600 Menschen demonstrierten in Pforzheim gegen Abschiebehaft, Abschiebegewahrsam und den weiteren Abbau von FlüchtlingsrechtenAnders handeln als der Staat und nach eigenen Spielräumen suchen…"Flucht und Migration ist kein Verbrechen" und "Wir fordern die sofortige Schließung aller Abschiebegefängnisse" riefen 600 Menschen am Samstag, den 13.5.2017 in Pforzheim, die dem Aufruf des AntiRA- Netzwerkes gefolgt waren. Gekommen waren viele Geflüchtete, ein Großteil davon aus Afghanistan. Ihre Plakate zeigten Forderungen wie "Stoppt Abschiebung", "Grenzen auf für alle Flüchtlinge", "Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben" oder Bilder aus Kriegsgebieten im angeblichen "sicheren" Afghanistan. Hintergrund der Demonstration war u.a. das geplante Gesetz "zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht", das Rückübernahmeabkommen mit Afghanistan, die Sammelabschiebungen nach Afghanistan, die Dublin-Abschiebungen und das geplante Dublin IV-Abkommen sowie die regelmäßigen Sammelabschiebungen vom Flughafen Karlsruhe Baden-Baden in die Länder des Balkan. Christian Schmidt vom Forum Asyl und der Initiative gegen Rechts Pforzheim betonte in einer Ansprache, dass die Ziele der Aktion die Schließung des Abschiebegefängnisses in Pforzheim sowie die sofortige Abschaffung von Abschiebehaft seien. Die Verhältnisse der Flüchtlinge im Pforzheimer Gefängnis seien "bedrückend und aussichtslos", so Schmitt weiter. Abschiebehaft stehe in direktem Gegensatz zur Willkommenskultur und trage dazu bei, die Geflüchteten zu kriminalisieren. "Hinter der Mauer sind Freunde, Unschuldige und teilweise bereits lange in Deutschland lebende Menschen, die vor Krieg geflohen sind", sagte Ali Soltani vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. Für Empörung unter Demonstranten sorgte auch der Ausbau der Hafteinrichtung in Pforzheim auf 80 Haftplätze, in der ab 2018 möglicherweise auch Familien untergebracht werden können. Der Historiker Gerhard Brändle wies für den DGB Pforzheim auf die düstere Geschichte des Gefängnisses in Pforzheim hin, von dem in der NS-Zeit Jüdinnen und Juden, Nazigegner_innen und Personen aus dem Widerstand in den Tod deportiert wurden. "Geschichtslos" nannte er die Einrichtung eines Abschiebegefängnisses, in "ein Gebäude mit einer ganz schlimmen, schrecklichen, vor allem mörderischen Geschichte." Vor dem Abschiebegefängnis gab es Beiträge von Geflüchteten aus Afghanistan. Reden in englischer, kurdischer und arabischer Sprache wurden gehalten, um die Gefangenen zu erreichen. Ein Redner des Offenen antirassistischen Treffen Karlsruhe ging auf die vielfältigen Fluchtgründe ein. Neben Krieg und Hunger, politischer, rassistischer, geschlechtsspezifischer oder religiöser Verfolgung, führt auch der Export von hochsubventionierten Nahrungsmitteln zu Flucht. Der Export, die bestehenden und geplanten "Freihandelsabkommen", sowie die sogenannte Klimakatastrophe zerstört immer mehr die Lebensgrundlage vieler Menschen. Nach UN-Angaben sind mehr als 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Nur ein kleiner Teil davon sucht eine Perspektive in der EU. Der Redner zitierte das Bundesverfassungsgericht nach dem zur Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) auch die elementare Rechtsgleichheit gehöre und auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte damit nicht vereinbar seien." Die aktuelle Flüchtlingspolitik sei damit jedenfalls nicht vereinbar. Es gelte Offene Grenzen, gleiche Rechte und globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen durchzusetzen. Walter Schlecht vom Antirassistischen Netzwerk Baden-Württemberg forderte die Freilassung der im Abschiebegefängnis Inhaftierten. Freiheitsentzug sei die härteste Strafe die unser Rechtssystem überhaupt kennt. Er verurteilte die Inhaftierung von Menschen, die zu keinem Zeitpunkt eine Straftat begangen haben. Um einer Politik der Abschiebung zu begegnen rief Schlecht zu Bildung von Zufluchts-Städten auf. Die Idee, als Stadt anders zu handeln, als der Staat und nach eigenen Spielräumen zu suchen, um Geflüchtete zu schützen, ist nicht neu. Heute gibt es etwa 250 Städten in den USA, Kanada, GB, Spanien und Italien die das Konzept der Zufluchts-Stadt vertreten. Bereits in 16 Städten in Deutschland gäbe es Diskussionen zur Bildung von Solidarity Cities, wobei sich in 8 Städten bereits konkrete Initiativen gebildet haben. Zum Abschluss gab es noch kämpferische Beiträge von afrikanischen Geflüchteten von Refugees for Refugees. Sie sprachen sich gegen die Zerstörung ihre Herkunftsländer aus und betonten, dass sie das Recht haben hierher zu kommen und hier zu bleiben. Die Anwesenden waren sich einig, es wird keine Ruhe geben, bis die Abschiebegefängnisse nicht geschlossen sind. Quelle: AntiRA-Netzwerk Baden-Württemberg - Pressemitteilung vom 14.05.2017. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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