Zum Ostermarsch: Sicherheit neu denken heißt in Frieden lebenVon Bernhard Trautvetter Neben dem Kohleausstieg bedarf es eines Militärausstiegs, um die Bedrohung für die Zivilisation abzuwenden. Da zu abrupte Lösungen die Fähigkeiten der Menschen, den Wandel zu gestalten, überfordern können, sind präzise und realisierbare Zwischenschritte wichtig. Das Konzept ‘Sicherheit neu denken’ der evangelischen Landeskirche in Baden kann dabei konstruktiv und hilfreich sein. Immer offensichtlicher bietet der Militärsektor keine Sicherheit, auch wenn er mit dem Begriff ‘Sicherheitspolitik’ reingewaschen wird. Die Mächtigen lenken vom Militär als Klimaschädiger ab, obwohl seine CO2-Emissionen und sein Ressourcenverbrauch wesentlich zur Gefahr für die Zivilisation beitragen. Das Militär verschlingt nach offiziellen Angaben weltweit im Stundentakt über 230 Millionen US-Dollar. Die circa 2000 Milliarden Jahreskosten des Militärsektors weltweit entziehen der Gesellschaft Unsummen, die da fehlen, wo Menschen Unterstützung brauchen, wo gute und breite Bildung sowie Versorgung, Gesundheit und Naturschutz finanziert werden müssen. Sie schwächen die Menschheit beim Ringen um Zukunft.Beispielsweise verschlingt er im Stundentakt circa 230 Mio. US-Dollar; diese Zahl ist ein Rechenresultat: Laut dem schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI summiert sich die Weltrüstung auf eine Jahressumme von fast 2000 Mrd. US-Dollar. Daraus ergibt sich der Minutenverbrauch. Quelle: sipri.org/sites/default/files/Data%20for%20world%20regions%20from%201988%E2%80%932019.pdf . Das Konzept "Sicherheit neu denken" räumt mit der Idee einiger Linker und der Grünen auf, dass so genannte humanitäre Interventionen die Chancen auf humanitäre Entwicklungen steigern. taz.de/Linken-Politiker-ueber-Sicherheitspolitik/!5750029/ UND: gruene.de/uploads/documents/2021_Wahlprogrammentwurf .pdf S.133. Abrüstung setzt dringend für Klimaschutz benötigte Mittel frei. Rüstung und Militäreinsatz dürfen die Biosphäre nicht weiter schädigen.
watson.brown.edu/costsofwar/files/cow/imce/papers/2019/Pentagon%20Fuel%20Use%2C%20Climate%20Change%20and%20the%20Costs%20of%20War%20Final.pdf
- Zitat: "Es ist ein Skandal, dass die Umsätze der 25 größten Rüstungsfirmen weltweit steigen, während das Geld für eine nachhaltige Bekämpfung des Hungers fehlt. … Aktuelle Studien zeigen, dass jährlich 40 bis 50 Milliarden Euro für die kommenden zehn Jahre ausreichen würden, um den Hunger in der Welt bis 2030 zu besiegen. Das heißt, dass der Jahresumsatz der 25 größten Firmen im Rüstungsgeschäft fast ausreichen würde, um keinen Menschen mehr hungern zu lassen." mdr.de/nachrichten/welt/politik/sipri-ruestungsausgaben-waffen-ruestungsgueter-102.html . Neben dem möglichst baldigen Kohleausstieg bedarf es in der gleichen Zeit genauso dringend eines Militärausstiegs, um die Bedrohung für die Zivilisation abzuwenden. Da jede abrupte Null-Lösung die Möglichkeiten und Fähigkeiten der Menschen, den Wandel zu gestalten, überfordern kann, sind präzise und realisierbare Zwischenschritte, wie sie die evangelische Landeskirche in Baden in ihrem Konzept ‘Sicherheit neu denken’ entwickelt hat, konstruktiv und hilfreich. Das Zukunftskonzept verbindet ambitionierte Schritte mit umsetzbaren Zeitvorgaben. Die greifbaren Alternativen, die ‘Sicherheit neu denken’ aufzeigt, können die Motivation von Menschen beflügeln, sich für das Überleben - und damit auch ihr eigenes - einzusetzen. Der besondere Vorteil von ‘Sicherheit neu denken’ besteht darin, dass das Konzept Instrumente, die in Friedensprozessen bereits erfolgreich zum Einsatz kamen, mit klaren Zeitvorgaben für die knappe noch nutzbare Zeit verbindet. Die Initiative wird entsprechend bereits von einigen Kräften der Friedensbewegung unterstützt, darunter "Pax Christi", die Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges "IPPNW", "Ohne Rüstung leben", die Deutsche Frieden-Gesellschaft "DFG-VK", der Bund soziale Verteidigung "BSV", das "Forum Friedensethik" und die "Martin Niemöller Stiftung". Ökologische Gruppierungen zur Rettung der Zukunft für die Menschheit sind ebenfalls mit den Aktiven von ‘Sicherheit neu denken’ im Austausch. Die Autoren verweisen auf das Ergebnis des Friedensgutachtens 2020, dem zufolge die Mehrheit der sogenannten ‘Humanitären Interventionen’ selbst nach Jahren nicht zu einer Überwindung der gewaltsamen Notlagen oder gar ihrer Ursachen hatten beitragen können, im Gegenteil: Die Probleme verstärken sich und sie türmen sich immer weiter auf, solange die Maßnahmen an den Ursachen vorbeigehen. sicherheitneudenken.de/newsletter-webansicht-oeffentlich/?list=328&mailId=5363&width=700&height=700&TB_iframe=true#n2 . Die Akteure veröffentlichten ihr Szenario zur Lösung dieses Problems erstmals 2018. Es umfasst fünf Handlungsfelder:
Die Erfahrungen nicht nur der letzten Jahre zeigen: Militäreinsätze sind für die Lösung von Problemen und Konflikten ungeeignet. Den Schlüssel zur Herbeiführung von Sicherheit im Sinn einer Stabilisierung der Lebensverhältnisse bieten zivile Mittel an, die die Friedensforschung bereits herausgearbeitet hat. Für ‘Sicherheit neu denken’ ist eine Umwidmung von Rüstungsmilliarden im Bundeshaushalt zugunsten der Stärkung von Friedensinstitutionen wie der UNO der weit aussichtsreichere Weg; auch die Nutzung der freiwerdenden Mittel zum Beispiel für eine nachhaltige Entwicklung Afrikas sowie generell zur Gesundung des Klimas zwischen den Menschen und damit zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft könnte neue Sicherheit schaffen. Milliarden für die Rüstungsindustrie und für militärische Aktivitäten wie Manöver, sogenannte Einsätze oder auch offiziell erklärte Kriege untergraben die Sicherheit. Das österreichische Bundesheer erfährt aktuell einen radikalen Umbau, auf den die Friedensfreunde und -freundinnen verweisen: "Das österreichische Bundesheer steht vor einer tief greifenden Umstrukturierung. Die Ressortführung reduziert die militärische Landesverteidigung auf ein Minimum. Das Militär wird auf Cyberdefence und Katastrophenschutz ausgerichtet. Die… Bedrohungsszenarien und Forderungen von zig Mrd. Euro werden vom Tisch gewischt." wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2065365-Radikal-Umbau-des-Bundesheers.html . Genauso visionäre und entschiedene Schritte lassen sich allen fünf Handlungsfeldern von ‘Sicherheit neu denken’ zuordnen: Zu 1. und 2.: So wie Deutschland im 20. Jahrhundert seine sogenannte ‘Erbfeindschaft’ mit Frankreich beendet hat swr.de/geschichte/deutsch-franzoesische-nachbarschaft-der-beginn-des-zweiten-weltkriegs/-/id=100754/did=18214766/nid=100754/1etuxya/index.html ., geht es aktuell darum, Brücken in Richtung Russland zu bauen, dessen Territorium Deutschland im 20. Jahrhundert zweimal überfallen hat. Eine Wirtschafts- und Sicherheitspartnerschaft mit Russland im Rahmen einer Eurasischen Wirtschaftsunion kann auch als Ausgangspunkt für weitere Entwicklungspartnerschaften, etwa mit der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union, dienen. Zu 3.: Die Präambel des 2+4-Vertrages zur Deutschen Einheit, auf dessen Grundlage Deutschland in seiner heutigen Form existiert, fordert von den Staaten ein, dass sie sich für eine Europäische Friedensordnung einsetzen, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten berücksichtigt, auch Russlands. Entsprechend könnte die Bedeutung der Nato für westliche Staaten zugunsten einer Stärkung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zunächst reduziert werden, ehe sie in einer weltweiten Friedensordnung aufgeht. Zu 4.: Als Gesellschaft, die auf die Partizipation der Menschen aufgebaut ist, fördern resiliente Demokratien die Fähigkeit zur lösungsorientierten Bewältigung großer Herausforderungen, unter anderem durch einen Ausbau der Sozialarbeit und durch Qualifizierungsprogramme zur Konfliktlösung. Der nach innen wirkenden, konstruktiven Bearbeitung von Spannungen entspricht eine Außenpolitik der zivilen Krisenprävention anstelle von militärischer Gewalt. Zu 5.: Hier geht es darum, dass die Konversion von der Rüstungs- zur zivilen Produktion sozialverträglich gestaltet wird. Die Zeithorizonte sind so ehrgeizig, wie sie notwendig sind, um das rettende Ufer noch zu erreichen: Unmittelbar jetzt sollen die Bürgschaften der Bundesregierung für Ausfallrisiken bei Waffengeschäften gestoppt werden. Die Schulen entwickeln Konzepte der Friedenserziehung und des gewaltfreien Umgangs mit Interessengegensätzen und Konflikten. Circa 2025 soll der Bundestag den Umstieg zu einer zivilen Sicherheitspolitik beschließen. Im Anschluss sollen konkrete Verhandlungen mit Russland über eine Wirtschaftszone von Lissabon bis Wladiwostok beginnen. Ab circa 2027 erhält ein ‘Internationales Technisches Hilfswerk’ "zivil nutzbare Ausrüstungen für seine weltweite technische und medizinische Katastrophenhilfe, für die die ehemaligen Anlagen der Rüstungsproduktion umgestaltet werden". Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit und die UNO gründen in den frühen 2030er Jahren Zentren zur Krisenprävention und zum sozialen Widerstand. Die Nato-Mitgliedschaft Deutschlands wird im Laufe der 2030er Jahre auf rein zivile Maßnahmen der Friedenssicherung umgestellt. 2040 ist die Rüstungsproduktion Deutschlands diesem Konzept zufolge vollständig auf zivile Produktion umgestellt. Die Bundeswehr geht in einer komplett auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Institution zur zivilen Sicherheitspolitik auf und sie kooperiert vollumfänglich mit dem ‘Internationalen Technischen Hilfswerk’. Sicherheitspolitik ist komplett auf nachhaltige Prozesse der Erhaltung des Lebensraumes der Menschen umgestellt. Um diese Ziele zu erreichen, geht es auch um die vollständige nukleare Abrüstung. Mit Konversion und Abrüstung werden Mittel frei, um in Afrika, im Nahen Osten sowie in Osteuropa einen "stabilen Friedensgürtel" aufbauen zu können. Mit diesem Konzept verträgt sich auch kein Waffenexport. Die UNO-Blauhelme werden auf rein polizeiliche Kräfte umgestellt, wie es sie auch in den demokratischen Staaten gibt. Wahrheitskommissionen nach südafrikanischem Vorbild verarbeiten Verletzungen der Menschenrechte durch alle Staaten, die die UNO-Charta verletzt haben. sicherheitneudenken.de/media/download/variant/186329/ . Dieses Konzept ruft nicht zu einer kompletten Umwälzung der Lebensverhältnisse auf, sondern es ist mit sehr konkreten Schritten darauf gerichtet, eine unkontrollierbare ökologische Katastrophe in der nahen Zukunft abzuwenden, um die Sicherheit des Lebens nachhaltig zu erreichen. Dies käme bereits einer Revolution im Sinn einer Umwälzung aller Lebensverhältnisse gleich. Quelle: NachDenkSeiten - 02.04.2021. FußnotenVeröffentlicht amArtikel ausdruckenWeitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von |
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