Paul Russmann: “Wer den Frieden will, darf keinen Angriffs-Krieg vorbereiten.”Redebeitrag von Paul Russmann beim Ostermarsch Baden Württemberg in Stuttgart am 31. März 2018Von Paul Russmann Liebe Freundinnen und Freunde, es ist gut und richtig, dass die Stadt Stuttgart in Unternehmen, die Militärwaffen oder Militärmunition herstellen, keine Vermögenswerte mehr anlegt. Gut und richtig ist auch, dass die Landesmesse rund 2.500 Zuflucht suchende Menschen untergebracht hat und sich als "nachhaltiger Unternehmer" aus "Respekt vor den Menschen" für die Menschenrechte einsetzt. Soweit so gut. Diese gut gemeinten Selbstverpflichtungen und die Aufnahme von Zuflucht Suchenden aus Kriegsgebieten in der Landesmesse werden jedoch konterkariert und ad absurdum geführt, wenn die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg, als Eigentümer der Landesmesse Stuttgart, Gastgeber einer internationalen Militär- und Waffentechnikmesse sind. Denn vom 15. bis 17. Mai 2018 soll die Militär-und Waffentechnikmesse "International Forum for the Military Training, Education and Simulation Sectors", kurz ITEC, zum ersten Mal in der Landesmesse Stuttgart stattfinden. Die Rüstungsschau findet seit 1990 jährlich in wechselnden europäischen Städten statt. Zum Beispiel in London, Prag und Rotterdam. Auf der letzten ITEC in Deutschland, 2014 in Köln, präsentierten sich 110 Rüstungsunternehmen, darunter Boeing, Thales und Rheinmetall. Wir beginnen den Ostermarch heute hier vor dem Rathaus der Stadt Stuttgart, weil Bürgermeister Michael Föll als Aufsichtsratsvorsitzender der Landesmesse die Militärmesse ITEC in einem Brief an mich als eine harmlose Kongressmesse darstellt, die sich "im Wesentlichen mit ›Trainings- und Simulations-Software für Polizei, Feuerwehr, Militär und Spezialeinheiten‹ beschäftigt". Aber dann lässt Herr Föll die Katze aus dem Sack: Für die ITEC spräche das "breite Ausstellungsangebot ", die "Stützpunkte der US-Army und der Bundeswehr" in Baden-Württemberg sowie das vermehrte gesellschaftliche Interesse an Sicherheitsfragen." Doch wenn es um die ausstellenden Firmen auf der ITEC geht, nennt Föll lediglich Firmen wie Canon, Festo und Sony. Rüstungsfirmen wie den Goldsponsor Thales oder den Platinsponsor Rheinmetall erwähnt der Bürgermeister mit keiner einzigen Silber. Ausgerechnet Rheinmetall als Hauptsponsor der ITEC in Stuttgart. Rheinmetall exportierte Leopard 2 Panzer in die Türkei, die beim völkerrechtswidrigen Einmarsch der türkischen Armee in Afrin eingesetzt werden - transportiert auf Panzertransportern der Daimler AG. Ausgerechnet Rheinmetall als Hauptsponsor das die Rüstungsexportgesetze umschifft, indem es Bomben in Italien bauen lässt, die Saudi-Arabien nachweislich im Jemen Krieg einsetzt. Kein Wort verliert Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender Herr Föll zu den Angeboten der ausstellenden Firmen wie Rheinmetall, Thales oder Lockheed Martin zu den tödlichen Themen der Messe wie "Battlefield Digitisation", "Electronic Warfare" oder "Small Arms Simulation and Training". Unter den Besuchern und Besucherinnen der Messe sind zwar auch Feuerwehrleute, Polizisten und Polizistinnen, aber vor allem zahlreiche Militärs aus aller Herren Länder. Die Veranstalter der ITEC werben sogar explizit damit, dass Aussteller auf ihrer Messe Kontakte zu Entscheidungsträgern und sogenannten militärischen "Endverbrauchern" aus aufstrebenden Märkten wie dem Mittleren und Nahen Osten knüpfen können. Bildlich gesprochen marschieren Hand in Hand mehrere tausend Fachbesucher - darunter zahlreiche Militärs aus Nato-Staaten, China, Indien, Pakistan und Saudi-Arabien durch die Messehallen und lassen sich Computerprogramme zur Simulation von Kriegen, für Raketenabwehrsystemen und für Drohnentechnik präsentieren, mit denen sie sich zukünftig möglichst zielgenau und treffsicher gegeneinander auf den Kriegsschauplätzen dieser Welt umbringen können - und das Blut vieler unschuldiger Frauen, Kinder und Männer vergießen. Als ich im Juli 2017 alleine vor der Aufsichtsratssitzung der Landesmesse gegen die ITEC protestiert habe, ahnte ich nicht, auf wieviel Protest und Ablehnung die ITEC stößt. Neben den traditionellen Friedens- und Antimilitarismusorganisationen sagen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, die katholische und evangelische Kirche, der DGB und viele andere Organisationen der Zivilgesellschaft ein klares Nein zur ITEC. "Wir sehen in dieser Messe einen Beitrag zur Schaffung von Fluchtursachen, zur Anwendung von Gewalt in Konflikten sowie zum Missbrauch von Ressourcen, die für Bildung und Entwicklung dringend notwendig wären", heißt es in der Stellungnahme der beiden katholischen Diözesen im Ländle, der sich auch die Synode der Württembergischen Landeskirche einstimmig angeschlossen hat. "Die Perfektion von Waffen und Kriegstechnik führt nicht zu einer Lösung der uns weltweit bedrängenden Probleme … Ich möchte, dass Stuttgart weiter Bibelhauptstadt und keine Showstadt für moderne Waffen ist." so Württembergischer Landesbischof Frank Otfried July. "Die Messe steht unserer Meinung nach in eklatantem Widerspruch zu den Entwicklungspolitischen Leitlinien für Baden-Württemberg, die 2013 von der Landesregierung verabschiedet worden sind", erklärte der Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg, deren Mitgliedsorganisationen auf der Messe Fair Trade in der kommenden Woche mit Plakaten und Protestpostkarten unter dem Motto "ITEC NOT welcome" an ihren Ständen demonstrieren werden. Eine Messe auf der das Morden und Töten per Mausklick perfektioniert wird, gehört nicht in unsere Stadt. Herr Föll, Folgen sie den Beispielen der Städte Amsterdam und Köln. Die bieten nach Protesten der ITEC keine Plattform mehr. Danken möchte ich der Minderheit von 3 Aufsichtsratsmitgliedern des Gemeinderates von SPD, Grünen und SÖS-Linken-PluS, die sich für eine Kündigung der Messe ausgesprochen haben. Wir haben auf diesem Ostermarsch eine Reihe von Forderungen, die heute noch zur Sprache kommen. Stadt und Land fordern wir auf auch jetzt noch den Vertrag mit der ITEC zu kündigen - und zwar auch mit der Begründung, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass auf der Landesmesse auch die virtuelle Vorbereitung und Durchführung von Angriffskriegen geplant wird. Denn Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes verbietet: "Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen. Wer den Frieden will, darf keinen Angriffs-Krieg - auch keinen virtuellen - vorbereiten. Wer den Frieden will muss, den Frieden vorbereiten. Deshalb liebe Freundinnen und Freunde unterstützt den Protest gegen die ITEC! Beteiligt euch an den weiteren Aktionen. z. B. an der antimilitaristischen Kundgebung in der Stuttgarter Innenstadt am 12. Mai. Vielen Dank. Paul Russmann war langjähriger Geschäftsführer von Ohne Rüstung Leben (ORL). Link: www.ohne-ruestung-leben.de/itec . Bundesweit: Ostermärsche und -aktionen 2018Auf der Website von Netzwerk Friedenskooperative finden sich:
Auf der Lebenshaus-Website finden sich:
Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
|