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Friedensreferent des Internationalen Versöhnungsbundes fordert Bundesregierung zu mehr Engagement in Jordanien auf

Der langjährige Friedensreferent des deutschen Zweiges des Internationalen Versöhnungsbundes, Clemens Ronnefeldt, kehrte Anfang November nach einer zweiwöchigen Jordanienreise und Begegnungen mit Flüchtlingen, Vertreterinnen und Vertretern von Hilfsorganisationen, des Parlamentes, des muslimisch-christlichen Dialoges, von Schulen und Universitäten, Medien und der Menschenrechtsarbeit nach Deutschland zurück.

"Rund die Hälfte der rund sieben Millionen Menschen in Jordanien sind palästinensische Flüchtlinge und deren Nachkommen, dazu kamen seit dem Irak-Krieg 2003 mehr als eine halbe Million sowie seit 2011 aus Syrien mehr als eine Million Flüchtlinge. Viele Gesprächspartner betonten einerseits die relative Stabilität des Landes in einer regionalen Umgebung größter Gewalt - und verwiesen gleichzeitig darauf, dass Jordanien einem Pulverfass gleicht", so Clemens Ronnefeldt.

Nur etwa ein Fünftel der syrischen Flüchtlinge lebe in zwei riesigen Flüchtlingslagern, alle anderen seien in Mietwohnungen oder bei Verwandten untergekommen, was die Mietpreise auch für Arme in Jordanien selbst enorm habe ansteigen lassen, ebenso den Druck auf dem informellen Arbeitsmarkt. Vielfach könnten Flüchtlinge nach wenigen Monaten die Miete nicht mehr zahlen - und böten dann ihre oft noch minderjährigen Töchter älteren Vermietern zur Hochzeit an. Diese wiederum würden die Notlage der Flüchtlinge ausnutzen und sich nach wenigen Wochen oder Monaten wieder scheiden lassen. "Hier sind internationale Menschenrechtsorganisationen und Verantwortliche in Jordanien gefragt, diese Praktiken anzuprangern und umgehend abzustellen, ebenso den zu beobachtenden Anstieg der Einreise von Männern aus arabischen Ländern, die wegen der geringen Mitgift unter den jungen weiblichen syrischen Flüchtlingen seit 2011 in Jordanien verstärkt auf Brautschau gehen", so der Friedensreferent des Versöhnungsbundes.

Schon vor der Aufnahme der Flüchtlinge sei Jordanien eines der wasserärmsten Länder der Erde gewesen, inzwischen habe sich die Situation noch einmal dramatisch verschärft. Clemens Ronnefeldt fordert die Bundesregierung auf, sich vor allem in diesem Bereich stärker als bisher in Jordanien zu engagieren.

Er hat mit hoch motivierten Mitarbeitern der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie der Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe (GBR) gesprochen, die in Jordanien an der Verbesserung der Wasserversorgung sowie der Frage der Abwasserklärung arbeiten. "Mein Eindruck ist, dass diese deutschen Entwicklungshelfer noch erheblich mehr bewirken könnten, wenn die häufig auf zwei Jahre begrenzten Projekte eine längere Laufzeit hätten", so der Nahostexperte des Versöhnungsbundes.

Jordanien sei inzwischen eines der wenigen Länder der Region, in dem Gläubige christlichen Glaubens nicht wegen ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt würden. Sowohl Vertreterinnen des christlich-muslimischen Dialoges als auch der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Amman betonten, wie wichtig es sei, die Verständigung durch Dialogforen zwischen Muslimen und Christen weiter auszubauen.

"In Irbid habe ich eine Blindenschule besucht, in Asalt eine Gehörlosenschule, in Amman die Schneller-Schule, wo junge Menschen aus sozial schwachen Familien, ebenso Waisen oder Halbwaisen, eine Ausbildung in der Schreinerei, Schlosserei oder Autowerkstatt erhalten - und damit Zukunftsperspektive. Diese Hoffnungs- und Friedenszeichen, in denen ich auch junge deutsche Freiwillige traf, brauchen Unterstützung von Kirchen und aus der Zivilgesellschaft auch aus Deutschland, um vor allem jungen Männern eine Alternative zum Söldnerdienst des ‘Islamischen Staates’ zu bieten", so Clemens Ronnefeldt.

Jordanien habe Chancen, nicht in den Gewaltstrudel der Region hineingezogen zu werden, weil vor allem westliche Staaten Jordanien wegen dessen langer gemeinsamer Grenze mit Israel als Sicherheits-Pufferzone betrachteten. "Mit jedem Tage allerdings, der ungenutzt verstreicht, ohne die enormen sozialen Lasten des Landes zu lindern, wird die Gefahr wachsen, dass auch in Jordanien Extremisten, die es bereits im Land gibt, sich breit machen", warnt der Versöhnungsbundreferent.

Für das Programm der Reise zeichnete der evangelische Pfarrer Siegfried Pick vom Pfarramt für Ausländerarbeit in Bad Kreuznach gemeinsam mit Said Arnaout vom Haus des Friedens (Dar Assalam) in Wardaniyeh/Libanon verantwortlich.

Clemens Ronnefeldt, Diplom-Theologe mit Zusatzausbildung in Friedensarbeit, bereist seit 1990 Irak, Iran, Syrien, Libanon, Israel, Palästina und Ägypten und berichtet über seine Kontakte in diesen Ländern in Deutschland an Universitäten und Schulen, in Kirchengemeinden und Friedensinitiativen.

Dem 1914 gegründeten Internationalen Versöhnungsbund gehören rund 100.000 Mitglieder in mehr als 40 Staaten der Erde an. Der Verband, aus dem mehrere Friedensnobelpreisträger/innen (u.a. Dr. Martin Luther King jr.) hervorgingen, hat Beraterstatus bei den Vereinten Nationen in New York. www.versoehnungsbund.de

Veröffentlicht am

04. November 2014

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