Nobelpreis für Giftgas-VernichterDie Organisation für das Verbot chemischer Waffen steht jetzt in Syrien vor einer neuen BewährungsprobeVon Wolfgang Kötter Die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (engl.: Organization for the Prohibition of Chemical Weapons - OPCW) ist eine autonome internationale Organisation, die durch besondere vertragliche Beziehungen den Vereinten Nationen angeschlossen ist. Sie überwacht die Einhaltung und Umsetzung der Chemiewaffenkonvention. Die OPCW nahm am 29. April 1997 ihre Arbeit auf. Sie hat ihren Sitz in Den Haag/Niederlande. Unter der Leitung von Ahmet Üzümcü aus der Türkei arbeiten im eigens für die OPCW erbauten gläsernen Rundbau in der Johan de Wittlaan über 500 Mitarbeiter aus 76 Ländern. Finanziert wird die Organisation durch Mitgliedsbeiträge, die an den üblichen Verteilungsschlüssel der Vereinten Nationen angelehnt sind. Damit sind die USA mit 22 % der größte Geldgeber. Es folgen Japan mit etwa 19,5 % und Deutschland mit rund 10 %. Das jährliche Gesamtbudget beträgt knapp 75 Millionen Euro. Der C-Waffen-Konvention und damit der OPCW gehören heute 189 Staaten an. Syrien soll am kommenden Montag 190. Mitglied werden. Nicht beigetreten sind Angola, Ägypten, Nordkorea, der Süd-Sudan und Somalia. Zwei weitere Länder - Israel und Myanmar - haben die Konvention unterzeichnet, aber nicht ratifiziert. Verboten sind sowohl die Anwendung von Giftgasen als auch die Herstellung und der Besitz, vorhandene Bestände müssen vernichtet werden. Das ist mit rund 58 200 der ursprünglich über 72.000 Tonnen chemischen Waffen geschehen, was insgesamt etwa 82 Prozent ausmacht. Eigentlich aber sollte diese Aufgabe bereits nach 10 Jahren und selbst mit Fristenverlängerung spätestens im vergangenen Jahr erfüllt sein. Nach jüngsten Angaben sollen bis 2017 zwar 99 Prozent beseitigt sein, doch es wird noch bis mindestens 2023 dauern, bevor die USA ihre letzten Bestände vernichtet haben werden. Zurzeit arbeiten OPCW-Kontrolleure bei der Vernichtung der Chemiewaffen in Syrien mit und haben mit der Prüfung von 20 Standorten begonnen, erste Waffensysteme wurden bereits zerstört. Die syrische Regierung hat innerhalb der gesetzten Frist eine Aufstellung ihrer Giftgas-Bestände vorgelegt, darunter sollen Sarin, Senfgas und das Nervengas VX sein. Die Angaben werden jetzt geprüft. Auf Beschluss des UNO-Sicherheitsrates sollen die auf rund tausend Tonnen geschätzten Kampfstoffe sowie ihre Ausgangsprodukte, Produktionsanlagen, Lagerstätten und Trägermittel bis Mitte nächsten Jahres vernichtet sein. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will zur Überwachung der Zerstörung aller syrischen Chemiewaffen ein gemeinsames Team der UNO und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mit insgesamt 100 Experten aufbauen. Die OPCW werde die technische Führung übernehmen, die UN die strategisch koordinierende Rolle. Ein Leiter der gemeinsamen Mission soll noch ernannt werden. Seit Beginn des bewaffneten Konflikts in Syrien sind mehr als ein Dutzend konkrete Giftgas-Verdachtsfälle bekannt geworden, aber wem sie anzulasten sind, konnte bisher nicht eindeutig bewiesen werden. "Aktuelle Ereignisse in Syrien, wo Chemiewaffen erneut genutzt wurden, haben das Bedürfnis unterstrichen, die Bemühungen, solche Waffen zu zerstören, zu erhöhen", begründet das Nobelkomitee seine Entscheidung. Laut Vertrag sind die Ratifizierungsstaaten verpflichtet, jährliche Berichte über die Maßnahmen zur Umsetzung der Konvention zu erstellen. Das Kontrollregime besteht aus unabhängigen Inspektoren, die zu unangemeldeten Besuchen in Militäranlagen, zivilen Industriebetrieben und Laboratorien befugt sind und die Vernichtung von Chemiewaffen überwachen. Begutachtet werden gegenwärtige bzw. ehemalige militärische Produktionsbetriebe, Waffendepots und auch zivile Anlagen, in denen militärisch relevante Chemikalien hergestellt, verarbeitet oder gelagert sind. Gegenwärtig befindet sich die Organisation auf der Suche nach einer langfristigen strategischen Orientierung für die Zukunft. Bisher gibt es aber noch keine Übereinstimmung darüber, wie sich die Organisation zukünftig profilieren soll. Klar ist, dass nach Beendigung der chemischen Abrüstung das Verhältnis zwischen den einzelnen Tätigkeitsbereichen neu bestimmt werden muss. Während die Industriestaaten das Schwergewicht auf Kontrolle und Nichtverbreitung setzen, fordern die Entwicklungsländer mehr Kooperation in der friedlichen Chemieindustrie. In ihrer täglichen Arbeit wird die Organisation auch zukünftig immer wieder eine ausgewogene Balance zwischen einer wirksamen Kontrolle des C-Waffenverbots einerseits sowie einem möglichst freien Handel und ungehinderter Kooperation der Chemieindustrie andererseits finden müssen. Stand der Beseitigung von Chemiewaffen (2013)
Quellen: OPCW, Disarmament Diplomacy und Arms Control Association Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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