Reiset um die Welt, solang sie noch nicht schmilztWir reisen um die Wette, um den Klimawandel zu beobachten, den wir mit unserem Reisen verursachen. Eine Sommergeschichte.Von Hanspeter Guggenbühl Es ist heiß in Mitteleuropa. Drum ab in die Kühle. Also pedalen wir an einem sonnigen Ferientag von Oetz über Sölden hinauf aufs 2500 Meter hohe Timmelsjoch. Wir sind nicht die einzigen, die es in die Höhe zieht. Links überholen uns Kolonnen von Autos, viele mit auf dem Dach oder am Heck festgezurrten Velos und Elektrobikes, sozusagen Mehrfach-Mobile. Deren Tara übertrifft das Gewicht der transportierten Personen um ein Vielfaches. Wir hingegen, die ohne den Schub von Energiesklaven bergauf fahren, sind froh, dass unsere Velos samt Reisegepäck nicht mehr als zwölf Kilo wiegen. 30 Grad zeigt das Thermometer im Schatten, obwohl wir uns bereits auf tausend Meter über Meer befinden. Auf der Haut rinnt der Schweiß. Die Öztaler Alpen sind die am stärksten vergletscherte Gebirgsgruppe in Österreich, betont die Tourismuswerbung. Zumindest heute noch. Rechts rauscht die Ötztaler Ach. Autos rauf, Gletscher bachab, sinniert der schwitzende Radler. Höchste Zeit, die schmelzenden Gletscher noch zu besichtigen, bevor sie ganz verschwinden. Das ahnen wohl auch die motorisierten Bergtouristen. Dabei ist wohl nicht allen bewusst, dass sie mit dem CO2, das aus ihren Benzinkutschen entweicht, die Gletscherschmelze mit verursachen. Wie lokal, so globalWas wir im Aufstieg zum Timmelsjoch als Momentaufnahme beobachten, spielt sich im großen Ausmaß weltweit ab:
CO2-Konzentration steigt und heiztIm laufenden Jahr erreichte die CO2-Konzentration in der Atmosphäre den höchsten Stand seit 800’000 Jahren, ermittelte die Klimabehörde der USA, also jenes Staates, der aus dem Klimabegrenzungs-Abkommen aussteigen will. Der Anteil des Verkehrs am globalen Ausstoß von CO2 und andern klimawirksamen Gasen beträgt heute bereits ein Viertel. Ein Großteil des wachsenden Verkehrs entfällt auf Freizeitfahrten und Ferienreisen. Dabei klammern die Verträge zur Begrenzung der klimawirksamen Gase die Emissionen des internationalen Flug- und Schiffsverkehrs gütig aus. Das Klima hat sich in den letzten 150 Jahren im globalen Durchschnitt bereits um ein Grad erwärmt, wobei die globale Temperatur in den letzten Jahrzehnten und Jahren besonders stark anstieg. Deutlich über dem globalen Durchschnitt bewegt sich die Klimaerwärmung in den Alpen (Schweiz: plus 2 Grad seit 1864), aber auch in der Arktis. Davon zeugen die schmelzenden Eismassen. Im Flug und Schiff in die NaturZumindest in den Bereichen Kreuzfahrt- und Fernflug-Verkehr gibt es zuweilen eine aktive Verknüpfung zwischen Tourismus und Klimaschutz. Dazu nur drei Beispiele:
Auf den Spuren von Geier SturzflugDie Velofahrenden, nachdem sie immer noch schwitzend das Timmelsjoch erklommen hatten, bekamen fast schon ein schlechtes Gewissen, als sie das lasen. Denn für den Aufstieg benötigten sie nicht nur ein Rad sondern zwei Räder. Aber immerhin müssen sie etwas weniger CO2 kompensieren als kreuzfahrende Klimaforscher und Milliarden von weiteren Touristen und Touristinnen, die sich leiten lassen vom - leicht abgewandelten - Titel des "Geier Sturzflug"-Songs von 1983: Reiset um die Welt, solange sie noch nicht geschmolzen ist. Nachtrag: "Ein bisschen Spaß darf sein"Nachdem er auf dem Velosattel vom Timmelsjoch in die Schweiz zurück gekehrt war, erfuhr der Reisende beim Lesen des Zürcher "Landboten" vom 4. August 2018: Unter den 1,5 Milliarden Autos, die auf dem Globus herumfahren, figuriert auch der "neue Jeep Grand Cherokee Trackhawk", den der Journalist Markus Cavelti den Leserinnen und Lesern unter dem Titel "Der Grizzly unter den Cherokees" empfahl. Zum Spritverbrauch des "2,4 Tonnen schweren Koloss", der sich "in nur 3,7 Sekunden von 0 auf Tempo 100" beschleunigen lässt und "ein Topspeed von 289 km/h" erreicht, schreibt Cavelti: "16,8 Liter pro gefahrene 100 Kilometer im Straßen-Mix stehen im Datenblatt. Wer den Grizzly reizt, schafft locker 10 Liter mehr. Macht das Sinn? Wahrscheinlich nicht. Aber Spaß. Und ein bisschen Spaß darf ja auch heute noch sein." Weiterführende Informationen Quelle: Infosperber.ch - 04.08.2018. Veröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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