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EU-Afrika-Gipfel: Alte Muster überwinden und neue Chancen nutzen

Das Thema "Beschäftigung für die Jugend in Afrika" steht im Mittelpunkt des fünften Gipfeltreffens der EU mit der Afrikanischen Union am 29./30. November in Abidjan in der Elfenbeinküste. Die EU hat dafür einiges im Gepäck, von Nothilfeversprechungen für die Bekämpfung von Migrationsursachen bis hin zu Investitionsoffensiven in Milliardenhöhe. Die Erfahrung aus den vergangenen vier Gipfeln zeigt allerdings, dass die viel beschworenen guten Absichten am Ende kaum Zählbares bringen. Dabei bietet das zentrale Thema des Gipfels, die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, genug Stoff um über mindestens zwei Grundsatzfragen nachzudenken: Handel und Investitionen.

Mehr als 30 Mio. Arbeitsplätze in der EU hängen vom Export von Waren und Dienstleistungen ab. Mit Hilfe von Handels- und Investitionsabkommen, wie die Wirtschaftspartnerschaften (EPA) oder der Europäische Fonds für Nachhaltige Entwicklung (EFSD) als Kernstück der EU-Investitionsoffensive für Afrika und die Anrainerstaaten der EU sollen Handels- und Investitionshemmnisse zugunsten europäischer Unternehmen beseitigt werden. Geht es nach den Wünschen der EU müssen afrikanische Länder mindestens 80 % ihres Handels durch Zoll- und Steuersenkungen liberalisieren.

Eine solche Öffnung ohne Berücksichtigung der vielerorts schwachen institutionellen und produktiven Strukturen in Afrika hätte fatale Folgen. Erstens besteht die große Gefahr, dass billige Importe aus Europa Waren aus lokaler Produktion vom Markt verdrängen und verarbeitende Industrien in Afrika zerstören. Zweitens werden damit die Möglichkeiten für einen innerafrikanischen Handel eingeschränkt und regionale Wertschöpfungsketten auseinandergerissen. Dabei hatte sich die Afrikanische Union vorgenommen, den innerafrikanischen Handel bis auf 50 % des Außenhandels zu erhöhen und damit regionale Wertschöpfungsketten als Teil einer Industrialisierungsstrategie zu fördern. Drittens brechen den Ländern durch die Zollsenkungen wichtige Staatseinnahmen weg, die in einigen Fällen einen hohen Anteil am Bruttoinlandsprodukt ausmachen. Solche Verluste durch vermehrte Entwicklungshilfe aufzufangen, könnte zwar die EU in ein positives Licht als großzügigen Geber rücken. Letztlich aber würde das Bild einseitiger Abhängigkeit zementiert.

"Es kann nicht darum gehen, den Schaden, den andere Politikbereiche wie Handels- oder Agrarpolitik in Afrika anrichten, durch Kompensationszahlungen in Form von mehr Entwicklungshilfe zu mildern", meint Dr. Pedro Morazán, Handelsexperte bei SÜDWIND. "Vielmehr müssten gerade die harten Themen wie Handels- und Investitionsfragen jetzt ganz neu gedacht werden. Wenn die Regierungschefs das Ziel der Zukunftschancen für die Jugend in Afrika ernst nehmen, braucht Afrika jetzt vor allem eine strategische Partnerschaft, die die eigene Industrialisierung und die dynamischen kleinen und mittleren Unternehmen in der Region fördert. Sie sind es, die das größte Potential zur Schaffung von Arbeitsplätzen haben."

Aus Sicht von SÜDWIND sollte der Gipfel daher als eine Chance genutzt werden, die Bedenken der afrikanischen Staaten ernst zu nehmen und eine neue Handelsagenda für nachhaltige Entwicklung zu starten, die die EPA auf eine völlig neue Basis stellt. In erster Linie müssen sie Zölle im Rahmen einer sinnvollen Industrialisierungsstrategie zulassen, so dass afrikanische Regierungen die Möglichkeit haben, Schutzmaßnahmen für junge im Aufbau befindliche Industrien vorzunehmen und kleine und mittlere Unternehmen zu fördern. Die EU sollte so regionale inner-afrikanische Integrationsprozesse klar unterstützen und ihren handelspolitischen Beitrag zur Erreichung der Ziele der Afrikanischen Union definieren. Nur so könnte eine alternative Handels- und Investitionspolitik der EU die Ziele einer nachhaltigen Industrialisierungsstrategie mit den Zielen der Agenda 2030 (SDG) verbinden.

Das zum Gipfel erschienene Fact Sheet "Perspektive wechseln! EU-Handels- und Investitionspolitik und die SDG in Afrika" wurde von Engagement Global im Auftrag des BMZ und von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW gefördert.

 

Quelle: SÜDWIND e.V. - Pressemitteilung 28.11.2017.

Veröffentlicht am

28. November 2017

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