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Fire and Fury: Zirkus mit Clowns im Weißen Haus?

Das Buch zeichnet das Bild eines kindischen, eitlen Präsidenten. Was es nicht anspricht: Trump setzt seine Ziele konsequent durch.

Von Erich Gysling

321 Seiten dick ist "Fire and Fury" von Michael Wolff im englischsprachigen Original - und alles, was man gegen diese gründliche Recherche sagen kann ist: Sie erschöpft sich etwas vor der Hälfte zwischen den Buchdeckeln. Was danach kommt, ist ein bisweilen etwas bemühtes Nachzeichnen von Rivalitäten zwischen Macht- oder eher Ohnmachtszentren im Weißen Haus. Alles davor aber ist Resultat guter journalistischer Arbeit, u.a. aufgrund von mindestens 200 Interviews. Die allerdings führte er oft mit Leuten, das gibt er zu, die ihre Informationen nur aus zweiter Quelle hatten.

Der Bruch im Buch hängt offenkundig mit der Arbeitsweise des Autors zusammen: noch bis einige Wochen nach der Amtsübernahme durch die Trump-"Administration" (man muss diesen Begriff nach der Lektüre in Anführungszeichen setzen) hatte Wolff Zugang zum Weißen Haus, dann wurden ihm die Pforten zum Klatsch- und Informationsparadies versperrt. Der Leser, die Leserin muss jedoch davon ausgehen, dass sich am Innenleben des Machtzentrums in Washington nur graduell etwas geändert hat - insofern, als der ehemalige General John F. Kelly als Stabschef Schlimmstes verhindert und Steve Bannon die Metamorphose vom Freund und Helfer Donald Trumps zu dessen Gegner vollzogen hat und aus dem Umfeld des Präsidenten verstoßen wurde.

"Fire an Fury" zeichnet das Bild eines kindischen, eitlen, weltunkundigen und lernunwilligen Präsidenten, der die Wahl eigentlich gar nicht gewinnen, sondern sich auf die Rolle eines vom Establishment Betrogenen kaprizieren wollte. Und einer Entourage, die aus Schmeichlern, Karrieristen und Opportunisten besteht. Hinter dem Rücken wird (wurde zumindest) über den Chef gelästert und alles Lächerliche an Dritte weitergegeben. Wolff dokumentiert diesen Zirkus hervorragend, auch auf unterhaltsame Weise - mit dem Ziel, dieser Präsidentschaft den Todesstoß zu versetzen. Das gibt er so zwar in "Fire and Fury" nicht zu erkennen, sagte es aber in einem Interview mit der britischen BBC.

Was Wolff nicht anspricht: Donald Trump mag sich, das zeigen seine Twitter-Mitteilungen, bizarr, unberechenbar, launenhaft verhalten, aber seine wichtigsten Ziele setzt er ja doch mit erstaunlicher (und erschreckender) Konsequenz durch:

  • die Zuwanderung aus mehreren muslimischen Ländern ist weitgehend blockiert;
  • die Mauer an der Grenze zu Mexiko wird (wenn auch nicht ganz so "schön", wie von Trump vorausgesagt) gebaut;
  • die USA haben Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt;
  • der Austritt aus internationalen Klimaabkommen ist ebenso vollzogen wie das Ausscheiden aus der Unesco;
  • in den USA kann wieder ohne Einschränkungen Kohle produziert werden (ob sie jemand wirklich braucht, ist ein anderes Thema) und der Naturschutz wird zurückgefahren;
  • die Entkrampfung der Beziehungen zu Kuba und zu Iran (zwei Errungenschaften der Obama-Präsidentschaft) ist Vergangenheit;
  • internationale Handelsabkommen sind blockiert;
  • der US-Wirtschaft geht es besser als erwartet - und die Rüstungsindustrie boomt, u.a. aufgrund der hemmungslosen Aufrüstung Saudiarabiens.

Das Alles steht in merkwürdigem Gegensatz zum Befund des Autors von "Fire and Fury", im Weißen Haus seien alle Entscheidungen dem Zufall zuzuschreiben. Die Realität ist viel schockierender: Donald Trump hält sich starrsinnig an die Agenda, die er schon im Wahlkampf setzte und zieht sie, trotz des Chaos’ rundherum, erbarmungslos durch. Da er sich als Genie betrachtet, wird er seinen Kurs auch in Zukunft nicht ändern. Im Notfall hat er ja noch "den größeren Atomknopf" als "the little rocket man", Kim Jong-un, im fernen Nordkorea.

Quelle: Infosperber.ch - 08.01.2018.

Veröffentlicht am

17. Januar 2018

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