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Konstantin Wecker: Besiegen wir den Hass mit Zärtlichkeit und Vernunft

Wenn schlimme Morde passieren, haben es alle eilig, sich auf das Niveau der Täter herab zu begeben und selbst zu morden. Die Führer des christlichen Abendlands haben sich komplett dem "Wert" der Rache verschrieben. Sie bereiten damit den Boden für neuen Hass, neuen Terror, für einen deutschen 13. Oktober. Die Waffenhändler freut’s. Ein solcher Teufelskreis von Härte, Grausamkeit und Dummheit lässt in den Chefetagen die Sektkorken knallen. Konstantin Wecker wünscht sich zwei offenbar unzeitgemäße Werte zurück: Zärtlichkeit und Vernunft.

Von Konstantin Wecker

Liebe Freundinnen und Freunde,

schon vor einigen Wochen habe ich geschrieben, wie verrückt es ist, im Nahen Osten mit ständigen Bombardierungen Öl in ein gewaltiges Feuer zu gießen, unter dem Vorwand, damit den Brand löschen zu wollen.

Nun will Deutschland in den Krieg ziehen. Mit Aufklärungsjets, Luftbetankung und einer Fregatte will Deutschland in die internationale Koalition gegen den IS einsteigen. Man muss kein Pazifist sein, um das schlichtweg als wahnsinnig zu bezeichnen. Verstand, der sich von Mitgefühl und Menschlichkeit getrennt hat, führt in den Wahnsinn. Das ist am derzeitigen Zustand unserer Erde zu beobachten.

Lassen Sie mich bitte Bertha von Suttner zitieren: "Rache und immer wieder Rache! Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden."

Die größten Feinde des IS sind Zärtlichkeit und Großherzigkeit. Mit Bomben können die Herren Krieger umgehen, die lachen sie aus, das sind sie gewöhnt, das ist ihre Sprache. Aber unsere mittlerweile viel geschmähte "Willkommenskultur" ist ihnen suspekt. Wenn sich Christen und Juden und Moslems vertragen, miteinander respektvoll umgehen, fällt es ihnen schwer, verzweifelte, verängstigte und hassende junge Männer zu rekrutieren. Einmal muss der Wahnsinn der andauernden gewalttätigen Vergeltung durchbrochen werden. Den Frieden muss man beginnen!

Karl Kraus schrieb bereits 1909: "Als zum ersten Mal das Wort ‚Friede’ ausgesprochen wurde, entstand auf der Börse eine Panik. Sie schrien auf im Schmerz: ‚Wir haben verdient! Lasst uns den Krieg! Wir haben den Krieg verdient!’"

Machen wir uns nichts vor - im Endeffekt geht es ums Geschäft. Der Krieg ist nun mal das beste Mittel, um die endgültige Katastrophe des ganzen kapitalistischen Wirtschaftssystems immer wieder hinauszuschieben. Wir wollen dieses Ende nicht mehr mit Millionen von niedergemetzelten und hingeschlachteten Menschen hinausschieben. Lasst uns nun vehement dafür eintreten, der Menschlichkeit wieder einen Platz einzuräumen in dieser restlos verrohten Welt.

Quelle: Hinter den Schlagzeilen - 04.12.2015.

Veröffentlicht am

08. Dezember 2015

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