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Michael Schmid: “Als wir 1994 wir mit dem Rundbrief begannen, war nicht klar, je bei der Nummer 100 anzulangen”

Von Michael Schmid (aus: Lebenshaus Schwäbische Alb, Rundbrief Nr. 100, März 2019 Der gesamte Rundbrief Nr. 100 kann hier heruntergeladen werden: PDF-Datei , 542 KB. Den gedruckten Rundbrief schicken wir Ihnen/Dir gerne kostenlos zu. Bitte einfach per Mail abonnieren .)

Anlässlich der 100. Ausgabe des Lebenshaus-Rundbriefs blickt Michael Schmid in seinem Einleitungsartikel auf die Geschichte dieses Mediums zurück. Gleichzeitig hält er Rückschau, was aus den in der ersten Ausgabe für das Lebenshaus genannten Zielsetzungen und Vorhaben in den inzwischen vergangenen 25 Jahren geworden ist.

Liebe Freundinnen und Freunde,

es ist kaum zu übersehen, dass dieser Lebenshaus-Rundbrief Nr. 100 etwas Besonderes ist. Als wir im Frühjahr 1994 den ersten Rundbrief herausbrachten, waren wir natürlich keineswegs sicher, dass wir jemals bei der Nummer 100 angelangen könnten. Ehrlich gesagt, habe ich mir darüber damals auch keine Gedanken gemacht. Jetzt gehen meine Gedanken aber zurück zu diesen Anfängen. Es war in unserem damals noch sehr jungen Verein rasch klar, dass ein schriftliches Medium für uns wichtig ist. Einerseits, um auf diesem Weg Mitglieder und interessierte Menschen über das zu informieren, was wir machen und wie sich der Verein entwickelt. Andererseits war von Anfang an der Anspruch vorhanden, auch über bestimmte Themen zu informieren, Hintergründe zu beleuchten, zum Aktivwerden zu ermutigen.

Der dreimonatige Rhythmus hat sich rasch eingespielt. Das bedeutet bis heute, viermal jährlich in einem Zeitraum von zwei bis drei Wochen Artikel und Nachrichten zu verfassen, andere zum Schreiben zu motivieren, Korrekturlesen, manches verwerfen, manches verändern; dann Gedichte und Bilder auswählen. In diesen 25 Jahren sind Katrin und ich auch in dieser Hinsicht zu einem eingespielten Team zusammengewachsen, trotz mancher heftigen Wortfetzerei, wenn ich z.B. überhaupt nicht einsehen wollte, warum ein mühsam verfasster Textteil oder in Ausnahmefällen gar ganzer Artikel nun überhaupt nicht "passen" sollte. Wenn das alles soweit fertig war, konnte ich das Drucklayout machen, bevor dieses dann in die Druckerei ging. In den ersten zehn Jahren mussten wir dann die fertig gedruckten Rundbriefe aus der Druckerei abholen, falzen, Briefumschläge mit Absender und Adresse versehen, eintüten, freimachen und dann zur Post bringen. Noch heute unterhalten wir uns ab und zu darüber, wie zeitaufwendig damals über die inhaltliche und redaktionelle Arbeit hinaus auch das weitere Prozedere war. Dagegen fühlen wir uns heute schon fast in einer luxuriösen Situation. Denn vor 15 Jahren haben wir in dieser Hinsicht einschneidende Veränderungen vorgenommen. Das Layout machen seither Achim Rosenhagen und ich gemeinsam - auch das hat sich inzwischen sehr gut eingespielt und ist in der Regel in einigen Stunden erledigt. Dann schicke ich die Datei mit dem fertigen Drucklayout zur Druckerei Knotenpunkt GmbH im Hunsrück, die wir uns damals ausgesucht hatten. Schließlich noch die Datei mit den Adressen hinterher. Dann kann ich fast die Füße hochlegen - aber nur fast, weil ja noch genügend andere Arbeit wartet. Aber was die Rundbriefe anbelangt, sorgt Günter Klemm für den Rest, indem er sie druckt und dann versendet.

Auch wenn die Arbeit an jeder Rundbrief-Ausgabe also zeitaufwendig ist, so mache ich das doch sehr gerne. Denn es gibt so viele positive Rückmeldungen, wie inspirierend und ermutigend der Rundbrief von Leserinnen und Lesern empfunden wird. Dadurch habe ich den Eindruck, hier doch etwas Sinnvolles zu tun.

Außer Rückmeldungen zu konkreten Inhalten von Rundbriefen werden solche auch in ganz anderer Form sichtbar: Mitgliedschaften, Spenden und zinslose Darlehen.

Alternatives Finanzierungsmodell

Ein Blick in Rundbrief Nr. 1 zeigt, dass Finanzen ein wichtiges Thema waren. Für unseren noch jungen Verein war das allerdings durchaus ein "Muss", denn er war das Wagnis des Kaufs eines eigenen Gebäudes eingegangen. Angestoßen durch das bereits existierende, gut funktionierende Vorbild des Trossinger Lebenshauses, und in verschiedenen Gesprächen ermutigt durch Willi Haller und Ullrich Hahn, entschlossen wir uns, etwas Ähnliches zu wagen.

In unserem ersten Rundbrief haben wir auf eine "Entsolidarisierung durch Jagd nach Geldvermehrung" hingewiesen und darauf, welche negativen Auswirkungen es hat, wenn "einem Großteil der Menschen … höchstes Ziel ihres Lebens geworden (ist), Geld zu erlangen, zu besitzen, zu vermehren." Und wir haben wie folgt für die Einsicht in die Notwendigkeit von Alternativen geworben: "Im neuen Umgang mit Geld und Vermögen braucht es Keimzellen von Alternativen an den Rändern der Macht- und Einflussapparate, Pioniergruppen und Experimente, ‚Trampelpfade’ ins Neuland. Keimzellen können wachsen oder auch erfrieren. Deshalb kann ‚Vermögen’ haben auch heißen: etwas ermöglichen können. Es könnte sogar bedeuten, über Spendenabgabe und Besitzansprüche hinauszukommen; im Sinne des paulinischen ‚haben, als hätten wir nicht’ die innere Freiheit vom Besitz nicht nur als bildungsbürgerliche Tugend, sondern als sozialpolitische Praxis zu begreifen! Wir laden dazu ein, bei der Umsetzung unserer Vorhaben teilzuhaben, die entstehende Keimzelle wachsen und nicht erfrieren zu lassen!"

Das, was wir bis heute erleben, ist eigentlich geradezu atemberaubend in einer Welt, die vielfach vom Ellbogendenken und einem maßlosen Egoismus geprägt ist. Wir machten mit unserem Vorhaben die wunderbare Erfahrung, dass sich bald zahlreiche Menschen zur Unterstützung bereitfanden. Als wir die Kosten des Gebäudekaufs in Höhe von 237.000 € zum Jahresende 1994 begleichen mussten, war fast der gesamte Betrag durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und zinslose Darlehen zusammen. Als Bankdarlehen mussten wir dann nur noch einen relativ kleinen Betrag von ca. 18.000 € von der GLS Bank für den restlichen Kaufpreis und für die Finanzierung erster dringend notwendiger Renovierungsarbeiten aufnehmen.

Diese alternative Finanzierung war und ist ein spannendes Experiment. Seit dessen Beginn müssen wir darauf hoffen, dass sich genügend Menschen finden, die bereit sind, einen solchen alternativen Finanzierungsweg mitzugehen und das dafür erforderliche Geld zur Verfügung zu stellen. Und diese Spannung sollte sich fortsetzen bis heute. Denn es war von Anfang an so und ist es bis heute geblieben, dass unser Projekt keine materiellen Güter herstellt, die sich gegen Geld verkaufen ließen. Einnahmen bestehen aus Mieten, die aber bewusst niedrig gehalten wurden. Und es gab andererseits über den Kaufpreis hinaus noch weit höheren Geldbedarf für Ausbau- und Renovierungsarbeiten des Gebäudes mit dem Baujahr 1949, das in mehreren Schritten mit Wärmedämmung, Solaranlagen und Pelletheizung auf einen ökologisch guten Standard renoviert werden konnte.

Lebenshaus: Ort der Solidarität

Vieles von dem, was wir in unserem ersten Rundbrief als Vorhaben angekündigt hatten, wurde im Laufe der Zeit umgesetzt. So haben in dem vereinseigenen Gebäude in all den Jahren weit über 200 Menschen das Angebot des Mitlebens wahrgenommen - Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befanden, etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit, nach einer Trennung, aufgrund fehlenden Ausbildungsplatzes, Geflüchtete, psychisch oder körperlich kranke Menschen. Außerdem sind wir Anlaufstelle geworden für viele Menschen, die Rat und Unterstützung suchten, ohne aber im Lebenshaus mitzuwohnen. Bei alledem haben wir zu tun mit Menschen verschiedener kultureller Prägung, unterschiedlicher sozialer Herkunft, auch muslimischen Glaubens, und mit einigen Muslimen haben wir auch längere Zeit zusammengelebt. Seit einem Jahr leben beispielsweise zwei afghanische junge Männer im Lebenshaus mit.

Das Lebenshaus-Gebäude hat auch weiteren vielfältigen Zwecken gedient und dient es weiter. Es ist ein Ort geworden für Veranstaltungen unterschiedlicher Art, für Begegnungen vieler Menschen, der Ferienspiele für ausländische und einheimische Kinder, für Sprachkurse; es gibt zwei Büros, in denen die Informations- und Bildungsarbeit vorbereitet und teilweise umgesetzt wird, die gesamten Verwaltungsgeschäfte erledigt werden oder auch Beratungsgespräche stattfinden.

Beim Geld hört die Freundschaft nicht auf

Dachten wir zunächst, für die gesamte Finanzierung auch auf Zuschüsse von Staat, Stiftungen oder Wohlfahrtsverbänden angewiesen zu sein, habe ich in der Frühphase des Vereins noch zahlreiche Anträge gestellt und Gespräche geführt. Es gab aber nur Ablehnungen. Rückblickend gesehen war das auch gut so. So konnten wir unsere Unabhängigkeit frei von etwaigen staatlichen oder sonstigen institutionellen Geldgebern bewahren.

Abhängig waren und sind wir allerdings von dem Freundeskreis, der die Umsetzung der Anliegen von Anfang an auch finanziell unterstützt hat. Gerade die Anteilnahme an unserem Vorhaben und das Vertrauen, das darin zum Ausdruck kommt, bedeutet uns sehr viel. So ist unser Tun eingebettet in einen Kreis von Menschen, der unsere Hoffnungen und Visionen teilt, unsere Fortschritte, Krisen, Tiefpunkte wie Höhepunkte im Laufe der Jahre miterlebte. Mit ihm fühlen wir uns in besonderer Weise verbunden.

Wenn es sonst so häufig heißt, "beim Geld hört die Freundschaft auf", haben wir in diesem Bereich gegenteilige Erfahrungen gemacht. Viele Freundschaften sind in diesem Zusammenhang erst entstanden. Die gemachten Erfahrungen lassen uns hoffen, auch in Zukunft auf solch verlässliche Freundinnen und Freunde zu setzen.

Natürlich sind zinslose Darlehen für unseren Verein sehr günstig, aber sie bedeuten dennoch Schulden, die abgetragen werden müssen. Dies ist im Laufe der Jahre hervorragend gelungen. So waren am Jahresende 2018 noch rund 62.000 € Schulden vorhanden. Dies ist der niedrigste Schuldenstand in unserer Vereinsgeschichte, seit wir 1994 den Kaufvertrag für das Gebäude unterzeichnet haben. Es ist auch so, dass sich so langsam die Perspektive verändert. Während nahezu der gesamten Zeit unserer Vereinsgeschichte dachten wir, im äußersten Notfall das Gebäude verkaufen zu müssen, wenn auf anderem Wege die Schuldentilgung nicht gelingen würde. Mit dem sinkenden Schuldenberg wird nun aber der Wunsch stärker, dass das Gebäude im Sinne von Nachhaltigkeit auf lange Sicht für gemeinnützige Zwecke erhalten bleiben könnte. Deshalb würden wir gerne die immer noch bestehende Unsicherheit der bisherigen Finanzierung weiter verringern. Dabei ist es so, dass über die Gebäudefinanzierung hinaus auch die fortlaufende Friedens- und Menschenrechtsarbeit enorme Geldmittel erfordert.

Anknüpfend an unseren Rundbrief Nr. 1 lässt sich heute, 25 Jahre später, sagen, dass die einstmals begonnenen "Trampfelpfade" ins Neue, die Experimente mit einem alternativen Umgang mit Geld, gelungen sind. Dank vieler Menschen, die diesen Weg des Teilens, des Anteilnehmens und Mitgefühls mitgegangen sind bzw. unterstützt haben. Dafür können wir uns nur ganz herzlich bedanken! Und darauf hoffen, dass uns weiterhin großes Vertrauen und Übereinstimmung in Engagement und Vision mit vielen Menschen verbinden wird.

Herzliche Grüße

Euer / Ihr

Michael Schmid

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Mit einem Vermächtnis oder einer Erbeinsetzung kann gezielt eine gemeinnützige Organisation wie Lebenshaus Schwäbische Alb unterstützt werden. In diesem Fall entfällt die Erbschaftssteuer und das Erbe kommt in vollem Umfang der Arbeit für Gerechtigkeit, Frieden und Erhalt der Umwelt zugute.

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Der Verein Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V. ist durch das Finanzamt Sigmaringen als gemeinnützig und mildtätig anerkannt (aktueller Bescheid vom 25.10.2018). Spenden und Mitgliedsbeiträge sind daher steuerabzugsfähig. Ab 25 € werden automatisch Spendenbescheinigungen zugestellt, für niedrigere Beträge auf Anforderung (bitte bei Erstspenden Anschrift wegen Spendenbescheinigung angeben).

Fußnoten

Veröffentlicht am

15. März 2019

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