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USA: Nun wird mitregiert

Erster Realitätscheck für die demokratische Opposition im Kongress - wer soll uns führen?

Von Konrad Ege

Die Mehrheit der Demokraten im US-Repräsentantenhaus steht nach den Wahlen im November vor einem Härtetest. Wie viel kann sie, wie viel will sie verändern? Ab Januar bestimmen die Demokraten, welche Gesetze im Repräsentantenhaus zur Abstimmung kommen, was keiner politischen Revolution gleichkommt. Zunächst einmal müssen diverse Interessengruppen in der Partei zusammengehalten werden. Das ist taktisch klug und langfristig problematisch. Die Demokraten sind eine breit aufgestellte Partei mit Spendern aus der Finanzökonomie, von High-Tech-Firmen, der Kulturindustrie und vielen Kleinsponsoren. Sie ist eine Partei von irgendwie Linken bis zu Politikern, die ihr Heil in der Mitte suchen, von Geringverdienern genauso wie von der gebildeten oberen Mittelschicht. Letztere kann die republikanische Engstirnigkeit nicht ausstehen.

Zunehmend sind die Demokraten jung, es gibt viele Frauen und das bunte Amerika. Seit der Wahl umschiffen sie interne Klippen. Das frustriert die republikanischen Erwartungen, die davon ausgingen, neu gewählte Demokraten würden auf den Putz hauen und spalten. Enttäuscht werden auch manche demokratische Hoffnungen auf einen zügigen Umbau der im Pensionsalter stehenden Parteiführung. Aufs Personal bezogen, geht es bei der Zukunftsdebatte vor allem um Nancy Pelosi, Kongressabgeordnete aus San Francisco, von 2007 bis 2011 Sprecherin des Repräsentantenhauses und danach Vorsitzende der demokratischen Minderheitsfraktion. Für Republikaner ist Pelosi, die 78-Jährige mit "San-Francisco-Werten", der Inbegriff alles Bedrohlichen, gleich nach Hillary Clinton.

"San-Francisco-Werte", das sind LGBT, High-Tech, Umweltschutz und ein Amerika, das bei Weißwein und Edelkäse Geld sammelt gegen Donald Trump, aber keine Ahnung hat vom Leben in christlichen Gotteshäusern draußen auf dem Land. Im Informationsdienst Politico meinte die republikanische Wahlstrategin Ana Navarro, man sei als Republikaner "prädisponiert, Nancy Pelosi zu verabscheuen".

Rockstar Ocasio-Cortez

Auch manche Demokraten sind skeptisch. Pelosi sei zu lange dabei, habe die Partei in eine Allianz mit großen Geldgebern geführt und sich zu sehr am "Machbaren" orientiert. Andererseits: Ihr größtes Verdienst liegt bei der unter Barack Obama eingeführten Krankenversicherung. Pelosi hat bei der Abstimmung darüber die Demokraten 2010 und auch danach zusammengehalten, als die Republikaner versuchten, das Gesetz zu kippen.

Das Repräsentantenhaus sieht ab Januar auf jeden Fall anders aus. Es werden mehr jüngere Politikerinnen und Politiker in Erscheinung treten. Themen wie die staatliche Krankenversicherung und das kostenlose Studium an staatlichen Instituten werden die Demokraten beschäftigen. Zwei muslimische Frauen sind gewählt worden: Rashida Tlaib aus Michigan und die im somalischen Mogadischu geborene Ilhan Omar, die erste Frau, die im Kongress Hijab tragen wird. Omar stellt sich als Mutter, Flüchtling wie Feministin vor und sagt, sie sei für Pelosi, öffentlicher Führungsstreit bringe die Partei nicht voran.

Für Pelosi ist offenkundig auch Alexandria Ocasio-Cortez, die 29-jährige demokratische Sozialistin aus New York City, der Rockstar im linken Amerika. Ocasio-Cortez hat vor Tagen mit ein paar hundert Klimaschützern vor Pelosis Büro demonstriert, aber gleichzeitig erklärt, Pelosis Herausforderer kämen von rechts und wollten die Demokratische Partei unternehmerfreundlicher machen.

Die Realitäten im Kongress besagen, dass die Stärke der Republikaner bisher auf Zusammenhalt beruhte. Nur selten hat sich jemand gegen Donald Trump gestellt. Zu einer solchen Geschlossenheit wollen sich die Demokraten augenscheinlich ebenso durchringen. Im Vordergrund sollen Anliegen stehen, die Menschen im Alltag beschäftigen: Gesundheitsfürsorge, Mindestlohn, Staatsgelder für Jobs, Studienfinanzierung und Klimaschutz. Die im November Gewählten müssen die Wähler darin bestätigen, für Demokraten gestimmt zu haben. Wandel und Neues wurden versprochen. Doch darf Geschlossenheit, so wichtig sie ist, nicht als Vorwand dienen, keine Risiken zu wagen. Sonst bleiben die Jungen und Engagierten 2020 bei der Präsidentenwahl zu Hause. Ein wichtiger Teil der demokratischen Zukunft liegt bei denen, die sich bislang nicht angesprochen fühlten von der Politik.

Quelle: der FREITAG vom 02.12.2018. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

Veröffentlicht am

04. Dezember 2018

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