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Naher und Mittlerer Osten: Flüchtlingen helfen, nicht Feuer mit Öl bekämpfen

Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Hunderttausende Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan, die derzeit nach Europa kommen, wird immer wieder gefragt, warum ‘der Westen so wenig gegen die Terror-Miliz IS unternehme’, so auch im am 15.9. erschienenen Interview des Merkur mit dem Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger. Die Frage und auch die Warnungen davor, dass sich die Lage in der gesamten Region weiter dramatisch verschlimmern könnte, sind in den Augen des Bund für Soziale Verteidigung (BSV) berechtigt. "Wir begrüßen auch ausdrücklich die Forderung nach einer ‘diplomatischen Großoffensive’ und nach einer Zusammenarbeit sowohl mit der russischen wie mit der iranischen Regierung, um über eine große Syrien-Kontaktgruppe die Konflikte in der Region konstruktiv zu bearbeiten", so der Co-Vorsitzende des BSV, Stephan Brües. Aber einen Teil der Folgerungen, die Ischinger daraus zieht, hält der Fachverband, der sich seit über 25 Jahren für gewaltfreie Konfliktaustragung einsetzt, für grundfalsch.

"Wieso ist denn der IS überhaupt entstanden und konnte so stark werden? Eine Hauptursache ist in dem völkerrechtswidrigen Angriff der USA und ihrer Verbündeten auf den Irak 2003 zu suchen. Ohne diese Invasion und die nachfolgende Ausplünderung des Landes hätte der IS nie den Zulauf von gut ausgebildeten Soldaten gehabt, die er brauchte, um seinen Siegeszug in Irak und Syrien anzutreten", so die Geschäftsführerin des BSV, Dr. Christine Schweitzer. Das Problem sei auch nicht darin zu suchen, dass man nicht, wie Ischinger vorwurfsvoll meint, in Syrien beizeiten militärisch interveniert habe. Das Problem sei vielmehr gewesen und ist es auch heute noch, dass der Westen duldet, dass seine engen Verbündeten und Partner - von der Türkei bis Saudi-Arabien - die zum Teil aus ausländischen Kämpfern bestehenden islamistischen Gruppierungen, die nach dem Aufstand gegen Assad 2011 in Syrien schnell die Oberhand gewannen, finanzieren, bewaffnen und deren Ausplünderung des Landes nicht unterbinden.

"Jetzt zu fordern, wie Ischinger es tut, mit der Bundeswehr in Syrien einzugreifen, kommt einem Versuch gleich, ein Großfeuer mit Öl zu löschen", so Schweitzer. "Das Ergebnis wäre, dass der Flächenbrand, von dem Ischinger spricht, sich erst recht ausbreitet. Wurden denn aus Afghanistan und dem Irak-Krieg überhaupt keine Folgerungen gezogen? Beide Kriege und die Bemühungen um Wiederaufbau hinterher haben nicht zu einer Befriedung der Region geführt, sondern nur zu immer mehr Terrorismus und Unsicherheit in den betroffenen Ländern."Unter den bestehenden Umständen über die Einrichtung von Schutzzonen für Flüchtlinge in Syrien zu sprechen, habe nichts mit Humanität zu tun. "Solch ein Konzept kommt der Einrichtung von riesigen Ghettos gleich, in denen Menschen ohne jede Perspektive ausharren müssten, während um sie herum der Krieg tobt. Sie sind nur mit Luftabwehr, wenn nicht auch mit dem Einsatz von Bodentruppen zu sichern. Das würde de facto einen Krieg mit noch mehr zivilen Opfern bedeuten", so Schweitzer weiter.

Stattdessen fordert der BSV den Stopp der Waffenlieferungen in die Region, eine massive
Aufstockung der Finanzierung der Vereinten Nationen, damit deren Organisationen effektiv den Flüchtlingen in der gesamten Region helfen können, eine Rückkehr zum Prinzip der offenen Grenzen in Europa, die finanzielle und logistische Unterstützung der Länder in Süd- und Osteuropa, in denen heute große Zahlen an Flüchtlingen ankommen und die Eröffnung von legalen Wegen in die Europäische Union, damit Flüchtende nicht mehr auf die
lebensverachtenden Dienste von Schleppern angewiesen sind. "Selbstverständlich unterstützen auch wir die Forderung nach neuen diplomatischen Bemühungen und nach einer Verständigung mit Russland - die auch in Bezug auf den Brennpunkt Ukraine so wichtig ist -, aber die ‘Unterlegung mit glaubwürdigen militärischen Handlungsoptionen’, von denen Herr Ischinger spricht, würde diese Bemühungen schnell zum Scheitern bringen", so Brües abschließend.

Quelle:  Bund für Soziale Verteidigung (BSV) - Pressemitteilung vom 16.09.2015.

Der Bund für Soziale Verteidigung (BSV) ist ein Fachverband der deutschen Friedensorganisationen und setzt sich für gewaltfreie Alternativen zum Militär ein. Er entwickelt, fördert und verbreitet konstruktive und gewaltfreie Konzepte ziviler Konfliktbearbeitung. Dieses Ziel wird innergesellschaftlich insbesondere durch die Verbreitung konstruktiver Konfliktmanagementansätze in verschiedensten gesellschaftlichen Handlungsfeldern angestrebt.

Veröffentlicht am

16. September 2015

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