Der Gundremminger Unfall mit Totalschaden am 13.1.1977 mahnt: Wer B sagt, muss auch C sagen! Beide Blöcke 2017 abschalten!Umweltschützer laden zur Aktion vor das AKW Gundremmingen"Wir kappen die Zündschnur und verhindern einen Super GAU in Gundremmingen" Fr. 13. Januar 2017 um 11 Uhr vor dem AKW Gundremmingen Von Raimund Kamm Vor 40 Jahren hatte Deutschlands erster Großreaktor, der Block A im schwäbischen Gundremmingen, einen Unfall mit Totalschaden. Am Gedenktag in 2017 werden die bundesweite Gruppe .ausgestrahlt, die regionale Bürgerinitiative FORUM e.V. und das Münchner Umweltinstitut vor dem AKW mit Blick auf die zwei noch laufenden gefährlichen Siedewasserreaktoren fordern: Wer B sagt, muss auch C sagen! Beide Blöcke 2017 abschalten! Vor 40 JahrenEs begann durch äußeren Einfluss. Am Abend des 13. Januar 1977 war es kalt und feucht. Im zwischen Augsburg und Ulm gelegenen Gundremmingen lief der von AEG, General Electric und Hochtief gebaute erste Großreaktor Deutschlands seit Wochen mit voller elektrischer Leistung von 250 MW. Bei seiner Inbetriebnahme im Dezember 1966 war er der weltgrößte Atomreaktor. Er wurde betrieben von den Stromkonzernen Bayernwerk und RWE. An den zwei Hochspannungsleitungen vom AKW Gundremmingen kam es durch die Kälte zu Isolatorenbrüchen. Dadurch entstanden Kurzschlüsse und die Leitungen fielen aus. Sekundenschnell musste der Generator entlastet und deswegen durfte die starr mit ihm verbundene Turbine nur noch mit wenig Dampf angetrieben werden. Dazu musste die den Dampf erzeugende Kettenreaktion im Reaktor vollgebremst und der meiste Dampf um die Turbine herum geleitet werden. Das den Bypass öffnende Ventil reagierte erst nicht. Daraufhin wurde ein paralleles Reserveventil geöffnet, um den weiter entstehenden Dampf von der Turbine weg in eine Sicherheitskammer zu leiten. Als das Reserveventil aufging, öffnete doch noch das erste Ventil. Jetzt standen zwei Ventile offen. Dadurch sank schlagartig im Hauptkreislauf der Druck. Die Automatik interpretierte dies als gefährlichen Kühlmittelverlust. Ein gefährliches Sinken des Wassers im Reaktorinneren musste unbedingt vermeiden werden. Denn dies könnte die Wasserabdeckung der Brennelemente gefährden und dann zur gefürchteten Spaltelementschmelze führen. Es wurde deswegen vorgewärmtes Kühlwasser in den Kreislauf gepresst. Zwischenzeitlich kam es dabei zu einem Überdruck, der zum Platzen von Berstmembranen führte. Und nach kurzer Zeit stand im Reaktorgebäude etwa drei bis vier Meter hoch das heiße und radioaktive Wasser. Der damalige Kraftwerksleiter sagte dann der Presse, dass alles "einwandfrei funktioniert" habe. Die Reparatur werde einige Wochen in Anspruch nehmen. Auch das Umweltministerium in München äußerte, dass alle Sicherheitseinrichtungen einwandfrei funktioniert hätten und keine radioaktiven Stoffe in die Umgebung gelangt seien. Dass einige Tage später radioaktives Gas und Wasser "kontrolliert" ins Freie abgeleitet wurden, verschwieg man. Heute noch erzählt man sich in der Region, dass das Sediment der benachbarten Donaustaustufe Faimingen radioaktiv verseucht sei und nicht ausgebaggert werden dürfe. Das AKW erhielt dann wegen ungeplanter Betriebsverluste im Jahr 1977 von der Bundesregierung Subventionen von 40,7 Millionen DM. Per 22. Mai 1979 schickte das damals noch zuständige Bundesinnenministerium an den Vorsitzenden des Innenausschusses im Bundestag, den schwäbischen Abgeordneten Axel Wernitz, eine "Übersicht über besondere Vorkommnisse in Kernkraftwerken der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1977 und 1978." Hier heißt es über den Gundremminger Unfall mit Totalschaden wörtlich: >> 13.01.1977 KRB Bruch an einem Stutzen des Primärsicherheitsventils D14 sowie Risse an den Stutzen anderer Primärsicherheitsventile als Folge einer Überspeisung des Reaktordruckbehälters.<< Im Deutschlandfunk am 13.1.2012 wurde mehr berichtet: >>Die Kraftwerksleitung sagt, sie habe den Störfall im Griff. "Es kam zu keiner Freisetzung von radioaktiven Stoffen nach außen. Eine Gefahr für Mensch und Umwelt gab es durch diesen Störfall nicht." Zunächst hofft man, den Schaden schnell beheben zu können. Arbeiter pumpen das radioaktive Wasser heraus und reinigen die kontaminierten Teile mit Bürsten und Dampfstrahlgebläsen. Doch dann entdeckt der TÜV an den Rohren des Kühlkreislaufs feine Risse. Die Betreiber, die Bayernwerke und die Rheinisch Westfälischen Elektrizitätswerke, werden aufgefordert, Teile des Reaktors auszutauschen und ein verbessertes Sicherheitskonzept vorzulegen.<< In den folgenden Jahren äußern immer wieder Wissenschaftler wie die Physiker Peter Kafka (SZ 27.9.85) und Dr. Körblein vom Münchner Umweltinstitut den Verdacht, dass gerade auch um Gundremmingen herum, überdurchschnittlich viele Menschen an Krebs erkranken. Für die Dauerlagerung der etwa 120.000 Kilogramm des Spaltelementmülls aus Block A wird weiter eine Lösung gesucht. Ebenfalls für den schwach- und mittelradioaktiven Müll. Rechnet man auch alle Zuschüsse ein, hat die Kilowattstunde Strom aus Block A über 1 DM gekostet. Rechnet man ferner die Folgekosten für die Atommüllbeseitigung ein, liegen die Kosten noch erheblich höher. Neben dem kaputten Block A wurden Mitte 1984 und zum Jahresende 1984 zwei weitere Siedewasserreaktoren in Betrieb genommen. Die Blöcke B und C. Nachdem deutschlandweit bereits acht von ehemals zehn Siedewasserreaktoren endgültig abgeschaltet wurden und alle vier havarierten Blöcke in Fukushima ebenfalls Siedewasserreaktoren waren, sind die beiden Gundremminger Blöcke B und C die letzten noch laufenden Siedewasserreaktoren in Deutschland. Sie sind alt, abgenutzt und haben keine Entsorgung. Zusammen sind sie das größte, aber auch das gefährlichste AKW Deutschlands. Für die Stromversorgung sind sie nicht erforderlich. Sie dienen den Konzerninteressen von RWE und PreussenElektra (früher Bayernwerk, dann EON). Nach jedem Großunfall (Gundremmingen - Harrisburg - Tschernobyl - Fukushima) werden zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Doch es ist eine gefährliche Illusion zu glauben, jetzt habe man alles im Griff. Der nächste Großunfall der Atomkraft ist gewiss. Nur Ort und Zeit sind ungewiss. Raimund Kamm ist Vorstand von
FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V.
Quelle: FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. - Pressemitteilung vom 11.01.2017. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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