Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Frühling auf der Schwäbischen Alb - wir leben!

Von Katrin Warnatzsch - Soziale Friedensarbeit (aus: Lebenshaus Schwäbische Alb, Rundbrief Nr. 109, Juni 2021 Der gesamte Rundbrief Nr. 109 kann hier heruntergeladen werden: PDF-Datei , 696 KB. Den gedruckten Rundbrief schicken wir Ihnen/Dir gerne kostenlos zu. Bitte einfach per Mail abonnieren )

Hatice

Ein dicker Umschlag mit vielen Fotos und einer selbstgeschriebenen Karte flatterte ins Lebenshaus. Auf den Fotos erkenne ich auf den ersten Blick niemanden… Aber erhellende Erklärungen auf den Rückseiten erzählen eine Geschichte:

Vor fast 20 Jahren hatten wir mit Geflüchteten aus der Türkei zu tun: einigen kurdischen Familien, die wir jahrelang im Asylverfahren und bei ihrer Integration begleitet hatten. Eine Familie lebte auch über ein Jahr im Lebenshaus. Das zweite Kind hatte in der Flüchtlingsunterkunft eine schwere Infektionskrankheit bekommen, von der es sich nicht mehr erholte. Der kleine Junge erlitt eine schwere Mehrfachbehinderung und war ständig vom Tod bedroht. In dieser komplexen Lage erhielt die Familie schließlich vom Regierungspräsidium Tübingen die Erlaubnis, ausnahmsweise aus der staatlichen Unterkunft auszuziehen und bei uns im Lebenshaus zu wohnen. Wir bangten täglich mit um das Leben des Jungen; beteiligt waren wir an der Pflege und an der Begleitung der Eltern und des älteren Schwesterchens. Der Junge stabilisierte sich schließlich soweit, dass er dann in die Behinderteneinrichtung an unserem Ort angeschlossen werden konnte, von dort auch jahrelang zur Tagesbetreuung in der Schule abgeholt wurde. Er blieb jedoch vollständig hilfsbedürftig. Die kleine Hatice musste viele Jahre ihrer Kindheit angesichts des großen Hilfebedarfs ihres Bruders in der Familie zurückstecken. Wir haben uns damals und auch später immer wieder um sie gekümmert.

Als die Familie dann aus Gammertingen weg in Richtung Schweizer Grenze zog, verloren wir den Kontakt fast ganz. In der beginnenden Pubertät starb der Sohn der Familie schließlich, nachdem noch eine kleine Schwester geboren worden war, die heute zehn Jahre alt ist. Nun meldete sich mit dem dicken Brief die Schwester des verstorbenen Jungen bei uns. Sie ist nun Mitte zwanzig, hat bereits drei kleine Kinder und lebt in räumlicher Nähe zu ihren Eltern und der Familie einer Tante. Sie möchte gerne den Kontakt zu uns erneut aufnehmen und wir schreiben uns und erzählen einander den Alltag. Mal sehen, wohin uns der neue Kontakt miteinander bringt. Eine große Verbundenheit ist zu spüren, nicht zuletzt, weil die Erinnerung an ihren Bruder bei uns allen wach und lebendig ist.

"Kennst Du jemand, bei dem ich arabisch lernen kann?"

Eine langjährige Freundin und Unterstützerin des Lebenshauses aus unserer näheren Umgebung hat diese Frage an mich herangetragen. Sie möchte im nächsten Jahr eine Auszeit nehmen und für diese Zeit in Jerusalem als Volontärin bei der evangelischen Kirchengemeinde arbeiten und leben. Ich war neugierig und wir haben uns darüber ausgetauscht, was sie dazu gebracht hat und sich davon erhofft. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist in Jerusalem auf dem Ölberg mit einem ganzen Campus unterschiedlicher Einrichtungen vertreten. Im Café Auguste-Victoria möchte unsere Freundin als Küchenchefin arbeiten, nur auf Taschengeldbasis und gegen Unterkunft und Verpflegung. Für dieses Abenteuer möchte sie sich vorbereiten, indem sie die Grundlagen der arabischen Sprache kennenlernt. Ein geflüchteter Mann aus Syrien, der inzwischen zu seinem großen Glück seine Familie nachholen konnte und in Gammertingen lebt, ist bereit, Unterricht in Arabisch zu erteilen. Das Abenteuer hat gerade begonnen!

Unser Lebenshaus-Gast

Außer unseren beiden afghanischen Mitbewohnern kommt seit Februar mindestens an drei Tagen in der Woche ein weiterer der afghanischen Geflüchteten ins Lebenshaus. Er bewohnt dann ein Dachzimmer, hat dort einen Internet-Zugang und genug Ruhe, um sich an seinem Online-Unterricht zu beteiligen, seine Schulaufgaben zu machen oder auch einmal zu übernachten, wenn es nötig ist. In Zeiten des schulischen Lockdowns wegen der Corona-Maßnahmen ist ein Präsenz-Unterricht an seiner Berufsschule nicht möglich. Auch das Arbeiten mit einem stabilen Internetzugang lässt seine Wohnung leider nicht zu. Was er ebenfalls sehr genießt und braucht, ist die Mitversorgung mit Frühstück und Mittagessen durch uns. Es gibt immer ein kleines Gespräch und ihm das Gefühl, dass er eingebunden ist und nicht vergessen wird. Das hilft ihm auch. Menschliche Begegnungen ohne großes Wälzen von Problemen sind so wichtig, besonders in dieser kontaktbeschränkten Zeit.

Berlin-Reise in Corona-Zeiten

Mitte März haben Michael und ich uns auf den Weg mit der Bahn von Gammertingen nach Berlin gemacht. Dorthin folgten wir einer Einladung von Clemens Ronnefeldt, dem Referent für Friedensfragen des Versöhnungsbundes. Er führte mit uns ein Interview in den Räumen des Internet-Senders Transparenz-TV. Wir waren schon ein wenig aufgeregt und alles war uns neu, solche "Prominenz" war uns bisher nicht angetragen worden. Entsprechend haben wir versucht, uns gut vorzubereiten. Aber dann nahm uns der Empfang schon bereits am Bahnsteig in Berlin durch Clemens ganz schnell die Aufregung. So freundlich und zuvorkommend, in einem schönen Hotel in Friedrichshain, ganz nahe am Studio und mit dem ersten möglichen Abendessen "auswärts" während des Lockdowns, das hat uns sehr gut gefallen. Das Interview verlief in einer konzentrierten Stunde ebenfalls einigermaßen entspannt. Inhaltlich haben wir erzählt, wie es zur Gründung des Lebenshauses kam und was wir auf dem Weg bis heute damit erlebt haben. Nach dem Interview waren wir allerdings sehr schnell wieder im Zug und verließen die Hauptstadt, leider. Gerne hätten wir da noch einige Tage drangehängt. Aber die Möglichkeiten waren und sind weiterhin durch die Corona-Bedingungen völlig beschränkt.

Erst einige Wochen später konnten wir dann das Ergebnis der Aufzeichnung unseres Interviews selber sehen. Nach der Erstausstrahlung Anfang April ist es dauerhaft auf Youtube anzusehen. Leider ist der Ton nicht ganz optimal. Aber wer sich reinhört, gewöhnt sich daran und kann dem Interview vielleicht bis zum Ende folgen. Eine schöne Möglichkeit, um uns selbst und auch andere, die uns schon so viele Jahre unterstützen, zu stärken.

(Das Video kann hier angeschaut werden: https://www.youtube.com/watch?v=AbMN-oxpfPU )

Der Garten um das Lebenshaus herum

Einige Wochen Gartenarbeit liegen bis heute hinter uns, es regnet, und ich habe gerade noch die Erdbeeren in die beiden überlangen alten Dachrinnen eingepflanzt. Mit erscheint der Vorgarten wie eine Baustelle, die nun teilweise aufgewühlt und teilweise bereits neu gestaltet, darauf wartet, vollendet zu werden. Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir den Platz vor dem Haus ansehnlicher machen können. Weil es wenig fruchtbare Erde, viel tiefverwurzeltes "Unkraut" und eine in die Jahre gekommene Kräuterschnecke umgeben von Hackschnitzeln gibt, mussten wir zunächst Grundlegendes beackern. Sträucher beschneiden und auslichten sowie die schwere Erdarbeit hat Michael gemacht. Dann haben wir zusammen viele Autokofferraumladungen mit Albkalksteinen gesammelt und im Garten deponiert, um damit Umrandungen von Beeten und eine neue Kräuterschnecke zu bauen. Die ersten Stauden und Samen sind nun drin. Die beiden alten Dachrinnen ergeben ein hoffentlich gelingendes Erdbeerbeet. Und dann haben wir, wie immer wieder im Lebenshaus, noch ein altes ausgedientes hölzernes Bettgestell, das wir auf den Kopf gestellt, als Beetumrandung nutzen wollen. Ein wenig Gemüse und Salat soll gepflanzt werden. Tee, Kräuter, Erdbeeren, Salat und etwas Gemüse sollen dieses Jahr unser Eigenes sein. Vielleicht können wir noch ein paar Johannisbeeren einpflanzen. Vor allem aber sind die das Herz erfreuenden Blumen, Stauden und Sträucher ebenfalls lebenswichtig. Sie verschönern den Alltag und lassen das Karge auf der Alb für Momente vergessen. Vögel, Bienen und Hummeln in allen Farben und Größen, Schmetterlinge und, oh Schreck, auch ein Marder, und so manch anderes scheues Getier, beglücken uns schon seit einigen Wochen. Bis zur Selbstversorgung werden wir es mit dem Garten um das Haus nicht bringen, aber wenigstens doch so weit, dass die Arbeit nicht mehr nur überwiegt, sondern die Freude und der Genuss. Wer mithilft, darf dann auch mit ernten…

Lebenshaus Schwäbische Alb: Bitte um weitere Unterstützung

Wir freuen uns sehr, dass wir gerade unser Team mit Julia Kramer verstärken konnten, um uns gemeinsam für das Anliegen einer weltweit friedvollen und solidarischen, gerechten und umweltverträglichen Entwicklung zu engagieren. Da wir Julia ab 1. Juni 2021 zunächst für ein Jahr als neue Mitarbeiterin auf Minijob-Basis anstellen, muss unser Verein außer für sonstige vielfältige Aktivitäten auch die Kosten für 2 Minijobs und eine Teilzeitstelle aufbringen.

Dabei sind wir weiter auf Ihre und Eure Unterstützung und Solidarität angewiesen. Wir freuen uns über jede Unterstützung, gerne mit einer Einzelspende oder gar regelmäßigen Spenden oder einer Fördermitgliedschaft.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen, die das Engagement des Lebenshauses möglich machen!

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Der Verein Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V. ist durch das Finanzamt Sigmaringen als gemeinnützig und mildtätig anerkannt (aktueller Bescheid vom 22.07.2021). Spenden und Mitgliedsbeiträge sind daher steuerabzugsfähig. Ab 25 € werden automatisch Spendenbescheinigungen zugestellt, für niedrigere Beträge auf Anforderung (bitte bei Erstspenden Anschrift wegen Spendenbescheinigung angeben).

Fußnoten

Veröffentlicht am

23. Juni 2021

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