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Konstantin Wecker: Lasst uns diesen Krieg verhindern

Von Konstantin Wecker

Liebe Freunde,

gerne wird der europäischen Friedensbewegung unterstellt, sie würde blind einem russischen Diktator zujubeln, wenn sie, zum Beispiel, skeptisch ist gegenüber Meldungen wie diesen: "Jay Carney, Sprecher des Weißen Hauses, hatte mitgeteilt, dass es "erdrückende Beweise" gäbe, dass Russland in der Ostukraine Unruhe stifte." (SPIEGEL online)

Erinnert die Wortwahl nicht fatal an die "erdrückenden Beweise", die George Bush zum Einmarsch in den Irak instrumentalisierte?

Das ist über zehn Jahre her, und es ist erschreckend, wie lückenhaft das Gedächtnis der Menschheit ist, wenn es um Kriegslügen geht.

Es wird auf allen Seiten gelogen, keine Frage. Und nein, die Friedensbewegung himmelt Herrn Putin nicht als aufrichtigen Heilsbringer an. Es gibt viele Gründe, ihm zu misstrauen.
Nur bitte, was wollen die "jetzt zeigen wir’s dem Putin aber mal kräftig"-Bellizisten denn nun wirklich erreichen?

Einfach nur Recht haben?

Wer von diesen Kriegstreibern zieht denn schon persönlich in den Krieg? Wirtschaftsbosse, Politiker, wild gewordene Rentner, Frau Merkel gar, Frau von der Leyen, Herr Gauck - wo werden sie sein, wenn es kracht? Ja, natürlich, sie sind ja zu wichtig, um sich selbst in Gefahr zu bringen. Da gefährden sie schon lieber ihre Bürgerinnen und Bürger.

Am Ende geht es doch wieder darum, wie zu allen Zeiten, "unsere Jungs und Mädels" in die Schlacht zu schicken, denn verrichten sollen das blutige Geschäfte stets die anderen.

Ich verachte all jene zutiefst, die immer so gerne andere für ihr einseitiges Weltbild opfern, eher habe ich dann schon Respekt vor denen, die bereit sind, selbst den Kopf hinzuhalten. Auch wenn ich es nicht für richtig halte.

Meistens sind die größten Kriegstreiber alte Männer, und der Verdacht liegt nahe, dass sie sich an der Jugend rächen wollen. Rächen für die Lebendigkeit, die ihnen verloren gegangen ist.

Ich konnte es nicht verifizieren, aber ich glaube mich zu erinnern, dass es Mark Twain war, der gesagt hat: "Krieg ist, wenn alte Männer, die einander gut kennen, ihre Söhne, die einander nicht kennen, aufeinander hetzen, um sich gegenseitig totzuschlagen."

Milliarden haben die Westmächte investiert in die sogenannte "Demokratisierung" der Ukraine. Gemeint ist natürlich die Öffnung des Marktes für Kapitalinteressen und die Sicherung der Nato-Ostgrenzen.

Und ebenso hat natürlich Putin die Hand im Spiel, wenn es um die Sicherung seiner Märkte und Grenzen geht.

Glaubt denn wirklich noch irgendein aufgeklärter Mensch, dass es um Demokratie geht, für die wir streiten, kämpfen, bomben?

Nein und abermals nein, ich bin genauso wenig Putinfreund wie ich im Irakkrieg Husseinfreund war. Ich bin ein Freund des Friedens und ein Verfechter der Gewaltlosigkeit.
Wenn es nun zum Krieg kommt, dann werden sich in erster Linie die Hersteller der Waffen freuen, die diese nun endlich ausprobieren, vernichten und neu produzieren können. Und da sind viel mehr Industriezweige dran beteiligt, als es den Anschein hat. Man braucht doch nur mal versuchen, Aktien zu erwerben, die nicht am Waffenhandel in irgendeiner versteckten Form beteiligt sind.

Wir, wir alle, müssen unseren Regierungen eindeutig klar machen, dass wir keinen Krieg wollen. Und wir sollten unsere Journalisten auffordern, nicht mehr so einseitig zu berichten.
Wenn zwei Weltmächte aufeinander prallen, ist nicht der eine gut und der andere böse. Es geht um handfeste wirtschaftliche und territoriale Interessen, um Eitelkeit, Missgunst, Paranoia, mangelnde Empathie, krude sture Weltbilder mächtiger Menschen, die ihre Lebendigkeit eingetauscht haben gegen erstarrte Ideologien.

Lasst uns diesen Krieg verhindern.

Es könnte schrecklich werden.

Quelle: Hinter den Schlagzeilen - 16.04.2014.

Veröffentlicht am

16. April 2014

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