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Pariser Lektionen

Von Ron Paul

Nach der tragischen Schießerei letzte Woche in Paris in der Redaktion einer provokanten Zeitschrift wies ich darauf hin, dass wir ausgehend von den außenpolitischen Positionen Frankreichs den Bumerangeffekt als Faktor in Betracht ziehen müssen. Diejenigen, die keine Ahnung von Bumerangeffekt haben, stellten die lächerliche Behauptung auf, dass ich die Attacke entschuldige oder sogar den Opfern die Schuld gebe. Damit liegen sie völlig daneben, da ich die Anwendung von Gewalt verabscheue. Die Polizei gibt auch nicht den Opfern die Schuld, wenn sie nach den Motiven eines Verbrechers sucht.

Die Massenmedien beschlossen sofort, dass die Schießerei ein Angriff auf die Redefreiheit ist. Viele in den USA bevorzugten diese Version von "sie hassen uns, weil wir frei sind", die Behauptung, die Präsident Bush nach 9/11 aufstellte. Sie brachten Solidarität mit den Franzosen zum Ausdruck und schworen, für die freie Meinungsäußerung zu kämpfen.

Aber haben diese Leute nicht bemerkt, dass die Erste Zusatzbestimmung (= Meinungsfreiheit) routinemäßig von der Regierung der USA missachtet wird? Präsident Obama hat das Spionagegesetz (aus dem Ersten Weltkrieg, d.Ü.) mehr benutzt als alle vorhergehenden Administrationen zusammengenommen, um Whistleblowers zum Schweigen und ins Gefängnis zu bringen. Wo bleiben die Proteste? Wo sind die Demonstranten, die die Entlassung von John Kiriakou fordern, der die Information über den Einsatz von Waterboarding und anderen Foltern durch die CIA weitergab? Der Whistleblower wurde eingesperrt, während die Folterer nicht verfolgt werden. Keine Proteste.

Wenn islamischer Extremismus im Steigen begriffen ist, ist den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika und Frankreichs zumindest zum Teil die Schuld zu geben. Die zwei Schützen von Paris hatten laut Berichten den Sommer in Syrien verbracht, wo sie mit den Rebellen kämpften, die versuchen, Syriens Präsident Assad zu stürzen. Es heißt auch, dass sie junge französische Moslems rekrutierten, damit diese nach Syrien gehen und gegen Assad kämpfen. Aber Frankreich und die Vereinigten Staaten von Amerika sind schon fast vier Jahre lang dabei, ausländische Kämpfer auszubilden und auszustatten, um nach Syrien einzudringen und gegen Assad zu kämpfen! Anders gesagt, was Syrien betrifft, waren die beiden Mörder von Paris auf "unserer" Seite. Sie könnten sogar Waffen aus Frankreich oder den Vereinigten Staaten von Amerika benutzt haben, als sie in Syrien kämpften.

Beginnend mit Afghanistan in den 1980ern haben die Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Alliierten vorsätzlich muslimische Kämpfer radikalisiert in der Hoffnung, diese würden nur gegen diejenigen kämpfen, die man ihnen vorgab. Am 9/11 lernten wir, dass sie gelegentlich zurück kommen, um gegen uns zu kämpfen. Die Franzosen lernten dasselbe in der letzten Woche. Werden sie bessere Entscheidungen treffen, nachdem sie den Bumerangeffekt einer riskanten Außenpolitik kennen? Das ist unwahrscheinlich, weil sie sich weigern, den Bumerangeffekt mit in Betracht zu ziehen. Sie glauben lieber an die Phantasie, dass sie uns angreifen, weil sie unsere Freiheiten hassen oder weil sie unsere Redefreiheit nicht aushalten können.

Vielleicht besteht eine Möglichkeit darin, uns alle sicherer zu machen, dass die USA und ihre Alliierten aufhören, diese Extremisten zu unterstützen.

Eine weitere Lektion aus der Attacke ist, dass der Überwachungsstaat, der sich seit 9/11 erhoben hat, sehr gut beim Verfolgen, Abhören und Schikanieren des Restes von uns ist, aber nicht besonders gut beim Stoppen von Terroristen. Wir haben gehört, dass die beiden verdächtigten Angreifer lange unter Beobachtung der Geheimdienste der Vereinigten Staaten von Amerika und Frankreichs gestanden sind. Laut Berichten waren sie auch auf der Flugverbotsliste der USA und zumindest einer von ihnen wurde tatsächlich 2008 für den Versuch verurteilt, in den Irak zu fahren, um gegen die Besetzung durch die USA zu kämpfen. Laut CNN reisten die beiden Verdächtigen 2011 in den Jemen, um eine Ausbildung bei al-Qaeda zu machen. Sie waren also zwei Individuen, von denen man wusste, dass sie direkte Verbindungen zum Terrorismus hatten. Wie viele Hinweise braucht es eigentlich, ehe Schritte unternommen werden? Wie lange wussten die Geheimdienste der USA Amerika und Frankreichs von ihnen und machten nichts und warum?

Außenpolitische Schritte haben Konsequenzen. Die aggressive Außenpolitik der USA und ihrer Alliierten im Mittleren Osten hat Tausende radikalisiert und hat unsere Sicherheit vermindert. Der Bumerangeffekt ist real, egal ob einige das so sehen wollen oder nicht. Es gibt keine Sicherheitsgarantien, aber nur eine Politik der Nichtintervention kann das Risiko weiterer Attacken reduzieren.

Quelle: www.antikrieg.com vom 13.01.2015. Originalartikel: Lessons from Paris. Übersetzung: Klaus Madersbacher.

Veröffentlicht am

14. Januar 2015

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