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Wir trauern und schämen uns für die deutsche Flüchtlingspolitik

Erklärung des geschäftsführenden Bundesvorstands von pax christi

Am vergangenen Wochenende sind im Mittelmeer mehr als 800 Menschen vor der italienischen Küste gestorben. Das erfüllt die pax christi-Bewegung in Deutschland mit Trauer. Wir fühlen mit den Verstorbenen und deren Angehörigen. Wir werden nicht aufhören dafür zu beten und uns nach Kräften dafür einzusetzen, dass alle Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen einen Ort finden, an dem ihnen die Hilfe zuteilwird, die sie brauchen.

Die Seenot vor Europas Küsten und der Tod von tausenden Menschen, die in Europa Zuflucht und die Chance auf ein Leben in Sicherheit gesucht haben, erfüllen uns aber auch mit Scham. Wir schämen uns, weil es uns in Deutschland nicht gelingt, eine Politik zu gestalten, die Flüchtlinge willkommen heißt und ein solidarisches Teilen, der daraus entstehenden Aufgaben in Europa organisiert.

In den letzten Monaten sind viele Menschen auf teils abenteuerlichen und vielfach schmerzlichen Wegen nach Deutschland geflohen und möchten hier leben. Viele Menschen in vielen Gemeinden leisten ehrenamtlich Unterstützungsarbeit. Sie merken aber, wie die Reichweite ihrer Hilfe immer wieder an Gesetzen und Richtlinien scheitert. Die Solidarität, zu der die Bevölkerung bereit ist, wird von EU-Verordnungen, deutschen Gesetzen und Richtlinien konterkariert.

Betrachten wir die Ursachen für diese und für viele frühere Katastrophen, kommen redlicherweise nicht bloß schlechte Boote und profitierende Schlepper in den Blick, sondern die Flüchtlingspolitik der EU, die von Deutschland mitgestaltet wird und ebenso die hemmungslose Wachstumsorientierung unseres Wirtschaftens und insbesondere die deutsche Rüstungsexportpolitik. Denn die aus Deutschland gelieferten Waffen feuern bestehende Konflikte an. Vor der daraus resultierenden Gewalt versuchen viele Menschen sich durch Flucht zu retten. Die Grenzsicherung der EU und vieler Staaten zielt aber auf die Abwehr unerwünschter Einwanderung. Auch daran ist der deutsche Rüstungsexport beteiligt, denn er liefert Grenzsicherungsanlagen und Überwachungselektronik.

Schauen wir auf die Millionen Flüchtlinge beispielsweise aus Syrien, die in den Nachbarstaaten ihres Heimatlandes vorübergehende Zuflucht gefunden haben, ist es ein Skandal, dass Deutschland, das über größeren Wohlstand und Wirtschaftskraft verfügt, mit den EU-Ländern ein sogenanntes Pilot-Resettlementprogramm für nur 5.000 Menschen auflegen will.

Deshalb appelliert pax christi an die Bundesregierung:

  • Sich dafür einzusetzen, dass Schutzsuchenden an Europas Grenzen eine gefahrenfreie Einreise sowohl an der Land- als auch an der Seegrenze ermöglicht wird, dass die Rettung Schiffbrüchiger Flüchtlinge durch das italienische Programm "mare nostrum" fortgesetzt und ab sofort von der EU finanziert wird und dass die Praxis von Grenzschutzbehörden, Flüchtlinge illegal zurückzuweisen, sofort beendet wird.
  • Auf die Abschaffung der unsolidarischen und flüchtlingsfeindlichen Dublin-III-Verordnung hinzuwirken, die vorschreibt, dass jedes EU-Mitgliedsland für die Flüchtlinge verantwortlich ist, die dort zuerst europäischen Boden betreten.
  • Darauf hinzuwirken, dass die Asylzuständigkeitsregelung so verändert wird, dass derjenige EU-Staat, in dem der Asylsuchende seinen Antrag stellen möchte, zuständig ist und effektiver Rechtsschutz gewährt wird.
  • Auf Ablenkungsmanöver wie die im aktuellen 10-Punkte-Programm der EU-Kommission vorgeschlagene Vernichtung von Schleuserbooten zu verzichten, weil jede Verknüpfung von Seenotrettung mit militärischen Maßnahmen aus menschenrechtlichen und flüchtlingspolitischen Erwägungen bedenklich und nicht geeignet ist, die Not der Flüchtenden zu lindern. Die Kriminalisierung von Fluchthilfe ist politisch der falsche Weg, weil die Grenze zwischen kriminellem Menschenhandel und moralisch gebotener Unterstützung oft nicht eindeutig festgestellt werden kann.
  • Ein sofortiges Verbot des Exports von Kleinwaffen und Munition zu erlassen, weil diese massiv zur Schaffung von Fluchtursachen beitragen.
  • Den Export von Kriegswaffen und Rüstungsgütern an Staaten außerhalb von EU und Nato sofort einzustellen.
  • Schnellstmöglich wirksame Kontrollmechanismen für den Verbleib bereits exportierter Kriegswaffen, Rüstungsgüter und Dual-Use-Güter zu installieren.
  • Das jährliche Aufnahmekontingent von schutzsuchenden Flüchtlingen im Rahmen eines Ressettlementprogramms deutlich zu erhöhen und den Familiennachzug zu ermöglichen und dafür menschenwürdige Rahmenbedingungen zu gewährleisten.

 Quelle:  pax christi Deutschland - Pressemitteilung vom 22.04.2015.

Veröffentlicht am

22. April 2015

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