. EU-Europa könnte Vermittlungshilfe leisten, wenn es darum ginge Dialoge oder ‚Shura’ zwischen islamischen Gruppen und den vielen Ethnien zu ermöglichen und es könnte die dafür erforderliche Infrastruktur anbieten.

In dem Vielvölkerstaat Mali gibt es durchaus Ansatzpunkte für solche Prozesse. Zu erinnern ist an die langjährigen Konflikte und Friedensbemühungen mit den Tuareg, deren Anliegen von der politischen Klasse in Bamako vernachlässigt wurden. Eine Demokratisierung des Landes ist überfällig, wobei es auch um Angebote für Dezentralisierung und Autonomie gehen muss. Der zur Zeit blockierte Dialog mit der islamischen Ansar Dine ist wieder in Gang zu bringen, wie auch der zwischen Repräsentanten des traditionellen, gemäßigten Sufismus und dem von außen kommenden Wahabismus. Dominic Johnson berichtet, dass von vier von den USA (Africom) zur Terrorbekämpfung ausgebildeten malischen Eliteeinheiten mittlerweile drei zu den Rebellen übergelaufen seien. Das hat sicher einen Grund. Auch hier gäbe es Raum für Verhandlungen, zumal mittlerweile auch den malischen Soldaten auf der Seite der Franzosen terroristische Verhaltensweisen vorgeworfen werden.

In Mali geht es nicht allein um irgendeinen von Rohstoffausbeutung bestimmten Konflikt. Dort wird vielmehr von den EU-Staaten entschieden, ob sie militärische Dominanz in Afrika anstreben oder sich um eine zivile friedenspolitische Lösung von Konflikten und eine Kooperation zugunsten aller Beteiligten bemühen wollen. In Mali steht EU-Europa am Scheidewege zwischen Kriegs- und Friedenspolitik.

Prof. Dr. Andreas Buro ist Friedenspolitischer Sprecher des Komitee für Grundrechte und Demokratie,

Martin Singe ist Sekretär des Komitees

Quelle:  Komitee für Grundrechte und Demokratie - Pressemitteilung vom 25.01.2013.

Veröffentlicht am

25. Januar 2013

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