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Richter bekräftigen Gemeinnützigkeit von Attac

Hessisches Finanzgericht legt schriftliche Urteilsbegründung vor / Finanzamt wirft Globalisierungskritikern weiterhin Knüppel zwischen die Beine

Das globalisierungskritische Engagement von Attac dient der Förderung des demokratischen Staatswesens und der politischen Bildung. Attac ist daher gemeinnützig. Das haben die Richter am Hessischen Finanzgericht in Kassel erneut bekräftigt: Einige Monate, nachdem das Gericht der Klage von Attac gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit durch das Frankfurter Finanzamt stattgegeben hat, liegt nun die schriftliche Urteilsbegründung vor.

"Entgegen der Auffassung des Finanzamts sprechen die thematischen Schwerpunktaktionen […] nicht gegen die Gemeinnützigkeit des Klägers. Mit diesen Themen hat sich der Kläger im Rahmen der Förderung der politischen Bildung und des demokratischen Staatswesens vielmehr kritisch an einem gesellschaftlichen Diskurs beteiligt, der […] die in der Gesellschaft vorhandenen Interessenkonflikte aufgreift", lautet eine zentrale Passage in dem 47-seitigen Schriftstück.

Das Gericht widerspricht insbesondere der Auffassung des Finanzamts, Attac sei zu politisch: "Die Betätigung gemeinnütziger Organisationen muss dabei auch die politische Ebene tangieren können, ansonsten droht ein faktisches Leerlaufen ihres Engagements innerhalb unserer Zivilgesellschaft. Die politische Tätigkeit darf nur nicht Selbstzweck der politischen Agitation sein." Dies sei bei Attac nicht der Fall, vielmehr seien die Aktionen des Netzwerks in ein "vielfältiges Informations- und Bildungsangebot über fiskalische und wirtschaftliche Zusammenhänge" eingebettet.

Und die Richter stellen klar: "Information und Aufklärung bei der politischen Bildung […] können auch Anregungen für die Bürgerinnen und Bürger zur Abwendung […] schädlicher Entwicklungen der Gesellschaft bedeuten."

Trotz dieses klaren Richterspruchs hat das Frankfurter Finanzamt beim Bundesfinanzhof Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Damit ist das Urteil vom November 2016 nach wie vor nicht rechtskräftig. Attac kann vorerst weiterhin keine Spendenbescheinigungen ausstellen und wird in seinem gemeinnützigen Engagement für eine gerechte Gesellschaft und in seiner Bildungsarbeit stark eingeschränkt.

"Die Frankfurter Finanzverwaltung ist offenbar entschlossen, das Engagement von Attac mit aller Kraft zu behindern und uns so viele Knüppel wie nur möglich zwischen die Beine zu werfen. Dabei beharrt die Behörde im Gegensatz zu den Richtern auf einem autoritär-obrigkeitsstaatlichen Verständnis zivilgesellschaftlichen Engagements, das in einer modernen Demokratie nichts zu suchen hat", sagt Dirk Friedrichs vom Vorstand des Attac-Trägervereins. "Die politische Verantwortung liegt bei der schwarz-grünen Landesregierung, mit deren Kenntnis, wenn nicht gar Billigung, das Finanzamt seinen Feldzug gegen Attac führt."

Hintergrund

Mit der Behauptung, Attac sei zu politisch, entzog das Finanzamt Frankfurt dem Netzwerk am 14. April 2014 die Gemeinnützigkeit. Insbesondere der Einsatz für eine Finanztransaktionssteuer oder eine Vermögensabgabe diene keinem gemeinnützigen Zweck, hieß es zur Begründung. Attac legte umgehend Einspruch ein, den das Finanzamt nach mehr als anderthalb Jahren im Januar 2016 zurückwies. Attac reichte daraufhin Klage ein, der das Hessische Finanzgericht am 10. November 2016 vollständig stattgab: Attac habe weder einseitig agitiert, noch Partikularinteressen geltend gemacht, sondern nur zum demokratischen Diskussionsprozess beigetragen, um durch sachliche Auseinandersetzung zu einer "besten Lösung" zu kommen.

Infolge der Entscheidung des Finanzamts können die Mitglieder und Unterstützer der Attac-Arbeit seither ihre Beiträge und Spenden nicht mehr von der Steuer absetzen. Dennoch traten nach dem Entzug der Gemeinnützigkeit viele Menschen unter dem Motto "Jetzt erst recht!" dem globalisierungskritischen Netzwerk bei. Auch die Anzahl und Höhe der Spenden stieg an.

Gemeinsam mit anderen Organisationen hat Attac die Gründung der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" angestoßen, die im Juli 2015 die Arbeit aufgenommen hat. Die Allianz setzt sich für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht und eine Änderung der Abgabenordnung ein. Ihr angeschlossen haben sich mehr als 80 Vereine und Stiftungen - darunter neben Attac beispielsweise auch Brot für die Welt, Amnesty International, Medico International, Oxfam, Terres des Hommes und Campact. Lebenshaus Schwäbische Alb ist Gründungsmitglied der Allianz.

Weitere Informationen:

Quelle: Attac Deutschland - Pressemitteilung vom 17.05.2017.

Weblink:

Veröffentlicht am

17. Mai 2017

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