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Atomverhandlungen: Kleine Fische braten

Es gab beim Treffen der 5+1-Staaten mit dem Iran in Almaty keinen Durchbruch. Das wird sich erst ändern, wenn es zur Inventur der Beziehungen Washington-Teheran kommt

Von Lutz Herden

Die Verhandlungsrunden über den Iran noch zählen zu wollen, lohnt der Mühe nicht. Kam nun eine weitere im kasachischen Almaty hinzu, schienen zumindest die Fronten nicht wie üblich verhärtet zu sein. Die Iraner haben ein halbes Gesprächsangebot von US-Vizepräsident Biden auf der Münchner Sicherheitskonferenz leidenschaftslos, aber nicht abweisend registriert. Die sogenannte 5+1-Gruppe (die fünf Veto-Mächte des UN-Sicherheitsrates und Deutschland) wollen Sanktionen beim Gold- und Ölhandel lockern, falls Teheran nicht länger Uran auf bis zu 20 Prozent anreichert, woraus sich relativ schnell waffentaugliches Material gewinnen lässt. Der Tausch Sanktionsnachlass gegen Anreicherungsverzicht wäre ein Deal - kein Durchbruch. Solange der Iran im Westen als Außenseiter der Weltgemeinschaft gilt, wird seine Nuklearforschung unter Verdacht stehen, nicht allein zivilen Zwecken zu dienen. Egal, welche Kontrollrechte der Internationalen Atomenergie-Agentur IAEA auch immer zugestanden werden. Ändern können das nur die USA.

Denn jede US-Regierung seit dem Sturz des Schah Anfang 1979 erweckt den Eindruck, sie betrachte die islamische Ordnung im Iran als Übergangsphänomen. Ein Regimewechsel sei wünschenswert. Notfalls müsse äußerer Druck nachhelfen, um wieder ein pro-westliches Regime zu etablieren.

Präsidentengattin Michelle Obama verschafft sich genau dann einen Auftritt bei der Oscar-Verleihung, wenn mit Argo ein antiiranischer Film ausgezeichnet wird.

Mut zur Sicherheitspartnerschaft

Solange sich die Amerikaner derart verhalten, wird es kein Ende des Atomstreits geben. Schließlich umfasst das iranische Atomprogramm mehr als den Reaktorkomplex Bushehr oder die Urananreicherung in Natans. Mit all dem verbindet sich ein Anspruch auf Souveränität und politische Identität, der nicht verhandelt, sondern nur respektiert oder negiert werden kann. Das Atomprogramm dient längst als Vehikel zur Emanzipation der iranischen Theokratie. Das Eine gäbe es nicht ohne das Andere. Beseitigen lässt sich nur beides oder gar nichts. Weil das so ist, will die Führung der Islamischen Republik statt eines Limits für angereichertes Uran lieber Beziehungen mit den USA aushandeln, die ihr die Existenzangst nehmen. Und die beste Gewähr für Koexistenz zwischen unvereinbaren Gesellschaftssystemen wäre eine vereinbarte Sicherheitspartnerschaft. So könnten die USA garantieren, dass dem Iran weder mit Kernwaffen gedroht noch durch deren Einsatz geschadet wird. Immerhin verfügt Israel über Nuklearraketen, mit denen sich jederzeit angreifen ließe. Das Argument, dieses Arsenal würde im Iran nur deshalb als Bedrohung empfunden, weil dort ein extrem israelfeindliches Regime herrsche, ändert nichts an der fehlenden Sicherheitsbalance zwischen zwei Regionalmächten. Solange Israel nicht auf seine Bestände verzichtet (und danach sieht es nicht aus), belastet Teheran eine Sicherheitslücke, zu schließen durch externe Sicherheitsgarantien, am besten der USA, oder eigene Kernwaffen. Bislang entfällt Variante eins. Folglich gilt die andere als wahrscheinlich. Solange der Westen dem Iran signalisiert, ein feindliches Land zu sein, wird der sich entsprechend verhalten. Der Verhandlungsertrag von Almaty wird das bestätigen, dort werden bestenfalls kleine Fische gebraten.

Quelle: der FREITAG   vom 01.03.2013. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

Veröffentlicht am

03. März 2013

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