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Vor Konferenz zur atomaren Abrüstung: Leere Versprechen

Die Erklärung der fünf offiziellen Atomwaffenstaaten, eine Welt ohne Atomwaffen zu erreichen, ist irreführend. Das Gegenteil passiert.

Von Andreas Zumach - Kommentar

"Wir wollen mit allen Staaten zusammenarbeiten, um das endgültige Ziel einer Welt ohne Atomwaffen zu erreichen und bekennen uns zu unserer Verpflichtung aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NPT), Verhandlungen über ein Ende des atomaren Rüstungswettlaufs und ein Abkommen zur vollständigen Abrüstung zu führen."

Das behaupten die fünf offiziellen Atomwaffenstaaten und ständigen Vetomächte des UNO-Sicherheitsrates, USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien (P5) in einer gemeinsamen Erklärung, die am Montag, dem Vorabend der 10. NPT-Überprüfungskonferenz, in New York veröffentlicht wurde. Die zitierte Behauptung ist ebenso irreführend und unwahr, wie das Bekenntnis der fünf Atomwaffenmächte zur "Stärkung von Stabilität und Vorhersehbarkeit".

Die an sich völlig richtige Feststellung, dass "ein Nuklearkrieg nicht gewinnbar ist und niemals geführt werden darf", erinnert an Walter Ulbrichts absurdes Versprechen: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Denn tatsächlich verweigern und boykottieren die P5 bislang jegliche multilaterale Verhandlung zu atomarer Abrüstung.

Stattdessen betreiben sie mit großem Aufwand und gigantischen Geldsummen die von allen Seiten stets als "Modernisierung" verharmloste Aufrüstung ihrer atomaren Arsenale. Dabei werden immer mehr Waffensysteme entwickelt, die zerstörungsstärker, zielgenauer, schneller und flexibler einsetzbar sind als ihre Vorgänger und damit gefährlicher und unberechenbarer für den Gegner.

Das gilt für die geplanten Nachfolgesysteme der US-Atombomben in der Eifel, für deren Einsatz auch die Ampelkoalition neue Kampfflugzeuge anschaffen will, ebenso wie die von Russland entwickelte Hyperschallrakete "Zirkion" , die mit einer Geschwindigkeit von 10.000 Stundenkilometern dem anvisierten Gegner jede Vorwarnzeit und Abwehrchance nimmt.

Derartige Waffen senken die Schwelle zum Einsatz und bewirken das Gegenteil der von den P5 angeblich angestrebten "Stabilität und Vorhersehbarkeit". Noch führen die USA und Russland den atomaren Aufrüstungswettlauf an. Doch China zieht inzwischen gewaltig nach . Die Erklärung der P5 dürfte kaum ausreichen, den wachsenden Unmut der 186 Vertragsstaaten des NPT, die auf atomare Waffen verzichtet haben, zu beruhigen.

Daher wäre ein erneutes Scheitern der New Yorker Überprüfungskonferenz wie schon 2015 keine Überraschung. Zumal auch der Beschluss zur Durchführung einer UNO-Konferenz über eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten, mit dem die NPT-Konferenz 2010 gerettet werde konnte, wegen des Widerstandes Israels und der USA bis heute nicht umgesetzt wurde.

Andreas Zumach. Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk- und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz, Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere: UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan… BÜCHER: Reform oder Blockade - welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos - Machtlose UNO - ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak -Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis, 2004: Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg, 1997: Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps"; geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

Quelle: taz - 04.01.2022. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

05. Januar 2022

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