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USA: Fight Club

Donald Trump wollte kein Weltpolizist sein. Vom Iran lässt er trotzdem nicht ab

Von Konrad Ege 

Hoffnung und Furcht zugleich erfasst die Opposition in Washington: Irgendwann muss der Staatenlenker besonderer Art doch gegen eine Mauer crashen. Im Frühling des dritten Amtsjahres von Donald Trump häufen sich die Ungewissheiten. Der Präsident gibt sich als der große Unberechenbare. Besonders in Iran: Auf der Webseite des für den Nahen Osten zuständigen Central Command der US-Armee stehen Fotos der in Katar eingetroffenen B-52H-Bomber und eines Flugzeugträgers in der Straße von Hormus. Die US-Regierung ziehe "das iranische Regime" zur Verantwortung "für jedwede Angriffe auf US-Streitkräfte und unsere Interessen", verkündet Verteidigungsminister Patrick Shanahan. Und Sicherheitsberater John Bolton grüßte die iranische Regierung im Februar zum 40. Jahrestag der Islamischen Revolution mit den Worten: "Ich denke nicht, dass Sie noch viele Jahrestage genießen werden."

Der Lieblingsfeind

Zusätzlich zu Iran erlebt man in diesem Mai: Beihilfe zum Umsturzversuch in Venezuela, einen verschärften Handelskonflikt mit China und Machtkämpfe in Washington, die nicht nur von der Demokratin Nancy Pelosi als Verfassungskrise klassifiziert werden. So sieht es offenbar aus in Trumps Kopf, hält man sich an seine jüngste Twitter-Warnung gen China: "Sie wissen, dass ich gewinnen werde. Und ein Deal wird für sie viel ungünstiger werden, wenn er in meiner zweiten Amtszeit verhandelt werden muss." Der Mann glaubt augenscheinlich an die zweite Amtszeit und dass die USA Rivalen in die Knie zwingen können. Die Opposition glaubt im Gegenzug gern, sie habe die Mehrheit hinter sich. Trump hingegen bewegt sich durch die Landschaft mit zur Schau gestellter Gewissheit, er habe 2016 gewonnen und werde 2020 wieder gewinnen. Seine Exekutive lehnt es ab, Vorladungen von Kongressausschüssen nachzukommen. Der Präsident lässt Mitarbeiter Aussagen verweigern und hält Dokumente zurück, unter anderem zu seinen Geschäftspraktiken, seiner Steuererklärung und den von Sonderermittler Mueller angesprochenen Justizbehinderungen. Diese Blockade trifft den Kern des US-Regierungssystems, das eine wechselseitige Kontrolle der Verfassungsorgane vorsieht.

Nicht immer ist der Präsident isoliert in der Außenpolitik. Drohungen gegen China finden auch unter US-Demokraten Beifall, und bei Venezuela herrscht mediales Wohlwollen für Juan Guaidó. Das Verhalten der Administration gegenüber Iran ist indes schwer einzuschätzen. Was ist Säbelrasseln und was versuchte Einschüchterung? Trump zieht seit dem Wahlkampf 2016 über den unter Vorgänger Obama ausgehandelten Atomvertrag als "schlechtesten Deal der Geschichte" her. Vor einem Jahr ist er aus dem Abkommen ausgestiegen, inzwischen verschärft er die Sanktionen und setzt ausländische Handelspartner unter Druck. Offenkundig will er die Regierung Rohani mit maximalem Druck in die Knie zwingen. Die iranische Führung solle ihn anrufen, sagte Trump vor wenigen Tagen auf einer Pressekonferenz. Irans Präsident hat das Angebot vorläufig abgelehnt.

Vor die Mikrofone drängt sich der seit Jahren kriegstreiberische John Bolton, typisch sein Kommentar von 2015 unter der Überschrift To Stop Iran’s Bomb, Bomb Iran (Um Irans Bombe aufzuhalten, bombardiert Iran). Außenminister Mike Pompeo ist aus ähnlichem Holz geschnitzt. 2014 empfahl er, damals noch Kongressabgeordneter, man solle den Angriff auf Irans Atomkapazitäten in Erwägung ziehen. Ex-Sicherheitsberater H. R. McMaster hat die Zustände im Weißen Haus so beschrieben: Manche der Leute um Trump versuchten, "die Situation ihren eigenen Wünschen entsprechend zu manipulieren".

Iran ist freilich ein Sonderfall. 444, diese Zahl ist im nationalen Gedächtnis eingebrannt. 444 Tage lang, von Ende 1979 bis zu Ronald Reagans Amtseinführung im Januar 1981, hielten Studenten in Teheran US-Diplomaten als Geiseln fest. Anfang 1979 war der Schah von Persien, mächtiger und treuer US-Alliierter, von der Islamischen Revolution zum Verlassen des Landes gezwungen worden. Dieser Umsturz machte rückgängig, was als historischer Erfolg des Geheimdienstes CIA galt: dass es 1953 zusammen mit britischen Diensten gelungen war, in Iran den demokratisch gewählten Premier Mossadegh zu stürzen. Iran ist seit 1979 der Lieblingsfeind in den USA. "Tod für Amerika", hatten die Botschaftsbesetzer gerufen.

Ein bisschen Krieg

Obama fiel es schwer, in seiner Partei Zustimmung zu finden für das Nuklearabkommen von 2015. Die Republikaner waren geschlossen dagegen. Doch "richtiger" Krieg, der nicht auf Drohnenangriffe oder den Bombenabwurf einer B-52 beschränkt bliebe? Angeblich wollte sich Trump aus dem Weltpolizeigeschäft zurückziehen. Im Sommer 2018, als schon einmal die Kriegstrommeln geschlagen wurden, warnte Trumps Lieblingssender Fox News, eine drohende Konfrontation sollte Anhänger des Präsidenten beunruhigen. "Wenn Präsident Trump beschließt, in den Krieg zu ziehen gegen Iran, zerstört er seine Präsidentschaft", so wie der Irak-Krieg die Präsidentschaft von George Bush zerstört habe.

Es geht freilich nicht nur um "beschließen". Der militärische Aufmarsch der USA in der Region kann zu nicht geplanten Zusammenstößen führen. Und es wäre nicht das erste Mal, dass eine US-Regierung "Angriff" und "Bedrohung" zurechtbiegt für einen Kriegsgrund. John Bolton, damals in George W. Bushs Außenministerium, erklärte 2002, er sei überzeugt, Irak sei im Besitz von versteckten Massenvernichtungswaffen. Es wäre "einmalig in der Geschichte", sollte das irakische Volk "den Sturz dieses diktatorischen Regimes nicht begrüßen", versicherte er der BBC.

Und wer sollte Trump stoppen, wenn er der demokratischen Opposition weiterhin zu verstehen gibt, sie könne ihn mal? Die Republikaner stehen hinter ihm, das Justizsystem arbeitet langsam, wollte es Trump in die Schranken weisen. Und manche der von ihm ernannten Richter wollen das vielleicht gar nicht. Der Bremsmechanismus, um einen Autoritären aufzuhalten, taugt immer weniger. Gerade war Ungarns Viktor Orbán zu Besuch im Weißen Haus. Dieser sei "vermutlich ein kleines bisschen kontrovers", sagte Trump. Aber das sei er auch, "das ist okay".

Quelle: der FREITAG vom 20.05.2019. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Konrad Ege und des Verlags.

 

Veröffentlicht am

21. Mai 2019

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