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Safari: Etwas für die Muskeln tun

Während seines Trips in den Senegal, nach Südafrika und Tansania war US-Präsident Barack Obama bemüht, das Image einer uneigennützigen Supermacht zu pflegen

Von Konrad Ege

Nelson Mandelas ehemalige Gefängniszelle auf Robben Island wurde besucht, ebenso die Festung im senegalesischen Gorée, von der aus Abertausende Afrikaner als Arbeitssklaven auf den amerikanischen Kontinent verschleppt wurden. Löwen, Gorillas und Elefanten gab es nicht zu sehen. Von Militärpolitik wurde wenig gesprochen. Barack Obama hat Afrika besucht. Ein Ereignis von offenbar begrenzter Konsequenz. Die USA stoßen an Grenzen.

Als junger Mann Anfang der siebziger Jahre müsste Barack Obama eigentlich das Buch Afrika - Die Geschichte einer Unterentwicklung gelesen haben. Darin stellte der Historiker Walter Rodney aus Guyana das damals in Westeuropa und in den USA gängige Narrativ infrage, der "schwarze Kontinent" sei unterentwickelt, was widrigen Naturumständen wie eigenem Versagen geschuldet sei. Nicht so, protestierte Rodney in seinem bahnbrechenden Werk: Die Kolonialmächte hätten Afrika ausgebeutet und ganz bewusst "unterentwickelt", um sich selbst großen Reichtum zu sichern. Obama lässt Rodney offenbar nur sehr begrenzt gelten. Der Präsident reklamiert ein "fortschrittlicheres" und vermeintlich partnerschaftliches Narrativ zu Afrika. Zugleich vertritt er US-Wirtschaftsinteressen. Bei seiner Reise von Senegal nach Südafrika und Tansania hat Obama deshalb die Staatschefs aus "Afrika südlich der Sahara" zu einem Gipfel in den USA eingeladen, um ein neues Kapitel in den amerikanisch-afrikanischen Beziehungen zu schreiben.

China war immer schon da

Obama hat getan, was zu Hause Politik und Wirtschaft erwarten: Korruption getadelt, das Wachstum der Mittelklasse gewürdigt und - wieder einmal - einen Wandel von Entwicklungshilfe zu Investitionen, Handel und Selbsthilfe in Aussicht gestellt. Er sei nach Afrika gekommen, "weil Afrika aufsteigt", sagte Obama. Und die Vereinigten Staaten wollten "nicht die Gelegenheit verpassen, Partnerschaften und Chancen zu nutzen". Das ist ein gern gepflegtes Image: Amerika als die demokratische Macht, die helfen will, auch einmal uneigennützig, zum Beispiel durch das von Obama angekündigte sieben Milliarden Dollar schwere Power-Africa-Projekt, das in Partnerschaft mit der Privatwirtschaft und vielen Kommunen Millionen Menschen mit Strom versorgen soll. In Pretoria gab Obama zu verstehen, er hoffe, die Afrikaner würden die USA um Rat fragen, was denn passende Entwicklungsstrategien seien für den Kontinent. Die USA verdienten Vertrauen wegen ihrer "großen Investitionen bei Anliegen wie HIV und Aids". Nicht jeder Investor handle im Interesse der Afrikaner, belehrte der Präsident. Der Hinweis auf Aids ist allerdings zweischneidig: Die mit Milliarden Dollar ausgestattete und offenbar effektive US-Initiative gegen Aids geht zurück auf George W. Bush, und Obamas Ministerien haben diese Zuwendungen gekürzt.

Kommentare zur Afrika-Reise warnten, die USA seien relativ spät dran, um zu profitieren vom afrikanischen Wachstum. Chinesische Politiker hätten in den vergangenen fünf Jahren an die 30 Länder in Afrika besucht, Handelsverträge unterzeichnet und Infrastruktur-Projekte finanziert. Chinas Warenaustausch mit diesem Kontinent hat sich in nur einem Jahrzehnt verzehnfacht, vermerkt der Afrika-Experte der Washingtoner Denkfabrik Brookings Institution, Mwangi Kimenyi. "Wenn die Chinesen Afrika besuchen, kommen sie mit ganz konkreten Entwicklungsinitiativen und kehren heim mit Hunderten bilateralen Abkommen."

"In wirtschaftlicher Hinsicht gehört China ganz klar die dominierende Präsenz", meint Steven Friedman, der an der Universität Johannesburg das Zentrum für Demokratiestudien leitet, und er ergänzt. "Die USA verfügen nach meinem Eindruck aber noch über den größeren politischen Einfluss. Das kann sich ändern. Irgendwann werden die Chinesen wohl eine politische Dividende für ihren ökonomischen Einsatz erwarten." Und wohl bekommen, denn im politischen Washington hat Afrika - flächenmäßig dreimal so groß wie die USA - keine Lobby. Die Afrika-Kongressausschüsse dümpeln in Seitenkanälen vor sich hin. Kirchliche Solidaritätsgruppen sind verkümmert.

Ungünstige Umstände

Vor Obamas Reise lärmten Kritiker von rechts, diese Tour sei nur Geldverschwendung. Die Kosten für die einwöchige Reise beliefen sich auf 60 bis 100 Millionen Dollar. Gelobt wurde, dass die Obamas eine Safari in Tansania abgesagt hatten. Natürlich waren die äußeren Umstände nicht sonderlich günstig, Friedensnobelpreisträger und Freiheitskämpfer Nelson Mandela kämpft in einem südafrikanischen Krankenhaus um sein Leben. Und während in Tansania begeisterte Menschenmengen den Obamas zujubelten, wurde in Südafrika gegen den Drohnen-Präsidenten demonstriert. Im fernen Europa kocht die Kritik an immer neuen Enthüllungen über die geheimdienstliche Ausspähung langsam über. Nicht gut, will man den Afrikanern da Good Governance und Transparenz predigen. Obama mauerte bei einer Pressekonferenz mit dem tansanischen Präsidenten Jakaya Kikwete: Ein jeder Geheimdienst versuche doch, "die Welt und das Weltgeschehen besser zu verstehen". Das hatte auch niemand infrage gestellt.

Auch beim Thema Sicherheit hat Barack Obama abgelenkt. "Ich weiß, es wird viel über die amerikanische Militärpräsenz in Afrika gesprochen", beschwichtigte er in Kapstadt. "Aber wenn Sie nachsehen, was wir wirklich tun, wieder und wieder - wir geben afrikanischen Anstrengungen Muskeln." Wer sich ein Bild vom US-Militär in Afrika machen will, muss die Kelley-Kaserne in Stuttgart-Möhringen besuchen. Dort sitzt seit 2007 das US Africa Command, das nach eigenen Angaben in mehr als 30 afrikanischen Nationen tätig ist und im Vorjahr 15 Militäroperationen in Afrika koordiniert hat. Schwerpunkt sei der Kampf gegen "gewalttätige extremistische Gruppen", erklärte kürzlich der Chef des Africa Command, General David Rodriguez. Zum Beispiel in Mali, Somalia und Nigeria. Der General möchte das ausbauen, dringend nötig seien mehr Drohnen, mehr Aufklärungsflugzeuge und bessere Satellitenbilder.

Einige tausend US-Soldaten und eine unbekannte Zahl ziviler Contractor sind derzeit in Afrika stationiert. Der größte US-Stützpunkt ist Camp Lemonnier in Dschibuti, kleinere Basen unter anderem für Drohnen gibt es einer kürzlichen Artikelserie in der Washington Post zufolge in Ouagadougou (Burkina Faso), Entebbe (Uganda), Arba Minch (Äthiopien), Victoria (Seychellen) und Manda Bay (Kenia). In Afrika probt das US-Verteidigungsministerium die kleinen Kriege der Zukunft, in denen man soweit wie möglich auf den direkten Einsatz von US-Soldaten verzichtet. Die Ausbildung ausländischer Streitkräfte sei sein wichtigstes Werkzeug, so General Rodriguez. Die würden den USA Muskeln geben.

Quelle: der FREITAG vom 18.07.2013. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

18. Juli 2013

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