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50 % mehr Windstrom - 50 % weniger Kohlestrom

Öffentliche Stromversorgung: 1. Quartal 2018 verglichen mit 1. Quartal 2020

Von Raimund Kamm

Unsere Energiewende war erfolgreich. In nur zwei Jahren haben wir dank günstigen Wetters und dank des früher guten Anlagenzubaus unsere Windstromproduktion um herausragende 50 Prozent gesteigert. Auch die Solarstromerzeugung stieg um ein Viertel. Deswegen mussten die Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke ihre Stromerzeugung stark reduzieren. Ihre Produktion sank um ebenfalls rekordverdächtige und auf jeden Fall klimaschonende 50 Prozent. Und auch bei den Atomkraftwerken ist durch Stilllegung von Philippsburg II zum 31.12.2019 wieder ein Siebtel der Atomstromproduktion weggefallen.

Die anderen Energiequellen der Stromerzeugung sind ebenfalls bemerkenswert: Die Erdgasverstromung blieb nahezu gleich. Was angesichts von Milliardeninvestitionen in neue Erdgasleitungen wie NordStream 2 und neue Flüssiggashäfen sowie sinkendem Erdgaseinsatz fürs Heizen die klimaschädlichen Expansionspläne der Erdgasbranche gefährdet. Die Stromerzeugung aus Biomasse wie Biogas oder Holz sank um drei Prozent. Macht sich hier erstmals die in der Branche befürchtete schleichende Stilllegung von Biogasanlagen bemerkbar? Die Wasserkraft lieferte ein Fünftel weniger Strom. Hierbei muss man beachten, dass im heißen Jahr 2018 das 1. Quartal noch außerordentlich niederschlagsreich war.

Die Zehn-Milliarden-Euro-Frage

Welche Energiebranchen haben jetzt ein Interesse an der Verlangsamung und Blockade der Energiewende? Und wie schaffen sie es, dass dies im Wirtschaftsministerium und im Bundestag umgesetzt wird?

Ich vermute, dass die drei letzten AKW betreibenden Konzerne EnBW, PreussenElektra (EON) und RWE sich mit dem gesetzlich beschlossenen Atomausstieg abgefunden haben. An mehreren AKW haben zwar Stadtwerke (Bielefeld, München usw.) eine Minderheitsbeteiligung, aber auch die werden nicht mehr auf eine erneute Laufzeitverlängerung hinarbeiten. Laut Atomgesetz werden von den sechs jetzt noch betriebenen AKW drei Ende 2021 und drei Ende 2022 stillgelegt werden.

Und die Kohlekraftwerksbetreiber, also hauptsächlich EnBW, Engie, LEAG, MVV, RWE, STEAG, Trianel, Uniper, Vattenfall und viele Stadtwerke?

Ihre Kraftwerke sind viel weniger ausgelastet als früher und dies drückt den Betrieb Richtung rote Zahlen. Zudem hat der erfreuliche Anstieg der CO2-Preise von viele Jahre lang nur 5 €/t CO2 auf im Jahr 2019 doch 25 €/t CO2 gerade die mit schlechtem Wirkungsgrad arbeitenden Kohlekraftwerke unrentabel gemacht. Infolge der Wirtschaftseinschränkungen und Stromverbrauchsrückgänge durch die Corona-Krise sind zwar die CO2-Preise wieder stark gefallen (31.3.20: 17,5 €/tCO2) aber auch die Strompreise an der Börse sind erheblich gesunken. Die Kohlekraftwerke verdienen somit kaum noch Geld.

Die meisten Kohlekraftwerke sind abgeschrieben und haben infolge ihrer schlechten Zukunftsaussichten auch keinen Marktwert mehr. Die Betreiber werden zwar noch versuchen, etwas Geschäft zu machen und lobbyieren deswegen vermutlich auf ein Bremsen der Energiewende hin. Dennoch wissen sie, dass die Zeit dieser Kraftwerke abläuft und ihre Firmen und ihr Stromverkauf bei den Kunden an Ansehen verlieren, wenn sie offen noch gegen die Energiewende reden.

Frackinggas aus den USA und Gazprom kurbeln den klimaschädlichen Erdgasabsatz an

Das größte Interesse an der Blockade der Energiewende muss man bei der Erdgasbranche vermuten. Denn mehr PV- und Windkraftanlagen bedeutet weniger Erdgasverstromung. Und die Branche investiert gerade Milliarden in die Ausweitung ihrer Infrastruktur.

Doch was sagen oder bieten die Erdgas- und Kohlelobbyisten in Hinterzimmern, was die einflussreichen CDU/CSU-Abgeordneten Bareiß, Koeppen, Linnemann, Nüßlein, Pfeiffer, … dazu bringt, unser Land durch Blockade der Energiewende so zu schädigen?

Es ist unfassbar, dass diese wenigen CDU/CSU-Abgeordneten so viel Einfluss haben, dass sie die überfällige Abschaffung des 52 Gigawatt-Photovoltaikausbaudeckels seit einem Jahr blockieren können. Dies gefährdet unseren Klimaschutz sowie zehntausende Arbeitsplätze bei den kleinen Betrieben, die PV-Anlagen planen und installieren. Auch haben diese Abgeordneten innerhalb von nur zweieinhalb Jahren durch weitgehendes Blockieren des weiteren Windkraftausbaus bereits mehrere zehntausend Arbeitsplätze in der Industrie wie bei mittelständischen Planungs- und Betreiberfirmen vernichtet.

Und dabei bieten neue große PV- und Windkraftanlagen klimaschonend den Strom in Deutschland für 3,5 bis 5,5 Cent pro Kilowattstunde.

Stromvergleich  Quartal I  in 2018, 2019 und 2020  Öffentliche Stromversorgung
TWh (Terawattstunden = Mrd. kWh)

     2018    2019    2020     Veränderung 2018/2020
Atom    19,0    19,7    16,4     - 14 %
Braunkohle    34,6    28,2    19,1

    - 45 %

Steinkohle    21,8    16,8     9,7     - 55 %
Erdgas    14,8    14,7    15,0     +  1 %
PV     5,8     6,6     7,3     + 26 %
Wind    34,0    43,2    51,1     + 50 %
Bioenergie    11,3    11,3    11,0     -   3 %
Wasserkraft     5,6     5,0     4,4     - 21 %




 

Quellen:

  • https://www.energy-charts.de/energy_de.htm?source=all-sources&period=monthly&year=2018
  • https://www.energy-charts.de/energy_de.htm?source=all-sources&period=monthly&year=2019
  • https://www.energy-charts.de/energy_de.htm?source=all-sources&period=annual&year=2020

Quelle:  FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. - Pressemitteilung vom 01.04.2020.

Veröffentlicht am

05. April 2020

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