Gut besuchte Protestkundgebung gegen Afghanistan-Abschiebungen80 Menschen versammelten sich am 31. Mai 2017 zu einer Kundgebung in Gammertingen (Landkreis Sigmaringen), um gegen die ursprünglich für diesen Abend vorgesehene sowie gegen weitere geplante Sammelabschiebungen nach Afghanistan zu protestieren. In einer Rede ging Michael Schmid vom Veranstalter Lebenshaus Schwäbische Alb auf aktuelle Ereignisse sowie Hintergründe und Zusammenhänge der Afghanistan-Abschiebungen ein ( Redemanuskript ). Gudrun Scheuerle und Walter Märkle trugen einen Text mit einem "Plädoyer für eine WELT- INNENPOLITIK" (S. 50ff.) vor, Zubair und Katrin Warnatzsch einen Hilferuf von 40 afghanischen Geflüchteten aus dem Landkreis Konstanz ( Hilferuf Dari / Hilferuf Deutsch ). Bernd Geisler spielte zwischendurch Musikstücke auf dem afghanischen Instrument Sarod. Zum Abschluss stimmte Anneliese Volz das Lied "We shall overcome" zum gemeinsamen Gesang an. Insbesondere für die zahlreich anwesenden afghanischen Geflüchteten war diese Versammlung wieder sehr wichtig und ermutigend. Angesichts der Tatsache, dass fast alle einen Ablehnungsbescheid durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhalten haben - eine ziemlich niederschmetternde, deprimierende und angstmachende Nachricht für die Betroffenen - tut Solidarität gut, die auf diese Weise zum Ausdruck kommt. Das äußern sie immer wieder. Die Bundesregierung hat sich bis Donnerstagabend dazu durchgerungen, Abschiebungen nach Afghanistan vorerst auszusetzen - mit der Ausnahme von "Straftätern und Gefährdern". Den Tag über gab es ein bizarres Wettrennen um den vorläufigen Abschiebestopp. Die Entscheidung kam einen Tag nach dem schweren Bombenanschlag in Kabul zustande, bei dem wohl über 100 Menschen getötet und ca. 600 Menschen verletzt wurden. Und, was eine nicht unwesentliche Rolle spielte: die deutsche Botschaft wurde ziemlich demoliert. Schließlich haben auch die Proteste ihre Wirkung hinterlassen. Solche haben am 31. Mai 2017 außer in Gammertingen an zahlreichen Orten in ganz Deutschland stattgefunden, in Baden-Württemberg an mindestens neun. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg schreibt: "Protest wirkt! Vielen Dank an die vielen Menschen, die in den letzten Monaten laut Protest gegen die unsäglichen Abschiebungen nach Afghanistan geäußert haben. Es ist zwar noch kein kompletter Abschiebestopp, aber ein Schritt in die Richtung. Lasst uns weiter laut sein. Lasst uns unseren PolitikerInnen zeigen, wie viele Menschen (und potentielle WählerInnen) weiterhin eine Politik auf der Grundlage der Menschenrechte wollen." Unser weiteres Engagement ist erforderlich, um einen kompletten Abschiebestopp nach Afghanistan zu erreichen. Der im Übrigen auch für StraftäterInnen und vermeintliche Gefährder und deren Recht gelten muss, überleben zu können. Wichtig ist ebenfalls die Forderung von PRO ASYL, die in 2016 und 2017 abgelehnten Asylanträge aus Afghanistan aufzuheben und neu zu bearbeiten. Geflüchteten aus Afghanistan ist ein sicherer Aufenthaltsstatus zu gewähren, der das Recht auf Familiennachzug beinhaltet. Voraussichtlich am 28. Juni 2017 werden wir in Gammertingen eine weitere Protestkundgebung für diese Ziele machen. Vor einer endgültigen Festlegung wollen wir die weitere Entwicklung noch etwas abwarten. Inzwischen fordert sogar die afghanische Regierung einen Stopp aller Abschiebungen von afghanischen Geflüchteten aus Deutschland. Die gegenwärtige Lage in ihrem Land sei "gemäß dem humanitären Völker- und Flüchtlingsrecht so, dass afghanische Flüchtlinge nicht mehr nach Afghanistan geschickt werden dürfen", sagte die stellvertretende Flüchtlingsministerin Alema Alema der Deutschen Welle. Andererseits sprechen sich insbesondere Unionspolitiker gegen einen vollständigen Abschiebestopp aus. "Ein vollständiger Abschiebestopp wäre auch ein Sieg für die Terroristen", argumentierte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), gegenüber der Passauer Neuen Presse. Und der Justiziar der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, erwiderte die Forderung nach einem vollständigen Abschiebestopp gegenüber der gleichen Zeitung mit der Feststellung, auch nach dem Anschlag in Kabul habe sich die allgemeine Sicherheitslage im Land nicht geändert. "Es gibt weiterhin inländische Fluchtalternativen, sichere Provinzen so groß wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zusammen", phantasiert der CSU-Politiker weiter. Diesen Politikern, die nach wie vor an der Lüge von sicheren Regionen in Afghanistan festhalten und Proteste gegen die Abschiebungen für unangemessen halten, ist dringend folgender Vorschlag von Prof. Michael Daxner zu empfehlen, der durchaus über die Innenminister hinaus ausgeweitet werden kann: "Um die von Regierungsseite diskreditierten Proteste zu entkräften, könnten die Innenminister ihre Familienmitglieder und am besten sich selbst als Begleitpersonen mit den Abgeschobenen nach Kabul begeben, um in der sicheren Zone von Wazir Akbar Khan danach für die ankommenden Personen zu sorgen. Und um für sie sichere Verbannungsorte ausfindig zu machen." Und er fügt hinzu: "Die deutschen Behörden sind nicht in der Lage, ihre Botschaft und ihr Konsulat zu schützen. Aber Afghanistan ist sicher…" (Michael Schmid) Weblinks:
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