Finanzamt-Studie: Gemeinnützigkeitsrecht muss verbessert werdenKonflikte zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Finanzämtern um die Gemeinnützigkeit sind keine Einzelfälle , wie immer wieder behauptet wird. Zu politischer Einmischung, zum Schutz der Menschenrechte oder für mehr Demokratie ist die Abgabenordnung als zugrunde liegendes Gesetz nicht eindeutig und führt deshalb zu völlig verschiedenen Ergebnissen. Das belegt die Finanzamt-Studie mit dem Titel "Engagiert Euch - nicht? Wie das Gemeinnützigkeitsrecht politisches Engagement behindert", die die Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" mit Unterstützung der Otto Brenner Stiftung durchgeführt hat. Je ein Drittel aller zuständigen Finanzämter wurde mit jeweils identischen Satzungen angeschrieben. Die Hälfte der Antworten bestätigte die Gemeinnützigkeit, die andere Hälfte nicht. Je deutlicher die politische Einmischung war, desto geringer die Anerkennungsquote - aber nie so gering, dass die anerkennenden Finanzämter eine Minderheit gewesen wären. Damit ist bewiesen, dass die Probleme mit der Gemeinnützigkeit bereits bei der Gründung von Vereinen beginnen und sich in der konkreten Arbeit fortsetzen. Statt zivilgesellschaftliches Engagement großzügig zu fördern und rechtlich abzusichern, führt das Gemeinnützigkeitsrecht zu Rechtsunsicherheit für demokratisches Engagement. Wer von Demokratieförderung redet und von Engagement für Grundwerte, der muss dieses Engagement einfach machen - der Bundestag und die neue Bundesregierung müssen zügig handeln. "Wir wollen ein Gemeinnützigkeitsrecht, das den Anforderungen an zivilgesellschaftliche Organisationen Rechnung trägt. Daher werden wir gesellschaftspolitisch bedeutsame Bereiche in den Katalog gemeinnütziger Zwecke aufnehmen", hatte die SPD in ihrem Bundestagswahlprogramm versprochen. Im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und CSU steht immerhin die Ankündigung, das Gemeinnützigkeitsrecht zu verbessern und zu entbürokratisieren. Bundestag und neue Regierung müssen handelnDie SPD hat mit ihrer Regierungsbeteiligung die Chance, dies mit Leben zu füllen:
Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Demokratie-Kommission muss genutzt werden, um über die Rolle selbstloser zivilgesellschaftlicher Organisationen zu diskutieren. Die Parteien müssen verstehen, dass politisches Engagement auch außerhalb ihrer Organisationen und der Parlamente stattfindet. Politisches Engagement findet ganz unabhängig von Parteien und der Bewerbung um Mandate statt. Dieses Engagement darf nicht schlechter gestellt sein als eigennützige Lobbyarbeit. Die Hälfte der Finanzämter sagt JaFür die Finanzamt-Studie wurden drei Vereine konstruiert, die sich mit ihrer Arbeit politisch einmischen, um selbstlos die Allgemeinheit zu fördern. Deren Satzungen wurden im Juli 2017 an je ein Drittel der zuständigen Finanzämter geschickt mit gleichlautenden Briefen und der Bitte, die Anerkennung der Gemeinnützigkeit zu prüfen. 166 Antworten gingen ein, bevor das Bundesfinanzministerium auf die Studie aufmerksam wurde und Anweisung erteilte, nicht zu antworten.
Je nach Fall erkannten zwischen 40 und 70 Prozent der antwortenden Finanzämter die Satzungen als gemeinnützig an. Die Ablehnungen beim Verein "Musik ist Leitkultur" (48 Prozent) wurden größtenteils damit begründet, dass der Verein Lobbyarbeit betreibe und auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen wolle. Insgesamt fallen die Ablehnungsbegründungen sehr verschieden aus. Wären Abgabenordnung und Anwendungserlass eindeutig, wäre zu erwarten, dass mindestens 90 Prozent der Finanzämter zu einem gleichen Ergebnis kommen. Die Finanzamt-Studie ist am 22. März 2018 mit dem Titel "Engagiert Euch - nicht? Wie das Gemeinnützigkeitsrecht politisches Engagement verhindert" als Arbeitspapier Nr. 5 des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) erschienen (ISBN 978-3-9818732-8-3) und hier als PDF zu lesen. ( Alternativer Link zum Download hier ) Autor der Studie ist Stefan Diefenbach-Trommer , Vorstand der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung". Die Durchführung der Untersuchung und die Veröffentlichung der Studie wurden von der Otto Brenner Stiftung gefördert. Quelle: Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" - 22.03.2018. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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