Trauer um Friedensforscher Otfried Nassauer (1956 - 2020)Von Michael Schmid "Mit großer Trauer müssen wir bekanntgeben, dass Otfried Nassauer plötzlich und unerwartet verstorben ist", so lautet die Nachricht auf der Website des Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS), dessen Mitbegründer und Direktor Otfried Nassauer war. Mit unzähligen Freund*innen und Kolleg*innen aus vielen Bereichen, wie den Medien, der Friedensbewegung, der Politik, aus Kirchen und von NGOs teilen wir die Trauer um Otfried Nassauer. Für uns alle kam die traurige Nachricht, dass Otfried in der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober im Alter von nur 64 Jahren verstorben ist, völlig unerwartet. Meine Zusammenarbeit mit dem Friedensforscher und Journalisten Otfried Nassauer reicht bis in die späteren 1980er Jahre zurück. Otfried war mir damals schon lange als Experte in außen- und sicherheitspolitischen Fragestellungen bekannt. Er hatte Theologie studiert und sich danach intensiv in eine gänzlich "fachfremde" Materie eingearbeitet, um sich ein erstaunliches Expertenwissen anzueignen. 1989 arbeitete ich an einer Broschüre zur Frage der weiteren atomaren Aufrüstung der NATO. Uneigennützig hat mich Otfried damals sehr nachhaltig unterstützt, indem er mir wichtige Hinweise gegeben, Materialien geliefert und alle meine Fragen immer wieder beantwortet hat. Ohne seine enorme Sachkenntnis wäre es mir nicht möglich gewesen, die Details der damals geplanten "Modernisierung" von atomaren Kurzstreckenraketen exakt darzulegen. Und ohne seine Zuarbeit wäre die Broschüre vermutlich nie fertiggestellt worden. Sie erschien dann im August 1990 mit dem Titel: Nach der "Nachrüstung" die "Modernisierung". Die NATO rüstet weiter auf! und wurde von der Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V. herausgegeben. Otfried war in den vergangenen Jahrzehnten immer für mich ansprechbar und bereit, Fragen zu beantworten, die sich im Zusammenhang mit atomaren Strategieplanungen, Nuklearwaffen oder Rüstungsexporten ergaben. Stets erhielt ich umgehend eine ausführliche Antwort mit präzisen Angaben zu den angesprochenen Problemen. Jede Mail beendete Otfried mit der Frage "Hilft Dir das erstmal?" und brachte damit zum Ausdruck, dass ihm die Fragerei nicht etwa lästig war, sondern er gerne Auskunft erteilte und ich ihn jederzeit wieder "angehen" konnte. Ähnliche Erfahrungen machten im Laufe der vergangenen vier Jahrzehnte viele Menschen mit Otfried. Er "war für uns ein schier unerschöpflich erscheinender Wissensquell. Jederzeit war er bereit, seine umfassende Expertise auf Anfrage großzügig zu teilen." (Netzwerk Friedenskooperative) Als freier Journalist hat Otfried jahrzehntelang vorwiegend zu sicherheits- und friedenspolitischen Themen publiziert. Er veröffentlichte unter anderem in Spiegel, taz, Neues Deutschland, Friedensforum, Wissenschaft und Frieden, sowie im Hörfunk, etwa in der NDR-Info-Sendereihe Streitkräfte und Strategien, die er mit mehr als 150 Beiträgen ab 1993 stark prägte, aber auch in TV-Magazinen wie Monitor und Report arbeitete er mit. Er "hat die außen- und sicherheitspolitische Debatte in Deutschland über mehr als drei Jahrzehnte mit seiner Expertise, seiner Leidenschaft und seinem klugen Gespür für die zentralen friedenspolitischen Fragestellungen der jeweiligen Zeit entscheidend mitgeprägt", schreibt der Vorstand des BITS-Fördervereins in seinem Nachruf auf Otfried. "Er wird nicht nur dem BITS und seinen Mitarbeiter*innen sehr fehlen. Die Friedensbewegung in Deutschland wird seinen Rat und sein Wissen schmerzlich vermissen." Es bleibt eine große Dankbarkeit gegenüber Otfried, für sein leidenschaftliches Engagement, das er uneigennützig einbrachte, um diese Erde ein Stück weit zu einem besseren und friedlicheren Ort zu machen. Spuren seines Engagements, die sichtbar bleiben werden, lassen sich an vielen Orten finden, unter anderem auch auf unserer Lebenshaus-Website mit rund 200 Artikeln von Otfried.
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