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Konstantin Wecker: Neues aus Absurdistan: Hoeneß und der nächste Krieg

Hat Ihnen die Bundeskanzlerin jemals öffentlich Respekt gezollt, wenn Sie eine Strafe wegen Falschparkens angenommen haben? Nicht? Wäre ja auch nicht sehr sinnvoll, denn was bleibt Ihnen letzten Endes anderes übrig? Uli Hoeneß ist das passiert. Diesen und einen noch viel schlimmeren Irrsinn nimmt Konstantin Wecker in seinem Beitrag aufs Korn.

Neues aus Absurdistan: Hoeneß und der nächste Krieg

Von Konstantin Wecker

Liebe Freunde,

unsere Bundeskanzlerin zollt - neben allen möglichen sogenannten Wirtschaftseliten - einem von einem ordentlichen Gericht Verurteilten höchsten Respekt, weil er sein Urteil annimmt.

Wie bitte??? Was hat sie erwartet? Dass der Wurstfabrikant dieses Urteil wild um sich schießend anficht? Oder dass er so ungeschickt ist, sich im Falle einer Revision noch weitaus unangenehmeren Fragen zu stellen?

Frau Merkel hat ab jetzt viel zu tun. Ich erwarte, dass sie gemeinsam mit Herrn Seehofer Deutschlands Knäste bereist und allen Verurteilten, die ihre Strafe angenommen haben ihren Respekt erweist.

Stattdessen aber schürt sie akribisch weiter einen kalten Krieg, der mir wirklich Angst macht. Die Rhetorik in den meisten Zeitungen und im TV ist so gleichgeschaltet, dass man einen Masterplan dahinter vermuten könnte. Aber es gibt keinen Masterplan. Das alles ist die bittere Frucht des Neoliberalismus, der Globalisierung, der Herrschaft der Zocker und Spekulanten.

"Die Demokratie verliert im Zeichen der Globalisierung zunehmend an Substanz", schreibt Daniel Stern in der WOZ.

Wirklich Entscheidendes in einem Staat zu verändern, scheint immer weniger möglich zu werden. Die Globalisierung hat ein Weltwirtschaftssystem hervorgebracht, aus dem einzelne Staaten nicht einfach aussteigen können. Das System beruht auf Freihandel, und das bedeutet primär Konkurrenz. Dieses System bringt nicht Wohlstand für alle, wie die klassische liberale Wirtschaftstheorie behauptet, sondern verbreitet Lohndruck, Arbeitslosigkeit und Unsicherheit. Die Ungleichheit nimmt zu. Und die Kriegsgefahr steigt.

Ich habe als Jugendlicher die Gedichte des Expressionismus verschlungen. Trakt, Heym, Stadler - große Leidende, die meisten von diesen so feinfühligen und wortgewaltigen Poeten sind am 1. Weltkrieg zerbrochen. Viele auch, weil sie voll blinder Begeisterung erst einen Krieg befürworteten, dessen unsagbares Grauen sie sich einfach nicht vorstellen konnten. Nur wenige wie Stefan Zweig haben sich der allgemeinen Kriegslüsternheit von Anfang an entziehen können.

"Nach Friedensschluss sollte man die Kriegsliteraten einfangen und von den Invaliden auspeitschen lassen", schrieb Karl Kraus nach dem Ersten Weltkrieg. Diesen Satz könnte man sich doch mal zu Herzen nehmen, wenn man schon wieder gnadenlos auf Konfrontation statt auf versöhnliche Diplomatie setzt.

Auch Jakob Augstein erinnert in seinem wohltuend nicht mit den Wölfen heulenden Beitrag "Schlafwandler 2014" an 1914. Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Lesen und teilen bitte!!
http://www.spiegel.de/politik/ausland/referendum-pro-russland-jakob-augstein-ueber-den-konflikt-auf-der-krim-a-959058.html

Quelle: Hinter den Schlagzeilen - 20.03.2014.

Veröffentlicht am

21. März 2014

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