Clemens Ronnefeldt: Kommentar zum UN-Syrien-Chemiewaffenreport und seiner Darstellung in deutschen MedienVon Clemens Ronnefeldt Jede Person, die einigermaßen der englischen Sprache mächtig ist, hat derzeit die seltene Möglichkeit, die Berichterstattung der Medien über den UN-Chemiewaffenbericht bezüglich des Einsatzes von Giftgas in Syrien mit dem Originalbericht zu überprüfen: Im Wortlaut ist er nachlesbar unter: Auf Seite 8 des pdf-Dokumentes findet sich unter den Punkten 27 bis 30 eine Zusammenfassung, die mit dem Satz endet: "This result leaves us with the deepest concern." ("Dieses Ergebnis lässt uns mit tiefster Sorge zurück", Übersetzung: C. R). Auf den Seiten 22 bis 25 des pdf-Dokumentes finden sich Aufnahmen der Raketen(teile) in Damaskus. Während der UN-Bericht eine Schuldzuschreibung, wer für den Abschuss der Raketen verantwortlich ist, vermeidet - und dazu auch nicht den Auftrag hatte -, gehen zahlreiche deutsche Medien über die bloße Berichterstattung der Fakten des UN-Berichts weit hinaus - und klagen anhand des UN-Berichtes Baschar al-Assad an. SPIEGEL ONLINE titelte am 16.9.2013: "Es ist ein Report des Grauens: In ihrem Bericht an den Sicherheitsrat bestätigen die Uno-Inspektoren den Giftgaseinsatz in Syrien. Die Schuldfrage umgehen sie dezent. Doch die von ihnen gesammelten technischen Details lassen kaum Zweifel, dass das Assad-Regime verantwortlich ist", schreibt Marc Pitzke aus New York und ergänzt: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte bei "FAZ-Net" am 16.9.2013: "Amerika: Nur Assad ist zu solch einem Angriff fähig" und führte aus: "Die Welt" brachte als Schlagzeile am 17.9.2013: "Westen macht Assad für Nervengas verantwortlich" und berichtete: Auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung vom 17.9.2013 schrieb Paul-Anton Krüger unter der Überschrift: "UN: In Syrien wurde Sarin eingesetzt": (…) "Der Bericht weist keiner der Seiten in dem Bürgerkrieg die Verantwortung für den Angriff zu, das ließ das Mandat auch nicht zu. Er liefert aber starke Indizien dafür, dass Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad die Urheber sind". Auch wenn die Raketen vermutlich russischer Bauart sind und "aus Nordwesten" flogen wo "von der Regierung kontrollierte Gebiete" "in dieser Richtung liegen" (SZ, 17.9.2013): Nach intensiver Lektüre des Dokumentes - die ich allen Leserinnen und Lesern empfehlen möchte - konnte ich keinen einzigen Satz oder Abschnitt im UN-Dokument finden, der die Interpretation rechtfertigt, "dass Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad die Urheber sind". Dass es auch noch sauber recherchierenden Journalismus in Deutschland gibt, zeigte schon am 9.9.2013(!) Andreas Zumach in der "Taz", dessen Artikel die dem UN-Bericht sachgemäße Überschrift trug: "UN-Inspektoren bestätigen Sarin-Einsatz. Schuldfrage bleibt ungeklärt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte den Einsatz von Sarin "ein Kriegsverbrechen". "Die USA und Frankreichs Außenminister Laurent Fabius werteten den Bericht als Bestätigung für die Verantwortung Assads. Er stärke die Haltung derer, ‘die gesagt haben, dass das Regime schuld ist’, sagte Fabius. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle vermied hingegen Schuldzuweisungen, er sprach von einem ‘zivilisatorischen Verbrechen’, die Verantwortlichen müssten vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ermittelt werden". Die Wortwahl des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon ("Kriegsverbrechen") hat auch völkerrechtliche Bedeutung: Sie rechtfertigt die Einschaltung des Internationalen Strafgerichtshofes, nicht aber eine Bestrafung durch eine militärische Intervention. Nur die Sollten die Regierungen der USA und Frankreichs doch noch Syrien bombardieren lassen, würden sie nach derzeitiger Faktenlage einen Völkerrechtsbruch begehen. Clemens Ronnefeldt, Jg. 1960, arbeitet seit 1992 als Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes , dessen rund 100.000 Mitglieder sich in mehr als 40 Staaten engagieren. Der Verband hat Beraterstatus bei der UNO. Ronnefeldt hat seit 1990 Irak, Iran, Syrien, Libanon, Israel, Palästina und Ägypten bereist und dort Friedens- und Menschenrechtsgruppen besucht. Weblinks:
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