Der Wachstumswahn schlägt die EnergietechnikEnergieeffizienz hin, erneuerbare Energie her: Das globale Wachstum der Wirtschaft wirkt stärker als der technische Wandel.Von Hanspeter Guggenbühl Die Energiewende findet statt. Auch global. Und jetzt auch in den Papieren der Internationalen Energieagentur (IEA). Das zeigt der neuste Weltenergie-Ausblick (WEO), den die IEA am Dienstag dieser Woche veröffentlichte und die meisten Schweizer Medien ignorierten. Im Zentrum des WEO 2017 steht nicht mehr ein Referenzszenario, das die Entwicklung "Weiter wie bisher" abbildet, sondern das Szenario "Neue Politik". Dieses geht davon aus, dass alle Staaten alle politischen und technischen Maßnahmen umsetzen werden, die sie an der Klimakonferenz von 2015 in Paris ankündeten - ohne sich aber verbindlich darauf zu verpflichten. Prognosen, basierend auf der "Neuen Politik"Gegenüber der trendmäßigen Entwicklung erwartet das IEA-Szenario "Neue Politik" im Zeitraum von 2016 bis 2040 folgende "großen Veränderungen":
Wachstum der Wirtschaft schlägt technischen WandelWenn es trotz globaler Energiewende nicht gelingt, die Zunahme des CO2-Ausstosses zu stoppen, ist das auf eine zentrale Zahl zurückzuführen: 3,4 Prozent. Das Szenario "Neue Politik" der IEA geht davon aus, dass die Weltwirtschaft, gemessen am realen Bruttoinlandprodukt aller Staaten, von 2016 bis 2040 im Schnitt um 3,4 Prozent pro Jahr wachsen wird. Das ergibt in 24 Jahren ein Wachstum von 123 Prozent (!). Der Großteil dieses Wachstums ist auf Mehrkonsum pro Person zurückzuführen, der kleinere Teil auf die Zunahme der Weltbevölkerung. So rechnet die IEA, dass 2040 neun Milliarden Menschen auf der Erde leben werden, was einer Bevölkerungszunahme von 22 Prozent entspricht. Das globale Wirtschaftswachstum schlägt damit die von der IEA vorausgesetzte Steigerung der Energieeffizienz und die zunehmende Nutzung von erneuerbarer Energie. Suffizienz, also Genügsamkeit in Produktion und Konsum von Gütern und Dienstleistungen sieht die IEA nicht vor. Kapitulation vor eigenem ZielIm Gegenteil: Die Internationale Energieagentur verfolgt nach eigenem Bekunden fünf "grundlegende Ziele". Das erste: "Die Sicherung des Zugangs der Mitgliedsländer zu einer verlässlichen und umfassenden Versorgung mit allen Energieformen". Das zweite: "Die Förderung nachhaltiger energiepolitischer Maßnahmen, die Wirtschaftswachstum und Umweltschutz in einem globalen Kontext antreiben - vor allem in Bezug auf die Reduzierung der zum Klimawandel beitragenden Treibhausgasemissionen". Was zeigt: Der neuste IEA-Weltenergie-Ausblick ist auch eine Kapitulationserklärung gegenüber seinem eigenen "grundlegenden Ziel". Hanspeter Guggenbühl ist Autor des Buches "Die Energiewende, und wie sie gelingen kann", Somedia/Rüegger-Verlag, 2013. Quelle: Infosperber.ch - 16.11.2017. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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