Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Jean Goss - Kämpfer für Gewaltfreiheit

Zusammenfassung des Vortrags von Hildegard Goss-Mayr bei der internationalen Tagung "Jean Goss. Ein Leben für Gewaltfreiheit" am 8. und 9. Juni 2012 im Haus der Begegnung in Innsbruck

Von Hildegard Goss-Mayr

Liebe Freundinnen und Freunde, geehrte Anwesende!

In jedem Menschen liegt eine unauslotbare Tiefe. Auch nach dreißig Jahren Ehe bleibt für mich das wirkliche Sein von Jean Goss Stückwerk. Und das ist gut so: so bleiben wir immer unterwegs, um uns in immer größerer Tiefe zu begegnen.

Heute Abend versuche ich, einige Aspekte von Jeans Persönlichkeit und Zeugnis hervorzuheben, die für unsere Friedensarbeit von besonderer Bedeutung sind.

Wie wurde Jean Goss zu einem Kämpfer für Gerechtigkeit?

Dafür müssen wir einen Blick auf seine Wurzeln, auf Kindheit und Jugend richten:

Sein Vater, Paul Goss, stammt aus einer protestantischen Familie und verliert früh seine Eltern. Er steht unter dem Einfluss anarchistischer Strömungen der Zeit. Paul Goss hat eine wunderbare Stimme, was ihm 1914 zu einem Engagement an der Pariser Oper verhilft. Im Ersten Weltkrieg wurde er wegen Befehlsverweigerung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt und verliert in dieser Zeit seine Stimme. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Familie schon drei Kinder.

Jeans Mutter, Jeanne Boni, kommt aus der Lyoneser Bourgeoisie, sie ist gläubige Katholikin und eine starke Frau, die die Familie trägt, den Kindern Glauben und Vertrauen ins Leben vermittelt.

Wanderleben: Auch nach seiner Rückkehr kann Paul sich nicht unterordnen: ständig ist er auf Arbeitssuche in einer Stadt oder als Pächter auf Bauernhöfen, was sich stets als Fehlschlag erweist. Für die Kinder bedeutet dies harte Arbeit. Jean ist der zweitälteste von fünf Kindern. Sie leben in großer Armut, ja, Elend, eine regelmäßige Schulbildung ist unter diesen Umständen nicht möglich. Er besucht Abendkurse, wird zum Self-made Man. Eine enge Bindung der Geschwister untereinander gibt es durch gemeinsames Musizieren.

Gewerkschaft: Mit 16 Jahren erlebt Jean als ungelernter Arbeiter in einer Buchbinderei in Bordeaux erstmals das Unrecht gegenüber den Schwachen: Die Gewerkschaft wird für ihn das erste Instrument, für Gerechtigkeit einzutreten.

1930 findet die Familie endlich einen festen Wohnsitz in Paris-Arcueil, einem roten südlichen Vorort. Der Vater wird Leiter einer Operettenkompagnie - und verlässt die Familie. Es ist die Zeit der ,Großen Depression’ - Jean sucht lange Arbeit und wird schließlich bei der SNCF (der französischen Eisenbahn) angestellt.

Resumé: Wegen dieser Erfahrungen in seiner Kindheit und Jugend bleibt Jean sein Leben lang an Seiten der Armen und Unterdrückten. Er ist zutiefst ergriffen von Unrecht und Leid der Menschen. Er behält die Sprache des Gewerkschafters, schreit das Unrecht hinaus, um die Gewissen aufzurütteln. In der Gewerkschaft entdeckt er die Kraft der Wahrheit und die Solidarität als Kraft der Veränderung und Befreiung.

Wie wurde Jean Goss zum Kämpfer für Gewaltfreiheit?

Jean wächst als engagierter, doch traditioneller Christ auf. Im 2. Weltkrieg wird er 1940 als Unteroffizier eines nahezu vollständig algerischen Regiments eingezogen.

In der Schlacht um Lille, um die Flucht der alliierten Truppen von Dünkirchen nach England zu sichern, kämpft Jean erbittert, Tag und Nacht, mit Panzerabwehr gegen die Übermacht. Es gibt zahlreiche Tote, aber Jean erhält aufgrund seines heldenhaften Kampfes hohe Auszeichnungen. Er ist erschöpft und entmutigt, da er nicht Nazis, sondern einfache Menschen tötet. In dieser Situation kommt es zur Wende seines Lebens: (Buch S.22)

"Eines Tages, mitten im 2. Weltkrieg, kurz vor meiner Gefangennahme, erwachte ich plötzlich wie außer mir: Mit einer ungeheuren Kraft brachen Friede und Freude in mir aus. Ich hätte mein Glück hinausschreien können. ich war erfüllt von Vertrauen, Gewissheit und Frieden, völlig unverständlich, denn ich war ja mitten im Krieg. Es war mir, als schwebte ich über den Menschen, die alle nach irgendetwas zu laufen schienen, das sie gänzlich fesselte. Und gleichzeitig durchdrang meine Seele eine immense Liebe zu ihnen: Ich liebte sie!"

"Ein tiefes Verlangen, den Menschen dieses unendliche Glück weiterzugeben, erfüllte mich. Und ich erhielt die Antwort: ,Ich bin der Vater all dieser Menschen! Ich liebe sie mehr als alles, was du dir vorstellen kannst… Ich habe sie erschaffen, damit sie Gott seien mit MIR, das heißt, dass sie lieben, wie ich sie geliebt habe, bis zur Hingabe ihres Lebens füreinander.`" und Jean erhaät den Auftrag: "Lehre sie, einander zu lieben, so wie ich sie liebe." (Brief an Edmund Stinnes, 6. Februar 1980 - Buch S. 22)

Resumé: In dieser Gottesbegegnung offenbart sich Jean die EINHEIT und unantastbare WÜRDE aller Menschen: Freund und Feind.

Die TOTALE Gewalt, die er erlebte, kann nur durch die sich hinschenkende unbedingte LIEBE, die auch den Feind einschließt, die sich in Jesus offenbart, überwunden werden.

Diese Liebe ist für ihn "Wahrheit und Gerechtigkeit. Sie ist aktiv, dynamisch, aggressiv gegen das Böse und gegen Ungerechtigkeit, nicht aber gegen den Menschen, Leben spendend auf allen Ebenen und erlösend, das heißt, sie zahlt für die Schuld des anderen." (Buch S. 145) Diese Liebe sieht er gelebt, verwirklicht und ganz und gar erfüllt in Jesus Christus.

Er entdeckt hierin seine BERUFUNG: diese umwälzende Kraft der Gewaltfreiheit in seinem Leben und seinem Engagement einzusetzen. Das bedeutete für ihn oft, zwischen den Fronten zu stehen, gegen den Strom zu schwimmen, der Zeit voraus zu sein. In tiefer und sehr persönlicher Verbindung mit Jesus blieb er sein Leben lang diesem Auftrag treu.

Wie hat Jean Goss sein Engagement in der Welt wahrgenommen?

Auch hier kann ich nur einige Punkte auswählen.

Die Nachkriegszeit der 50er bis 90er Jahre ist gekennzeichnet vom Kalten Krieg und unterdrückerischen Diktaturen.

Jean Goss bemüht sich, den Dialog über alle Grenzen hinweg zu fahren; die Wahrheit des Gegners zu entdecken, ihn als Menschen zu achten; die eigene Wahrheit zu bezeugen und so das Gewissen aufzurütteln. Er wird zum Geburtshelfer für die verborgene Kraft der Menschlichkeit und Gerechtigkeit, die in jedem Menschen liegt. Dieses Engagement führt ihn über den Eisernen Vorhang in die Sowjetunion, nach Polen, auf den Balkan.

Bald erkennt er die Notwendigkeit einer vertiefenden Schulung in Gewaltfreiheit, um das Leben und Kämpfen aus dieser Kraft vorzubereiten. Er halt ungezählte Seminare in Spiritualität und Praxis der Gewaltfreiheit. Diese beiden Elemente bleiben untrennbar miteinander verbunden.

Zwei Beispiele beleuchten die Bedeutung dieser Arbeit:

Zaire (DR Kongo) 1987 und 89

Unter Diktator Mobutu war Jean zweimal zu Schulungen in Zaire. Abbe Achille Nzengu, der Jean begleitete, berichtet: "Als Jean Zaire besuchte, wurde das Land von einer Militärdiktatur und ihrer Einheitspartei regiert. Jede abweichende politische Meinung wurde gewaltsam unterdrückt (Verhaftungen, Entführungen, Folter, Ermordungen). Die Bevölkerung lebte in ständiger Angst, unter Verdächtigungen und Einschüchterungen. In dieser Situation erschien Jean überraschend wie ein völlig freier Mensch, der keine Angst hat, der es wagt, die Wahrheit zu sagen, die ganze Wahrheit.

Eine erste Wirkung, die das Zeugnis von Jean hatte, war, das Gewissen der Teilnehmer aufzurütteln, um sie herauszufordern und Verantwortung für die Gesellschaft wahrzunehmen … sich aufzurichten und zu kämpfen, nicht gegen den Übeltäter, sondern gegen das Böse, das er inkarniert. Eine weitere Frucht von Jeans Arbeit war die Befreiung von der Angst: Von der Angst, die Wahrheit zu sagen, das Unrecht anzuprangern, Verantwortung auf sich zu nehmen… Eine weitere Auswirkung der Botschaft war die Umkehr der Gewissen und Herzen nicht weniger Teilnehmer. Eine Umkehr zu den Werten der Wahrheit, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe zum Nächsten bis zur Feindesliebe und Schuldvergebung. - Ein anderes wichtiges Ergebnis von Jeans Aufenthalt war die Wiederentdeckung der Botschaft Jesu als Quelle der Inspiration für soziales und politisches Handeln …" (Buch S.97f).

Aus den Seminaren von Jean gingen Gruppen hervor, die sich bis heute für größere Gerechtigkeit einsetzen, wie z.B. in Lubumbashi die Gruppe GANVE (Groupe d’Action Non-violente Evangdlique), die sich mit großer Durchhaltekraft bis heute gegen ethnische Vertreibung, für eine Grundschule für alle, für Menschenrechte in den Minen usw. einsetzt.

Philippinen (1984- 86)

Unter der Diktatur von Präsident Marcos sind wir eingeladen den gewaltfreien Widerstand "People Power" durch Seminare vorzubereiten. Ein Teilnehmer, Soc Banzuela, berichtet:

"1984 hatte ich gerade mein Studium beendet und im Rahmen einer NGO begonnen, Landarbeiterfamilien, die bei der Kokosernte beschäftigt waren, für Aktionen zur Durchsetzung von Gerechtigkeit auszubilden. Sie wurden in schlimmster Weise ausgebeutet. Während der acht Monate meines Aufenthaltes wurden zehn Menschen ermordet. Auch ich stand auf der Todesliste. … Mir erschien eine bewaffnete Revolution unabwendbar, und ich bereitete mich darauf vor, mich der New People’s Army anzuschließen. Gerade in diesem Moment schickte mich meine Organisation zur Teilnahme an dem fünftägigen Seminar über aktive Gewaltfreiheit, das von Jean und Hildegard Goss durchgeführt wurde.

Ich war skeptisch. Doch nach und nach im Verlauf des Seminars wurde meine Überzeugung völlig umgekrempelt. Ich erkannte die zerstörerischen Auswirkungen von Passivität und Gegengewalt, indem ich über meine eigene Gewalt nachdachte; ich entdeckte die wahre Bedeutung der aktiven Gewaltfreiheit und die unbedingte Achtung, die jedem Menschen gebührt. Ich musste der Theologie des gerechten Krieges, die ich erlernt und in den Basisgemeinden gelehrt hatte, eine Absage erteilen. Jean und Hildegard halfen uns zu verstehen, dass auch die Opfer der Umkehr bedürfen und sich von ihrer Mitwirkung am Bösen befreien müssen. Das bedeutet, uns selbst, wie auch die Strukturen umzugestalten. Wir mussten die Methoden der Gewaltfreiheit an unseren eigenen Problemen zur Anwendung bringen.

Ja, dieses Seminar hat mich im Tiefsten erschüttert. Seither hat sich mein Leben völlig verändert. Unaufhörlich habe ich die Gewaltfreiheit angewandt: In meiner eigenen Familie und in meiner Gemeinschaft; bei meinen Bemühungen um die Durchsetzung der politischen und sozialen Reformen, indem ich Gruppen von Bauern, Fischern oder der indigenen Bevölkerung in ihrem Kampf um die Wiederherstellung ihrer Würde und ihrer Rechte unterstützte." (Buch S. 104)

Einsatz für die Erneuerung der Kirche aus dem Geist der Bergpredigt - eine Friedenskirche?

Jean liebte die Kirche mit einer starken Liebe, als die Gemeinschaft der auf Jesus Christus Getauften, und setzte sich vehement dafür ein, sie zur ursprünglichen Radikalität der Gewaltfreiheit und Feindesliebe Jesu zurückzuführen: eine friedenschaffende Kirche, die Gewalt und Krieg mit Entschiedenheit zurückweist. Er litt an dem Verrat dieser Kernbotschaft Jesu. Wie alle Mystiker war er den kirchlichen Institutionen voraus und stieß häufig auf Unverständnis und Abweisung.

1945 kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft in das zerrissene und verarmte Frankreich zurück, engagierte sich mit Abbè Pierre und den Arbeiterpriestern auf Seiten der Armen, die damals großteils Kommunisten waren. 1956 schreibt er:

"Diese Woche sind die Auseinandersetzungen sehr, sehr hart. Die Kommunisten wollen die Intervention der Sowjetunion in Ungarn (4. November 1956) nicht verurteilen. Das führt zu viel Misstrauen und zu harten Verurteilungen unter uns Christen wie zwischen uns und den Kommunisten… Ich leide schrecklich unter dieser Situation, denn ich liebe die Kommunisten aus ganzem Herzen. Ich verstehe ihre Lebensweise, kenne ihren Glauben, ihre Zielsetzungen und ihre Sehnsüchte. Ich sehe auch ihre Irrtümer, ihre Fehler, ihre Taktik. Und wenn ich erlebe, wie meine Priester gegen sie lieblose Anschuldigungen erheben, dann ist mein Herz so zerrissen wie das einer Mutter, zu der man sagt: Ihr Sohn ist ein gemeiner Mörder.

Doch welches Antlitz Christi hat unsere Kirche den Kommunisten gezeigt? Haben die Christen ihnen einen Blick der Liebe geschenkt? Es ist zum Weinen. Und ich leide schrecklich wegen dieser Haltung meiner Kirche, die ich gleichfalls wie eine Gattin liebe." (Brief an Hildegard Mayr, 29. November 1956 - Buch S. 66f)

In den 50er Jahren herrscht der Kalte Krieg und rasante atomare Aufrüstung. Die katholische Kirche schweigt dazu. Jean erfährt, dass ein Prälat der römischen Kurie, Msgr. Alfredo Ottaviani, den Krieg verurteilt habe. Er fährt nach Rom, verschafft sich Zugang zu dem Prälaten und gibt zwei Stunden hindurch sein Zeugnis als Soldat, der viele Unschuldige getötet hat und ausgezeichnet wurde, seine Begegnung mit dem gewaltfreien Gott der Liebe, der alle Menschen ausnahmslos liebt. Er spricht von der Dringlichkeit eines Friedenszeugnisses der Kirche im Kalten Krieg, vom Recht auf Dienstverweigerung. Ottaviani ist erschüttert: Die Kirche ist noch nicht so weit. Doch geh’ und sei Zeuge des gewaltfreien Gottes in der Kirche und in der Welt.

Seit dieser Begegnung im Vatikan wusste Jean: sich gewaltfrei für die Umkehr der Kirche einzusetzen bedeutet immer zweierlei: zum einen, an der Basis die aus dem Evangelium gewonnene Wahrheit in der konkreten Situation zu leben, und zum andern, sie zugleich unentwegt an die Kirchenführung heranzutragen, auch dann, wenn diese noch so verschlossen und rückschrittlich ist. Den Andern, den Gegner, lieben heißt, dessen persönliche Überzeugung achten, ihn für würdig halten, mit der erkannten Wahrheit konfrontiert zu werden, ihm zuzutrauen, dass Gott sein Herz und seinen Geist zu wandeln vermag. (H. Goss-Mayr, Wie Fein de Freunde werden, S.36) Das gilt auch für heute!

Während des 2. Vatikanischen Konzils nahmen wir unsere Verantwortung als getaufte Christinnen und Christen wahr, die Friedensfrage, die die ganze Welt erschütterte, in das Konzil einzubringen und auf konkrete Schritt zu drängen.

Unermüdlich, während aller vier Sitzungsperioden, bauen wir eine Friedenslobby mit europäischen und US-Friedensgruppen/Persönlichkeiten auf, gewinnen Konzilstheologen wie Karl Rahner, Yves Congar oder Bernhard Häring dafür, Vorschläge auszuarbeiten; wir haben Kontakt zu etwa 200 Bischöfen und gewinnen Kardinal König und andere, unsere Vorschläge einzubringen. Es war eine einzigartige Stimmung des Aufbruchs und freimutiger, offener Auseinandersetzung.

Unsere wichtigsten Punkte waren folgende:

  • den modernen Krieg und die Herstellung von ABC-Waffen und deren Verwendung zur Abschreckung zu verurteilen,
  • die Gewaltfreiheit Jesu als Leitlinie für die Friedenslehre und das Friedensengagement der Kirche anzuerkennen,
  • das Recht auf Militärdienstverweigerung und den Ungehorsam gegen unmoralische Befehle und Gesetze zu bekräftigen.

In Kapitel 5 von Gaudium et spes wurde nur ein Teil der Forderungen angenommen, doch war damit der Anstoß für eine Weiterentwicklung durch Johannes Paul II (Versöhnungsbitten) und Benedikt XVI gegeben.

Doch weit über die theologische Entwicklung hinaus haben ganze Völker, meist über Initiative von Gläubigen, gewaltfrei gegen Diktatur und Unterdrückung gekämpft: in Polen mit Solidarnosc, in der DDR mit der Evangelischen Kirche, in den Philippinen mit engagierten Bischöfen, in Lateinamerika mit christlichen Basisgemeinden, heute in Tunesien, Ägypten und selbst in Syrien, unter lebensgefährlichen Bedingungen, vielfach mit gläubigen Muslimlnnen und jungen Humanistinnen, die die Gewalt als Befreiungsweg zurückweisen…

Jean Goss hat gemeinsam mit anderen eine Saat ausgesät, die weitergetragen wird und in den heutigen Bedingungen Frucht trägt, denn nichts ist verloren, was aus der befreienden und heilenden Kraft der Liebe getan wird.

Zum Abschluss zitiere ich die Worte von Bischof Antonio Fragoso aus Nordostbrasilien, mit dem wir durch Jahre zusammengearbeitet haben, zum Tod von Jean:

"Jean erfüllte stets die Leidenschaft des Propheten. Er war impulsiv. Aus seinen Worten sprach eine kraftvolle, eindeutige Verurteilung aller Formen von Unrecht und Unterdrückung. Diese Radikalität stammte aus einer tiefen Glaubenshaltung. Für ihn ist die Liebe, ist der Mensch etwas Absolutes. Rührte er an den Menschen mit seiner angeborenen Würde, so begegnete er Gott. Das ganze Gesetz des Volkes Gottes ist in einem einzigen zusammengefasst: Liebe. Eine Liebe, stark wie eine Lawine, die sich nicht scheut, sich allen Formen der Gewalt, selbst den brutalsten, entgegenzustellen. Die Kraft, die von Jean ausging, und die ich selbst mehrmals erlebte, war die eines Sturmes. Doch zugleich war Jean ein Mensch des Herzens. Sensibel, verständnisvoll, erfüllt von radikaler Liebe. Ja, er hätte vor Liebe sterben können. Ich glaube, die Quelle seiner Zärtlichkeit ist Jeans Leidenschaft für den Gott der Liebe. Jean liebte die Wahrheit ausnahmslos; auch die der Gegner und der Feinde. Möge er bei dem barmherzigen Gott für uns eintreten, damit die Kirche und alle Religionen bereit werden, die starke und sanfte Gewaltfreiheit Gottes zu leben." (Buch S. 89f)

Quelle: Spinnrad Nr. 2 / 2012 - Zeitschrift des Internationalen Versöhnungsbundes - Österreichischer Zweig .

Hildegard Goss-Mayr, Jo Hansens: Jean Goss. Mystiker und Zeuge der Gewaltfreiheit. ISBN 978-3-8436-0172-6, € 15,40.

Veröffentlicht am

18. August 2012

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