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medico international kritisiert EU-Erpressungspolitik bei Konferenz zur Afghanistan-Hilfe

Als "eine Form der Erpressungspolitik in neokolonialer Manier" bezeichnet der Südasien-Referent von medico international Dr. Thomas Seibert die bekanntgewordenen Pläne der EU für die internationale Hilfskonferenz zu Afghanistan am 4./5. Oktober in Brüssel. Wie ein geleaktes Dokument belegt, plant die EU-Kommission, weitere finanzielle Unterstützung für das zu 40 Prozent von Auslandshilfe abhängige Afghanistan von der Zustimmung der afghanischen Regierung zur Aufnahme von 80.000 afghanischen Geflüchteten aus Europa abhängig zu machen. http://statewatch.org/news/2016/mar/eu-council-afghanistan-6738-16.pdf . Ein entsprechendes Abkommen möchte die Kommission bereits im Sommer nächsten Jahres in Kraft setzen. In parallelen Verhandlungen mit dem Iran und Pakistan soll erreicht werden, dass sich diese beiden Länder bereit erklären, weitere afghanische Geflüchtete aufzunehmen.

"Die Verknüpfung von Finanzunterstützung mit der Verpflichtung zur Rücknahme von Flüchtlingen ist das neue Paradigma der Entwicklungshilfe", so Thomas Seibert. Eine fatale Entwicklung, so der medico-Referent. Denn statt Fluchtursachen zu bekämpfen, verschärfe man damit systematisch die Probleme in den Ausgangsländern und damit die Fluchtursachen. "Wie schizophren diese Pläne sind, zeigt das geleakte Dokument, das systematisch all’ die Gründe auflistet, warum es unmöglich ist, geflüchtete Afghanen zur Rückkehr in ihr Land zu nötigen."

Dabei, so Seibert, setzten deutsche Politiker wie Innenminister Thomas de Mazière auf populistische Slogans wie: Afghanistan habe genug Hilfe bekommen und müsse jetzt allein klar kommen. Tatsächlich ist Afghanistan seit Jahrzehnten Schauplatz globaler Stellvertreter-Kriege, die die Möglichkeiten des Landes zerstört haben, sich selbst zu helfen. Europas Regierungen behaupten, dass zumindest einige Gegenden Afghanistans für Rückkehrer sicher seien. "Das ist falsch", so Thomas Seibert. "Die Sicherheitslage hat sich dramatisch verschlechtert, allein 2015 waren über 11.000 zivile Opfer zu beklagen. Keine Gegend ist wirklich sicher, selbst Kabul nicht." Es gab allein 80 Tote bei einem Anschlag auf eine Demonstration im Juli dieses Jahres. Aufgrund der tiefen ethnischen und religiösen Spannungen, die Ergebnis dieser Stellvertreterkriege seien, könne man Menschen nicht einfach an beliebigen Orten unterbringen. Zudem irrten heute schon über eine Million Binnenflüchtlinge durch das Land.

medico international unterstützt seit vielen Jahren lokale Partnerinnen und Partner in Afghanistan. Darunter die Menschenrechts- und Demokratieorganisation AHRDO, die mit lokalen multiethnischen Projekten, sich um die gesellschaftliche und juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen bemüht und Ansätze lokaler Selbstverwaltung fördert.

Quelle: medico international - Pressemitteilung vom 30.09.2016.

Fußnoten

Veröffentlicht am

01. Oktober 2016

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