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Sonderbeauftragte der UNO: Das Machtgefälle bleibt

Die Kompetenzen der neuen UNO-Sonderbeauftragten gegen sexuelle Ausbeutung und Missbrauch sind unklar. Am Grundproblem wird sich nicht ändern.

Von Andreas Zumach - Kommentar

Ob die neue UNO-Sonderbeauftragte für die Opfer von sexueller Ausbeutung und Missbrauch durch Blauhelmsoldaten tatsächlich etwas bewirken kann, hängt von ihren künftigen Kompetenzen ab. Welche Handhabe bekommt sie gegenüber den Entsendestaaten der sexuellen Gewalttäter, wenn diese den Schutz und die Entschädigung der Opfer verweigern? Oder wenn ein Staat - wie in der Vergangenheit häufig geschehen - nicht einmal ein Strafverfahren gegen die Täter einleitet?

Diese wichtigen Fragen sind bislang noch nicht geklärt. Doch selbst wenn die Sonderbeauftragte Kompetenzen erhält, mit denen sie tatsächlich etwas für die Opfer bewirken kann, bleibt ein großes Manko: Ihr Mandat enthält wie alle bisherigen UNO-Beschlüsse zu diesem Thema eine unzureichende Definition von "sexueller Ausbeutung und Missbrauch". Als Opfer werden zwar konkrete Personengruppen benannt, wie "Frauen und Kinder in Flüchtlingslagern" oder Minderjährige.

Doch die häufigste Form von Ausbeutung, Missbrauch und Gewalt bleibt weiterhin erlaubt: sexuelle Beziehungen zwischen den - bislang zu 95 Prozent männlichen - Angehörigen von UNO-Missionen und erwachsenen Frauen aus der Zivilbevölkerung des Einsatzlandes. Man könne den Soldaten, die monatelang weit entfernt von ihren PartnerInnen stationiert sind, nicht verbieten, dieses Angebot "freiwilliger Prostitution" wahrzunehmen, behaupten die Regierungen und Armeeführungen der Entsendestaaten - auch in Berlin.

"Freiwillig" ist ein Mythos. Tatsächlich sind Machtgefälle und Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Blauhelmsoldaten und der Zivilbevölkerung ihres Einsatzlandes in jeglicher Hinsicht noch viel größer als bei der Prostitution in den jeweiligen Heimatländern. Es wäre besser, für jede UNO-Mission würde künftig ein Bordell bereitgestellt - mit fair bezahlten und versicherten SexarbeiterInnen aus den Entsendestaaten der Soldaten.

Andreas Zumach. Seit 1988 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan… geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung. Bücher: Globales Chaos - machtlose UNO (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995)

Quelle: taz - 24.08.2017. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

27. August 2017

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