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Nächster Abschiebeflieger nach Kabul am Dienstag trotz katastrophaler Lage?

PRO ASYL appelliert: Neuer Bericht der UN muss zur Aussetzung der Abschiebung führen

Der UNHCR hat in seinem Anfang September bekannt gewordenen Report zur Lage in Afghanistan nun klargestellt, dass in Hinblick auf die gegenwärtige Sicherheits- und Menschenrechtslage sowie auf die humanitäre Situation, Kabul generell keine interne Fluchtalternative mehr ist. Die Eligibility Guidelines beschreiben ausdrücklich die Gefahren, die sich durch die verschärfte Sicherheitslage für ZivilistInnen ergeben. Die von UNHCR genannten Bedingungen für eine interne Fluchtalternative (effektive Kontrolle durch die Regierung, Möglichkeiten das Existenzminimum zu sichern, notwendige Infrastruktur) sind nicht gegeben.

Das heißt interne Fluchtalternativen gibt es für die Betroffenen in der Realität nicht und wenn es sie gäbe, sind sie nicht erreichbar. Die Überlandstraßen werden von den Taliban kontrolliert - was auch das Auswärtige Amt (AA) in seinem aktuellen Lagebericht vom 31. Mai eindeutig feststellt hat. Das AA beschreibt die Lage als "volatil" - das ist eine diplomatische Beschreibung angesichts der Tatsache, dass die Tabilan Städte wie Kundus und Ghazni bereits vorübergehend eingenommen haben und militärisch erstarken.

PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt fordert die Innenminister der Bundesländer auf: "Nehmen Sie die aktuellen Entwicklungen in Afghanistan und die neuen Lageeinschätzung der Vereinten Nationen zu Kabul zur Kenntnis! Die für Dienstag geplante Abschiebung nach Kabul ist unverantwortlich!" Die seit Dezember 2016 monatlich laufende Abschiebemaschinerie führe "zu überfallartigen Inhaftierungen und einem Vollzug - oftmals ohne, dass Gerichte, Behörden oder die politischen verantwortlichen Minister, sich mit der veränderten Lage und was sie für den Einzelnen konkret bedeutet, auseinandersetzen."

Was die neue Einschätzung des UNHCR für Folgen haben muss, zeigt Finnland: Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Berichts hat das Land die Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt. Obwohl das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 25. April 2018 betont hat, dass die "tagesaktuellen" entscheidungserheblichen Tatsachengrundlagen zu erfassen und zu bewerten sind , wird in Deutschland weiter abgeschoben, ja es sollen nach Willen von Unionspolitikern sogar die zur Abschiebung anstehenden Gruppen ausgeweitet werden. Dabei vergeht kein Tag ohne Anschläge mit zahlreichen Todesopfern. Am 5. September hat der sog. "Islamische Staat" mit einem Doppelanschlag auf einen Sportklub in Kabul mindestens 20 Menschen getötet und 70 weitere verletzt, einen Tag später erfolgten Anschläge der Taliban in den Provinzen Badghis und Tachar.

Es ist für PRO ASYL in keiner Weise rational nachvollziehbar aus dem Lagebericht des AA vermehrte Abschiebungen herleiten zu wollen. In Deutschland wurden immer mehr AfghanInnen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) trotz Verfolgung mit der Begründung abgelehnt, sie könnten doch in Kabul "internen Schutz" finden. Bis Ende Mai 2018 wurde vom AA und vom BAMF pauschal behauptet, junge afghanische Männer könnten zurückkehren und in Großstädten am Rande des Existenzminimums leben. Das AA stellt in seinem neuen Lagebericht fest, dass die Absorptionsfähigkeit der genutzten Ausweichmöglichkeiten, vor allem im Umfeld größerer Städte, durch die hohe Zahl der Binnenvertriebenen und der Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan bereits stark in Anspruch genommen sei.

PRO ASYL zusammenfassend: Es gibt keine sicheren Gebiete, weder in der Region Kabul, dem Zielort der Abschiebungen, noch irgendwo anders in Afghanistan. PRO ASYL fordert daher ein Abschiebungsmoratorium und eine Neubewertung der abgelehnten Asylanträge angesichts der aktuellen Lage in Afghanistan und den jüngsten Berichten von AA und UNHCR.

Quelle: PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Pressemitteilung vom 10.09.2018.

Veröffentlicht am

11. September 2018

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