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Gefährdete Afghaninnen und Afghanen aufnehmen – PRO ASYL appelliert an G20, an die alte und die künftige Bundesregierung

Bundes- und Landesaufnahmeprogramme sind nötig! Bei Rot-Grün-Gelb ist Luft nach oben. PRO ASYL fordert anlässlich des virtuellen Sondergipfels der G20 Staaten, endlich nennenswerte und der Bedrohung angemessene Aufnahmeaktionen durchzuführen.

"Das Abschotten der EU-Grenzen, die Weigerung vieler EU-Staaten, überhaupt Schutzbedürftige aufzunehmen, und die unzureichenden Handlungen auch der bisherigen deutschen Regierung sind unerträglich. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich ein Bundesaufnahmeprogramm zu starten, den Weg für ergänzende Landesaufnahmeprogramme frei zu geben und beim G‑20-Gipfel eine Vorreiterrolle einzunehmen", sagt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.

"Es gilt jetzt, Menschenleben zu retten! Hier ist die jetzige Bundesregierung noch gefordert – aber auch die Parteien der künftigen, die sich jetzt bereits öffentlich auf die Realisierung von Bundes- und Landesaufnahmeprogrammen verständigen sollten. Im Sondierungspapier von Rot-Grün-Gelb ist noch viel Luft nach oben," mahnt Burkhardt.

Bedrückende Situation

Die Situation ist bedrückend: Die Europäische Union, die Türkei und die Nachbarstaaten Afghanistans schließen ihre Grenzen . Die Zahl der neu in Europa ankommenden Schutzsuchenden aus Afghanistan ist extrem gering. Angesichts des jahrelangen NATO-Einsatzes und des  politischen sowie bürokratischen Versagens in den vergangenen Monaten stehen die westlichen Staaten  in der Verantwortung, Bedrohte aufzunehmen.

Hinzu kommt, dass Tausende Gefährdete Angehörige haben, die bereits in Deutschland leben. Es gibt eine starke afghanische Gemeinschaft und eine aktive Zivilgesellschaft in Deutschland, die den neu Ankommenden bei Ankunft und gesellschaftlicher Teilhabe unterstützend zur Seite stehen wird. "Genau deshalb darf sich die jetzige Bundesregierung nicht länger wegducken oder hinter handlungsunwilligen EU-Staaten verstecken. Viele gefährdete Menschen sitzen aber mit ihren Familien immer noch in Afghanistan fest: Zudem sind Angehörige von in Deutschland lebenden Afghan*innen und Deutschen in Gefahr, sie werden zum Teil bereits von den Taliban gesucht. Für sie sieht die Bundesregierung aktuell keine beschleunigte Aufnahme vor. Hier sind die Parteien der jetzigen und der künftigen Bundesregierung gefordert", so Burkhardt weiter.

PRO ASYL fordert als Ad hoc-Maßnahme: sichere Ausreise und weitere Aufnahmezusagen für besonders gefährdete Afghan*innen

Kein Stichtag bei Aufnahmezusagen für besonders gefährdete Personen: Die Listen des Auswärtigen Amtes mit besonders gefährdeten Personen müssen weitergeführt werden. Es ist inakzeptabel, dass mit dem 26. August eine willkürliche Frist gesetzt und die Liste der Aufzunehmenden geschlossen wurde –die Gefährdung muss zählen, ein Ausschlussdatum verhindert dies. Im Weiteren muss es Aufnahmezusagen als Ortskräfte auch für gefährdete Personen geben, die über Subunternehmer für deutsche Einrichtungen und Organisationen tätig waren. Und alle gefährdeten Familienmitglieder – nicht nur Ehepartner*innen und minderjährige Kinder– müssen umfasst sein.

Angehörige von in Deutschland lebenden Menschen schützen

Die Machtübernahme der Taliban gefährdet die Familienangehörigen von im Ausland lebenden Schutzberechtigten. Es wird zum Teil schon gezielt nach entsprechenden Familienmitgliedern gesucht. Entsprechend sind viele Menschen in Deutschland in großer Angst um ihre Angehörigen. "Es ist unerträglich, dass das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium sich beim Familiennachzug aus Afghanistan nicht endlich schnell verständigen, schnell und unbürokratisch zu handeln. Allein die Sicherheitsüberprüfung dauert nicht Stunden, wie von Bundesinnenminister Seehofer im August versprochen, sondern zieht sich über Tage und Wochen hin", sagt Burkhardt. Auch Angehörige von in Deutschland lebenden subsidiär Geschützen brauchen Schutz. Die starre gesetzlich vereinbarte Obergrenze von 1000 nachzugsberechtigten Familienangehörigen pro Monat bei allen Herkunftsstaaten verhindert dies.

Endlich den schnellen Familiennachzug realisieren

Visaverfahren zur Familienzusammenführung müssen nun priorisiert, zügig in Deutschland bearbeitet und unter Ausschöpfung aller Ermessenspielräume umgehend entschieden werden. Zusätzlich müssen die Kapazitäten der Auslandsvertretungen in der Region massiv ausgebaut werden. Bürokratie muss abgebaut und die Anforderungen an Dokumente müssen heruntergefahren werden.

Von Erteilungsvoraussetzungen wie Sprachnachweisen ist angesichts der aktuellen Situation abzusehen. Angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan muss der Begriff der außergewöhnlichen Härte großzügig ausgelegt werden, um den Familiennachzug anderer Angehöriger, wie etwa erwachsener lediger Kinder, zu ermöglichen.

Sichere Ausreise organisieren

Außenminister Heiko Maas hat die Aufnahme von rund 40.000 Ortskräften sowie von bis zu 10.000 besonders schutzbedürftigen Menschen zugesagt. Nun muss die Bundesregierung bei Verhandlungen und in Zusammenarbeit mit der Internationalen Gemeinschaft alles dafür tun, damit gefährdete Menschen auch nach dem  vollständigen Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan in Sicherheit gelangen können, zum Beispiel durch zivile Flüge aus Afghanistan oder in einen Nachbarstaat.

Es müssen Vereinbarungen mit den Nachbarländern Afghanistans getroffen werden, die gefährdeten Personen eine Einreise in diese Länder und die Weiterreise nach Deutschland ermöglichen. Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass die gefährdeten Menschen die Nachbarstaaten sicher erreichen können. Dazu gehört auch eine digitale Bestätigung der Bundesregierung über die Aufnahmezusage, die die Betroffenen bei Bedarf vorzeigen können.

Um die Aufnahme nach Deutschland schnell zu ermöglichen, sollten Charterflüge organisiert sowie Visa-on-Arrival erteilt werden. Mit Blick auf das schlechte Krisenmanagement der vergangenen Wochen müssen feste Ansprechpartner*innen in den Behörden installiert werden, die Informationen zu Aufnahmezusagen und Ausreisen gegenüber betroffenen Einzelpersonen und Organisationen transparent machen und für zivilgesellschaftliche Akteur*innen ansprechbar sind.

Quelle: PRO ASYL - Pressemitteilung vom 18.10.2021.

Veröffentlicht am

27. Oktober 2021

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