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Weltweites Verbot von Atomwaffen: Den Rückenwind nutzen

Von Andreas Zumach

Die Bundesregierung sollte ihren Boykott der UNO-Verhandlungen über ein weltweites Verbot von Atomwaffen endlich aufgeben. Das finden auch drei Viertel aller wahlberechtigten Deutschen. Eine derartige Kluft zwischen Regierung und Bevölkerung in einer rüstungs(kontroll)politischen Frage gab es zuletzt 1982. Damals votierten ebenfalls 75 Prozent aller Befragten in einer vom ZDF-Wahlbarometer in Auftrag gegebenen Infratest-Umfrage gegen die Stationierung neuer US-amerikanischer Atomraketen in Deutschland, wie sie vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl geplant war.

Mit dem Bemühen, die Veröffentlichung dieses unliebsamen Umfrageresultats durch das ZDF zu verhindern, scheiterte das Kanzleramt seinerzeit glücklicherweise. Ebenso erging es Bundesaußenminister Sigmar Gabriel mit dem Versuch, beim jüngsten Evangelischen Kirchentag in Berlin die Abstimmung über eine Resolution zu unterbinden, in der die Bundesregierung zur Teilnahme an den UNO-Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot aufgefordert wird. Die Resolution erhielt schließlich eine Zustimmung von über 90 Prozent.

Dabei wäre Gabriel gut beraten, den Rückenwind aus der Bevölkerung zu nutzen - und den ersten Boykott multilateraler Rüstungskontrollverhandlungen durch eine Regierung in der gesamtdeutschen Geschichte endlich aufzugeben. Für eine Kurskorrektur hätte der Außenminister auch im Bundestag eine überwältigende Mehrheit über die Fraktionen von SPD, Linkspartei und Grüne hinaus.

Bereits im März 2010 hatte das Parlament fast einstimmig den Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland gefordert. Dieser Beschluss wird von der Regierung missachtet. Bleibt Gabriel beim Boykott der UNO-Verhandlungen, nährt er den Verdacht, dass auch er die Option zumindest einer deutschen Mitverfügung über Atomwaffen im Rahmen einer künftigen gemeinsamen europäischen Militärpolitik offenhalten will.

Quelle: taz - 14.06.2017. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

16. Juni 2017

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