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Merkel im Sahel: Menschenrechte statt Militarisierung

Die Kanzlerin sollte sich für die Freilassung der Menschenrechtsaktivisten Sadat Illia Mallam und Lirwana Abdourahamane aus dem Niger einsetzen sowie den Dialog mit der kritischen Zivilgesellschaft suchen.

Von Ramona Lenz

Mit ihrer derzeitigen Reise nach Burkina Faso, Mali und Niger bekräftigt Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Länder der Sahelzone im Kampf gegen den Terror stärker unterstützen zu wollen. medico arbeitet seit Jahren eng mit kritischen zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Region zusammen, die in einer weiteren Militarisierung ihrer Länder keinen Nutzen für die lokale Bevölkerung sehen. Ihre Position wird nicht gehört. Doch die Entwicklungen sprechen für sich: Mali ist sechs Jahre nach Beginn der internationalen Militärintervention nicht sicherer geworden. Die Zahl der Milizen hat sich im Gegenteil vervielfacht und der Staat ist in vielen Gegenden weniger präsent als vorher.

Kriminalisierte Proteste

Ähnliche Tendenzen lassen sich in der gesamten Region feststellen. medico-Partner Moussa Tchangari, Generalsekretär der Journalistenvereinigung Alternative Espaces Citoyens im Niger, meint: "Trotz massiver Präsenz internationaler Truppen wird die Bevölkerung nicht vor Anschlägen bewaffneter Truppen geschützt. Das sorgt für großen Unmut. Denn es bedeutet: Nicht um unsere Sicherheit hier geht es, sondern um den Schutz Europas vor Terror und Migration."

Moussa Tchangari war letztes Jahr mehrere Monate inhaftiert, weil ihm und 21 anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren vorgeworfen wurde, eine verbotene Demonstration gegen ein neues Steuergesetz vorbereitet zu haben, welches internationale Konzerne bevorzugt und die arme Bevölkerung noch stärker belastet. Die Menschenrechtsaktivisten Sadat Illia Mallam und Lirwana Abdourahamane sind noch immer in Haft. Anstatt sich von den Regierungen der Sahelzone in der Bekämpfung von Terror und Migration abhängig zu machen und zu Menschenrechtsverletzungen zu schweigen, sollte Bundeskanzlerin Merkel im Niger auf ihre sofortige Freilassung drängen.

Partner der Abschottung

Diese Inhaftierungen sind eine Konsequenz der zunehmenden Einschränkung des Rechts auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und der freien Meinungsäußerung im Niger. Der südlich an Libyen grenzende Niger ist ein wichtiger Partner der europäischen Abschottungspolitik gegen Migration geworden. Deshalb schaut Europa bei Menschenrechtsverletzungen nicht so genau hin. Weder die zunehmend repressiv agierende nigrische Regierung noch die deutsche Botschaft im Niger sorgte dafür, dass kritische zivilgesellschaftliche Organisationen wie die nigrische  Journalistenvereinigung Alternative Espaces Citoyens zu einem angekündigten Treffen der Bundeskanzlerin mit der nigrischen Zivilgesellschaft eingeladen wurden. Um die Konsequenzen der deutschen und europäischen Migrations- und Sicherheitspolitik im Sahel differenzierter beurteilen zu können, sollte die Bunderegierung jedoch unbedingt auch das Gespräch mit regierungskritischen Akteuren im Sahel suchen.

Die europäische Anti-Terror-Politik ist zugleich eine Anti-Migrationspolitik mit fatalen Folgen für die Menschen in der Sahelzone. Innerhalb der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, zu der auch die von der Bundeskanzlerin bereisten Länder zählen, gilt ähnlich wie im Schengen-Raum das Recht auf Freizügigkeit. Durch die Militarisierung der Region und die Aufrüstung von Grenzen werden die Freizügigkeit und auch die wirtschaftliche Entwicklung der Region jedoch zunehmend eingeschränkt. Der Kampf gegen den Terror und so genannte irreguläre Migration macht die Regierungen Europas zunehmend blind für menschenrechtliche Kollateralschäden. Sicherheit und Demokratie in Europa lassen sich nicht aufrechterhalten, indem sie andernorts eingeschränkt werden.

Quelle: medico international - 02.05.2019.

Veröffentlicht am

03. Mai 2019

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